# taz.de -- Flucht: Minderheit macht Schlagzeilen | |
> In der überbelegten Zast gibt es Probleme mit einigen minderjährigen | |
> Flüchtlingen. Behörden und HelferInnen sind besorgt über Stigmatisierung. | |
Bild: Seit langem überfüllt: die Zentrale Aufnahmestelle für Flüchtlinge in… | |
BREMEN taz | Mit einem Hilferuf an die Sozialbehörde haben Mitarbeiter der | |
Zentralen Aufnahmestelle für Flüchtlinge (Zast) vergangene Woche auf die | |
Zustände in der Einrichtung aufmerksam gemacht. Von Überbelegung und | |
Auseinandersetzungen zwischen Flüchtlingen ist in ihrem Schreiben die Rede | |
– der Weser-Kurier berichtete zudem von tätliche Angriffe auf PolizistInnen | |
und Wachpersonal. | |
Tatsächlich ist die Zast seit Jahren ausgelastet und oft auch darüber | |
hinaus belegt. 180 Personen können dort untergebracht werden, derzeit | |
sollen es knapp 250 sein. „Irgendwann gehen uns hier auch die Matratzen | |
aus“, sagt Edith König, Leiterin des Asylreferats bei der Arbeiterwohlfahrt | |
(AWO), welche die Einrichtung im Auftrag der Sozialbehörde verwaltet. | |
Dort bestätigte Sprecher Bernd Schneider die Überbelegung. Unter den | |
Neuzugängen seien viele Jugendliche, die kurzfristig aus Hamburg übernommen | |
werden mussten, weil die dortige Aufnahme vorübergehend geschlossen war. | |
Normalerweise kämen 20 bis 30 Jugendliche pro Monat, im August seien 60 auf | |
einmal gekommen. Schneider sagt auch, dass es in der Zast unter den | |
Bedingungen der Überbelegung zu Spannungen gekommen sei. | |
Fraglich hingegen sind die „nahezu täglichen“ Angriffe auf Polizei und | |
Wachpersonal, über die der Weser-Kurier unter Berufung auf eine | |
AWO-Mitarbeiterin berichtete. Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin des | |
Innenressorts, sprach lediglich von täglichen Einsatzfahrten zur Zast. | |
Zumeist geht es dabei um Hausfriedensbruchs: Jugendliche, die aus der | |
Einrichtung ausquartiert wurden, kämen dort regelmäßig wieder vorbei und | |
würden von Bekannten durchs Fenster hineingelassen. | |
Es häufen sich aber auch Berichte über ernstere Straftaten außerhalb der | |
Zast: Eine kleine Gruppe von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen | |
beschäftigt die Polizei seit einiger Zeit. Gerade am vergangenen Wochenende | |
hätten sie am Bahnhof und in der Innenstadt geklaut und danach in ihren | |
Unterkünften randaliert. Allerdings warnt bereits die Polizei vor einer | |
Stigmatisierung: Es handle sich hier um ungefähr zehn auffällige | |
Jugendliche – während mehrere Hundert unbegleitete minderjährige | |
Flüchtlinge in Bremen untergebracht sind. | |
Beim Verein Fluchtraum, der private Vormundschaften für minderjährige | |
Flüchtlinge vermittelt, sieht man eine Gefahr: „Ehrenamtliche BetreuerInnen | |
zu finden, wird so nicht gerade einfacher“, sagt die Vermittlerin Sylvia | |
Pfeifer. Diejenigen, die bereits ehrenamtlich dabei seien, könnten die | |
Berichte aber durchaus richtig einschätzen. | |
„Die Täter-Namen sind immer die gleichen“, sagt auch Gerdts-Schiffler. Die | |
Täter brächten junge Menschen in Verruf, die hier dringend auf | |
Unterbringung und Hilfe aus der Bevölkerung angewiesen seien. Einige | |
Mitglieder der Gruppe sind bereits in Haft. Die Ermittlungsbehörden würden | |
diese Fälle mit Nachdruck behandeln, damit in der Szene gar nicht erst der | |
Eindruck entstehe, Bremen sei „ein Paradies für Verbrecher“, so | |
Gerdts-Schiffler weiter. Die Jugendlichen seien als Straßenkinder | |
sozialisiert worden. Und es sei sehr schwierig, ihnen mit angemessenen | |
Konzepten zu begegnen. | |
Auch beim Sozialressort ist man besorgt über das Bild, das hier entstehen | |
könne. Schneider sagt, er habe in vielen Einrichtungen sehr gute | |
Erfahrungen mit Jugendlichen gemacht, die teils mehrsprachig seien und | |
großes Interesse an Bildungsangeboten hätten. „Der Integrationswille ist | |
überwältigend“, sagt er, und es habe fatale Konsequenzen, wenn eine kleine | |
Minderheit das Bild bestimme. | |
Letztlich geht es aber nicht nur um die öffentliche Wahrnehmung, sondern | |
auch um Politik: Um die Lage in der Zast grundlegend zu entspannen, müssen | |
dringend neue Unterkünfte her. Und über deren Einrichtung entscheiden die | |
Beiräte. | |
8 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Jan-Paul Koopmann | |
## TAGS | |
Bremen | |
geschlossene Heime | |
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