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# taz.de -- Senator sagt im Ausschuss aus: Mitarbeiter wollte nicht stören
> Senator Scheele bestreitet, dass Personalnot zum Tod eines Kindes führte
> und stützt sich dabei auf einen Inspektionsbericht.
Bild: Kein Grund zum Rücktritt: Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) im Parlamen…
HAMBURG taz | Der vorläufige Höhepunkt des Parlamentarischen
Untersuchungsausschusses zum Tod der kleinen Yagmur: Senator Detlef Scheele
(SPD) war am Dienstag als Zeuge geladen. Und sorgte mit seiner Ankündigung,
er wolle einen „Ombudsmann“ für die Jugendhilfe schaffen, dafür, dass die
Medien etwas Neues haben.
Seine Behörde trage Verantwortung für die Aufstellung der Jugendhilfe,
sagte Scheele. Und räumte ein, dass die Behörde bei dem geplanten
Personalbemessungssystem für die Allgemeinen Sozialen Dienste (ASD) zu
langsam war. „Wir haben den Zeitplan nicht eingehalten“, so Scheele: „Ja,
wir sind zu spät.“
Grund für einen Rücktritt sieht er nicht. Im Bericht der
Jugendhilfeinspektion gebe es „keinen Hinweis, dass die Personalsituation
ursächlich für den Tod von Yagmur ist“, sagte er.
Das ist der Kern, um den sich der seit März tagende Ausschuss zum Ende hin
dreht. Schon im Sommer 2012 hatte indes der Experte Christian Schrapper
gewarnt, das Risiko einer nicht ausreichenden Überprüfung von
Kinderschutzfällen sei in einer Vielzahl von ASD-Abteilungen „extrem hoch“.
Ein damals gefordertes Sofortprogramm ist bis heute nicht in Kraft.
Der Bericht, auf den Scheele sich nun stützt, besagt zwar, dass die zuletzt
für Yagmur zuständige ASD-Abteilung Billstedt zur Hälfte aus neuen
Mitarbeitern bestand und eine ganz neue Kraft den Fall betreute. Es habe
aber niemand eine Überlastung angezeigt. „Damit“, heißt es weiter, „ste…
sich kein direkter Zusammenhang zwischen der Fallbearbeitung des Falles des
Kindes und der Personalsituation der Abteilung dar“.
Wie nun im Ausschuss deutlich wurde, waren die Verfasser des Berichts
allerdings unsicher, was sie schreiben dürfen: In einer Mail vom 22.
Januar, die die Abgeordnete Heike Sudmann (Die Linke) jetzt vorlas, bittet
Autor Horst Tietjens Staatsrat Jan Pörksen, „zu prüfen, ob der anliegende
Textausschnitt von der Behördenleitung als zu störend oder als eine
unwillkommene Einmischung in ’politische Fragen‘ empfunden“ werde.
Scheele verwies darauf, dass die vorgelegte Formulierung, die ebenfalls auf
die schwierige Personallage verwies, ja unverändert im Bericht enthalten
sei; auch sonst habe man kein Wort geändert.„Man kann aber keinem
Mitarbeiter vorwerfen, dass er fragt“, so Scheele. Eine externe
Aufarbeitung des Falls, wie sie die Opposition fordert, hätte man erst
ausschreiben müssen.
Er präsentierte sich als fürsorglicher Chef, der nahezu jede der 35
ASD-Stellen besucht habe, und die Mitarbeiter wertschätze. Mit dem
Qualitätsmanagement, an dem sein Haus seit zwei Jahren bastelt, und der
davon abgeleiteten Personalbemessung wolle man einen „ASD-Frieden“
schaffen.
Allerdings hat Scheele die zuletzt mit Yagmur befassten ASDs nicht besucht.
Und über den Leiter des ASD Eimsbüttel, der im Juni aussagte, der ASD sei
nicht arbeitsfähig, äußerte er sich hämisch: Dieser habe bei einer munteren
Zusammenkunft mit Leitungskräften drei Stunden lang geschwiegen. „Warum
sagt der nichts, wenn er so viel Kritik hat?“
Der Ausschussvorsitzende André Trepoll (CDU) verwies darauf, dass der Mann
als Zeuge aussagen musste. Es sei nicht möglich gewesen, normale
Mitarbeiter anzuhören, sagte Trepoll – und fragte, ob sie Druck fürchten
müssten. Scheele verneinte das.
Der nun im Munde geführte Ombudsmann soll übrigens den Bürgern als
Ansprechpartner dienen. „Eine Stelle, wo Sie etwas erreichen, die auch
reagiert“. Für Kinderschutz gibt es längst so eine Stelle: Die CDU führte
2006 eine Hotline ein.
8 Oct 2014
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Misshandlung
Yagmur
taz.gazete
Mord
Hamburg
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