| # taz.de -- Verhandlungen um Irans Atomprogramm: Letzte Chance Wien | |
| > Am Dienstag kommen die Außenminister Irans und der 5+1-Staaten zur | |
| > entscheidenden Verhandlungsrunde zusammen. Die wichtigsten Fragen. | |
| Bild: Am 11. November saßen die VertreterInnen des Iran und der 5+1-Gruppe noc… | |
| Wer verhandelt seit wann über das iranische Atomprogramm? | |
| Seit 2008 verhandelt die iranischen Führung mit der 5+1-Ländergruppe, | |
| bestehend aus den fünf Vetomächten des UN-Sicherheitsrates (USA, China, | |
| Rußland, Frankreich, Großbritannien) und Deutschland. Ziel der 5+1 ist ein | |
| Abkommen, dass die militärische Nutzung des iranischen Nuklearporgramms zur | |
| Entwicklung von Atomwaffen verläßlich ausschließt. Mit demselben Ziel | |
| führte bereits seit 2003 das EU-Trio (Deutschland, | |
| Frankreich,Großbritannien) ergebnislose Verhandlungen mit Teheran. | |
| Welche Rolle spielt die Internationale Atomenergie Organisation (IAEO) in | |
| dem Konflikt? | |
| Die IAEO mit Sitz in Wien ist zuständig für die Überwachung des | |
| Atomwaffensperrvertrags (Non Proliferation Treaty, NPT) von 1970, dessen | |
| 186 Unterzeichnerstaaten – darunter bereits seit 1976 auch Iran – | |
| völkerrechtlich verbindlich auf die Entwicklung von Atomwaffen verzichtet | |
| haben. Der Vertrag garantiert ihnen allerdings die „uneingeschränkte | |
| Nutzung“ der nuklearen Technologie für „zivile Zwecke“ wie Energiegewinn… | |
| oder medizinische Forschung. Die IAEO kritisiert, daß Teheran nicht alle | |
| seine Informationsverpflichtungen aus dem NPT erfüllt hat und den Zugang | |
| der IAEO-Inspekteuren zu iranischen Nuklearanlagen behindert. | |
| Was sind sie die wichtigsten Streitpunkte bei den Verhandlungen? | |
| Urananreicherung: Hauptstreitfrage ist der künftige Umfang der iranischen | |
| Anlagen und die Fähigkeiten zur Anreicherung von Uran. Die Anreicherung auf | |
| fünf Prozent ( erforderlich zur Herstellung von Brennstäben für | |
| Atomkraftwerke) sowie auf bis zu 20 Prozent (für medizinische | |
| Forschungszwecke) fällt unter die Garantie des NPT und ist erlaubt. Die 5+1 | |
| wollen aber verhindern, dass Iran darüberhinaus Uran auf bis zu 90 Prozent | |
| anreichert und damit atomwaffenfähiges Spaltmaterial erhält. Die technische | |
| Infrastruktur der iranischen Nuklearanlagen muss nach Vorstellung der 5+1 | |
| so zugeschnitten sein, dass der Iran bei einem Vertragsbruch oder nach | |
| einem Austritt aus dem NPT mindestens ein Jahr brauchen würde, eine | |
| Atombombe zu bauen. | |
| Je länger diese „Ausbruchszeit“, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass | |
| solche Schritte entdeckt würden. Deshalb soll Iran künftig nur noch über | |
| maximal 5.000 betriebsbereite Zentrifugen zur Urananreicherung verfügen | |
| dürfen – und dies nur noch in oberirdischen Anlagen, die rund um die Uhr | |
| von der IAEO überwacht werden. Dies lehnt die iranische Führung ab. Derzeit | |
| hat Iran knapp 20.000 Zentrifugen in Betrieb – allerdings ältere, weniger | |
| leistungsfähige Modelle. Anfang des Jahres hatte Teheran den Ausbau der | |
| Urananreicherunganlagen auf bis zu 50.000 überwiegend moderne Zentrifugen | |
| verkündet. | |
| Arak: Der noch im Bau befindliche Schwerwasserreaktor Arak in Zentraliran | |
| würde nach einer Inbetriebnahme Plutonium produzieren, das für den Bau von | |
| Atombomben dienen könnte. Teheran ist zwar bereit, das Design des Reaktors | |
| so zu ändern, dass die Produktion von Plutonium nicht möglich ist. Die | |
| Forderung der 5+1, den Reaktor zu schließen oder zu einem | |
| Leichtwasserreaktor umzubauen, lehnt die iranische Führung bislang aber ab. | |
| Vertragslaufzeit: Die USA fordern für das Abkommen, das Iran im Vergleich | |
| zu den anderen 185 NPT-Vertragsstaaten Sonderbeschränkungen auferlegen und | |
| unter verschärfte Überwachung durch die IAEO stellen würde, eine Laufzeit | |
| von mindestens 20 Jahren. Die anderen Mitglieder der 5+1 würden sich mit 10 | |
| bis 20 Jahren zufrieden geben. Teheran will sich auf höchstens 7 Jahre | |
| einlassen. | |
| Aufhebung der Sanktionen: Umstritten ist, wie schnell nach Abschluss eines | |
| Abkommens, die seit 2006 von den USA, der EU und dem UN-Sicherheitsrat | |
| verhängten Wirtschaftssanktionen gegen Iran aufgehoben werden. Teheran | |
| verlangt die sofortige Aufhebung insbesonders der Sanktionen gegen den | |
| iranischen Öl- und den Finanzsektor, die der Wirtschaft des Landes | |
| erheblichen Schaden zugefügt haben. Russland und China wären dazu bereit. | |
| Doch die Obama-Administration in Washington und vor allem der seit den | |
| Wahlen Anfang November vollständig von den Republikanern beherrschte | |
| Kongress wollen die Sanktionen erst nach einer Umsetzung (fast) aller | |
| vertraglichen Verpflichtungen durch Teheran aufheben. | |
| Welche Szenarien bis zum 24. November sind denkbar? | |
| Auf die Möglichkeit eines endgültigen Scheiterns der nun seit über elf | |
| Jahren geführten Verhandlugnen wollen sich weder Diplomaten Irans noch der | |
| 5+1 bislang einlassen. Das Szenario einer – von Teheran bereits ins Spiel | |
| gebrachten – weiteren Verlängerung eventuell bis Februar stößt vor allem | |
| bei den vier westlichen Mitgliedern der 5+1 auf wenig Begeisterung, wird | |
| aber nicht ausgeschlossen. Für den Fall einer Einigung bis zum 24. November | |
| sind zwei Optionen denkbar: ein vollständiges Abkommen mit Regelungen aller | |
| strittigen Details oder aber lediglich ein Grundlagenvertrag, dessen | |
| Einzelheiten noch ausgehandelt werden müßten. | |
| Sollte bis nächsten Montag ein Abkommen – in welcher Form auch immer – üb… | |
| das iranische Nuklearprogramm gelingen, könnte dies erstmals seit der | |
| iranischen Revolution von 1979 zu einer grundlegenden Verbesserung der | |
| Beziehungen zwischen den USA und Iran führen. Dann bestünde die Chance zu | |
| einer verstärkten Kooperation beider Länder bei der Bekämpfung des | |
| „Islamischen Staates“. Selbst eine Beteiligung Irans an den Bemühungen zur | |
| Beeendigung des syrischen Bürgerkrieges, die Washington in den letzten drei | |
| Jahren verhindert hat, wäre dann nicht mehr auszuschließen. | |
| 18 Nov 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Zumach | |
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