# taz.de -- WM-Vergabe an Russland und Katar: Alles ist gut, sagt die Fifa | |
> Trotz Vergehen im Rennen um die WM-Vergabe 2018 und 2022 kommen Russland | |
> und Katar ungeschoren davon. Die Fifa fand keine Beweise für gravierende | |
> Bestechung. | |
Bild: Michael J. Garcia (l.) und Hans-Joachim Eckert (r.) haben nichts Schwerwi… | |
ZÜRICH dpa | Die Fifa-Ethikhüter haben keine Einwände gegen die umstrittene | |
Fußball-WM 2022 in Katar – und auch Russland als Gastgeber des kommenden | |
Turniers 2018 ist von den seit langem schwelenden Korruptionsvorwürfen | |
freigesprochen worden. Nach mehrjährigen Ermittlungen konnte die | |
Fifa-Ethikkommission im harten Bieterwettbewerb um die Milliarden-Events in | |
vier und acht Jahren zwar viele Verstöße gegen moralische wie juristische | |
Regularien des Weltverbandes feststellen. | |
Kein Vergehen wurde allerdings als so gravierend eingestuft, dass | |
Sanktionen zu fällen wären, heißt es in einem am Donnerstag | |
veröffentlichten 42-seitigen Bericht der rechtssprechenden Ethikkammer | |
unter dem Vorsitz des deutschen Juristen Hans-Joachim Eckert. | |
Auch gegen alle anderen ehemaligen Bewerberländer um die Turniere 2018 und | |
2022 sowie aktuelle oder ehemalige Mitglieder des Fifa-Exekutivkomitees | |
werden demnach keine Strafen verhängt. Eine Aberkennung der Gastgeberrollen | |
von Katar und Russland käme nach den Ermittlungen nicht infrage, heißt es | |
in der Eckert-Stellungnahme. „Insbesondere waren die Auswirkungen dieser | |
Ereignisse auf das Bieterverfahren als Ganzes weit davon entfernt, jede | |
Schwelle, die eine Rückkehr ins Bieterverfahren, geschweige denn | |
Neuausschreibung erfordern würde, zu überschreiten“, heißt es in dem | |
Urteil. | |
Mehrfach hatte der frühere FBI-Direktor Michael Garcia die Abgabe seiner | |
Ergebnisse bei Eckert verschoben. 75 Interviews in zehn Ländern wurden | |
geführt, 200.000 Seiten geschrieben. Das Resultat: Verfehlungen gab es vor | |
der skandalumwitterten Doppelvergabe am 2. Dezember 2010 in Zürich sehr | |
wohl. | |
Besonders der ehemalige Fifa-Vizepräsident Jack Warner aus Trinidad & | |
Tobago – 2011 im Zuge eines anderen Bestechungsskandals zurückgetreten – | |
wurde von mehreren Kandidaten mit unmoralischen Angeboten kontaktiert, so | |
offenbar auch aus England und Australien. Ein direkter Zusammenhang mit den | |
WM-Bewerbungen war aber nie zu beweisen oder die Versuche hatten | |
nachweislich keinen Einfluss auf das Stimmverhalten. | |
## Viele Computer zerstört | |
Japan, Südkorea und die USA versuchten sich offenbar mit Geschenken bei | |
Fifa-Funktionären beliebt zu machen oder gegenseitige Absprachen mit | |
anderen Kandidaten zu treffen. Die Bewerber aus Spanien/Portugal werden in | |
dem Bericht nicht aufgeführt, was die Vermutung nahelegt, dass es sich | |
dabei um den einzigen Kandidaten handelt, der laut Eckert bei den | |
Untersuchungen nicht kooperierte – und dennoch ungestraft bleibt. Einzig | |
die Doppel-Bewerbung der Niederlande mit Belgien hatte sich gar nichts | |
zuschulden kommen lassen, wird in dem Bericht konstatiert. | |
Im Gegensatz zu Katar und Russland. Beim kommenden WM-Gastgeber in Moskau | |
waren die Ermittlungen schwierig, weil viele Computer mittlerweile zerstört | |
wurden. Nachgewiesen werden konnten dennoch mehrere Verstöße gegen | |
Meldepflichten von Kontakten zu Fifa-Exekutivmitgliedern – diese hatten | |
jedoch keinen nachweisbaren Einfluss auf die WM-Vergabe, heißt es. | |
Und Katar: Gleich mehrere Konfliktherde werden genannt. Von der | |
Verflechtung der Tätigkeiten der im internationalen Sport-Business aktiven | |
Aspire Academy über die Organisation eines provisionsträchtigen | |
Länderspiels zwischen Brasilien und Argentinien bis hin zu den Geschäften | |
des ehemaligen Fifa-Vizechefs Mohammed bin Hammam, dem jedoch nur unlautere | |
Mittel in seinem gescheiterten Präsidentschaftswahlkampf 2011 nachgewiesen | |
werden können. Fazit: Keine eindeutigen Beweise, keine Anklage, kein | |
Schuldspruch. | |
In seinen Schlussbemerkungen hält Eckert fest: „Anzunehmen, dass zum | |
Beispiel Umschläge voller Bargeld im Austausch für WM-Stimmen überreicht | |
werden, ist naiv. Korruption, auch in der normalem Geschäftswelt, wird auf | |
viel intelligentere Weise vorgenommen...“, schreibt der Jurist. | |
## Blatter ausdrücklich freigesprochen | |
Ausdrücklich freigesprochen von jedem Verdacht der Bestechlichkeit oder | |
irregulärer Einflussnahme wurde Fifa-Präsident Joseph Blatter. Im | |
Gegenteil: Eckert bescheinigt dem Schweizer eine aktive Rolle im | |
Fifa-Demokratisierungsprozess. Franz Beckenbauer als deutsches Mitglied der | |
Fifa-Regierung zum Zeitpunkt der WM-Vergabe wird wie alle offenbar | |
unbescholtenen Exko-Mitglieder namentlich nicht genannt – dennoch erwähnt | |
Eckert die zwischenzeitliche Weigerung des Fußball-Kaisers, die Fragen der | |
Ermittler zu beantworten, die während der WM im Sommer zu einer | |
provisorischen Sperre Beckenbauers geführt hatte. | |
Eckert merkte in seinem Urteil an, dass weitere Untersuchungen durch die | |
ermittelnde Kammer des Fifa-Ethikgremiums gegen Einzelpersonen nicht | |
ausgeschlossen seien. Zudem legte der Fifa-Richter einen Empfehlungskatalog | |
für weitere strukturelle Reformen vor – darunter auch die erneute Forderung | |
nach einer Amtszeitbeschränkung für Funktionäre, die der Fifa-Kongress im | |
Juni abgelehnt hatte. | |
Ausdrücklich kritisiert wird, dass die meisten Exko-Mitglieder die | |
sogenannten Bid Books der Kandidaten augenscheinlich nicht gelesen hätten. | |
Auch eine Stärkung der Empfehlungen der Evaluierungsberichte wird empfohlen | |
– diese hatten schlechte Noten nur an zwei Kandidaten verteilt: Russland | |
und Katar. | |
13 Nov 2014 | |
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