# taz.de -- Christian Meyer über Jagdzeiten: „Ein bisschen Gänsefrieden“ | |
> Kurz vor Inkrafttreten hat die Jagdzeitenverordnung noch einmal für Zoff | |
> zwischen Politik, Umwelt- und Jagdverbänden gesorgt. Niedersachsens | |
> grüner Agrarminister Christian Meyer erklärt, warum er die Neuregelung | |
> trotzdem für einen Erfolg hält. | |
Bild: Gänse fliegen: Das Geballer stresst auch die Tiere, die das Glück haben… | |
taz: Herr Meyer, warum wird jetzt nichts aus der Jagdzeitenverkürzung? | |
Christian Meyer: Das Gegenteil ist wahr. Wir verkürzen die Jagdzeiten ganz | |
erheblich. | |
… weniger als angekündigt. | |
Ja, weil wir eine Landesregierung sind, die lernfähig ist und den Leuten | |
auch zuhört, gerade etwa den Umweltverbänden, Förstern, Landwirten und dem | |
ökologischen Jagdverband. Deshalb, auf Anraten aller, haben wir gesagt: An | |
der einen Stelle, bei den Wildschweinen, Hirschen und Rehen belassen wir | |
die Jagdzeit bis zum 31. Januar, weil man laut einhelliger Expertenmeinung | |
diese Zeit benötigt, um die Bestände an den Wald und an die Natur | |
anzupassen. Dieser Empfehlung sind wir gefolgt. | |
Sie sind vor der Jägerlobby eingeknickt, heißt das in den Anti-Jagdforen. | |
Ich bin nicht eingeknickt. Wir haben die Jagdzeit beim Hasen, Dachs, vielen | |
Gänse- und Entenarten insgesamt erheblich verkürzt, obwohl im | |
Koalitionsvertrag, anders als die taz.nord behauptet hat, bloß eine | |
Neuregelung der Jagdzeiten vorgesehen war. Auch werden mehrere Gänse- und | |
Möwenarten sowie das Blässhuhn jetzt ganzjährig geschützt. Das ist ein | |
großer Erfolg. | |
Also vertun sich der BUND und der Nabu nur, wenn sie die Verordnung, die am | |
1. Oktober in Kraft tritt, kritisieren? | |
Die Umweltverbände wollten eine noch stärkere Verkürzung der Jagdzeiten. | |
Sie hatten die komplette Streichung der Jagd etwa auf Wildgänse in | |
EU-Vogelschutzgebieten gefordert. Hier haben wir die massive Ausweitung der | |
Jagdzeiten, die Schwarz-Gelb 2008 vorgenommen hatte, deutlich | |
zurückgenommen. | |
Was heißt deutlich? | |
Die bisherige Jagd auf rastende Gänse und Enten haben wir in den | |
Vogelschutzgebieten faktisch halbiert. Es wird bei allen Wildvogelarten in | |
den EU-Vogelschutzgebieten ein einheitliches Ende der Jagd schon zum 30. | |
November geben. Außerdem haben wir die Forderung der Verbände aufgenommen, | |
bestimmte Arten völlig zu streichen. Bläss- und Saatgänse genießen | |
ganzjährigen Schutz. Zugleich führen wir ein modernes Gänsemanagement ein | |
und wollen mit dem neuen Instrument der Intervalljagd eine stärkere | |
Schonung der Gänse erreichen. | |
Was soll das sein? | |
Das bedeutet, dass wir in den Vogelschutzgebieten noch Teilräume schaffen, | |
in denen von Oktober bis November für 14 Tage gejagt werden darf, während | |
im anderen eine vollständige Jagdruhe herrschen muss. | |
Vogelschutzgebiete sollen ja die Vögel schützen, und das klappt nicht, wenn | |
es zugleich Vogeljagdgebiet ist: Das Geballer stresst ja auch die Tiere, | |
die das Glück haben, nicht erschossen zu werden. Warum verbietet man die | |
Jagd dort nicht ganz? | |
Es stimmt, der Jagddruck ist ein Problem. Da hoffen wir durch stärkere | |
Lenkung auf eine Schadensminimierung. Die massive Ausweitung der Jagd durch | |
die Vorgängerregierung hatte ja eben nicht zur Verringerung | |
landwirtschaftlicher Schäden geführt, sondern ganz im Gegenteil: Die haben | |
zugenommen. | |
Ein Grund mehr, sie in den Rückzugsräumen zu beenden! | |
Auch die EU-Richtlinien erlauben in den Vogelschutzgebieten eine jagdliche | |
Nutzung von nicht bedrohten Arten. | |
Aber die Richtlinie zwingt Sie auch nicht dazu, sie zuzulassen. | |
Man darf nicht vergessen, dass es hier unterschiedliche Interessenlagen | |
gibt, und wir auch die Aufgabe haben, die Akzeptanz für die wilden Gänse | |
und die Vogelschutzgebiete in Niedersachsen zu erhalten. Wir haben daher | |
mehrere Gänsegipfel mit Vertretern aller Gruppen veranstaltet – Umwelt- und | |
Jagdverbänden wie auch landwirtschaftlichen Organisationen. Dass deren | |
Forderungen nicht deckungsgleich sind, versteht sich von selbst. Wir haben | |
trotz der aufgeheizten Stimmung durch einen guten Kompromiss für ein | |
bisschen Gänsefrieden gesorgt. | |
Leicht gesagt … | |
Wir werden die Neuregelung durch ein Monitoring begleiten, um zu schauen, | |
ob sie dem Ziel des Naturschutzes und der Begrenzung der | |
landwirtschaftlichen Schäden angemessen ist. Allerdings: Einfache Lösungen | |
gibt es in dieser Frage nicht. | |
24 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Benno Schirrmeister | |
## TAGS | |
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