Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Ferguson (USA) fürchtet neue Krawalle: Angst vor Protest und Wut
> Wird der Todesschütze von Ferguson angeklagt? Bald kommt die
> Entscheidung. Der Gouverneur verhängt schon mal den Ausnahmezustand.
Bild: Polizeikritischer Demonstrant in Ferguson, Missouri.
NEW YORK taz | Der Gouverneur von Missouri hat am Montagabend über die
Kleinstadt Ferguson den Ausnahmezustand verhängt – prophylaktisch.
Jederzeit wird dort die Entscheidung über eine Anklageerhebung gegen den
weißen Polizisten Darren Wilson erwartet, der im August den unbewaffneten,
schwarzen Teenager Mike Brown erschossen hat.
Viele Anzeichen deuten darauf hin, dass Wilson rehabilitiert wird. Der
Polizeichef von Ferguson hat bereits angekündigt, dass Wilson anschließend
wieder zu seiner Arbeit auf der Polizeiwache kommen kann.
„No Justice – No Peace“, skandieren Demonstranten in Ferguson bei den
täglichen Demonstrationen seit den tödlichen Schüssen: „Kein Frieden ohne
Gerechtigkeit!“ Sie verlangen, dass der polizeiliche Todesschütze vor
Gericht gestellt wird.
Bereits im August hatte Gouverneur Nixon vorübergehend die Nationalgarde
mobilisiert und Ausgangssperren verhängt. Dieses Mal hat er den
Ausnahmezustand am Montag für 30 Tage verfügt. Und ihn mit der Möglichkeit
von „ausgedehnter Unruhe“ begründet. Wie viele Nationalgardisten er
einsetzen will, sagte er nicht. Den Zeitpunkt für die Veröffentlichung der
Entscheidung der „Grand Jury“ nannte er auch nicht.
## Waffenläden melden Rekordverkäufe
In Ferguson reagierten Demonstranten umgehend auf die neuerliche
Militarisierung der Situation. Bürgerrechtler werfen dem Gouverneur vor,
dass er die Situation unnötig eskaliere und Menschen, die von ihrem
Verfassungsrecht auf Meinungsäußerung Gebrauch machen, unter
Generalverdacht stelle. Montague Simmons von der Organization for Black
Struggle sagte in der Fernsehsendung „Democracy Now“: „Der Ausnahmezustand
ist beunruhigend, aber der Gouverneur bleibt sich treu.“ In einem offenen
Brief fordern Army-Veteranen und aktive Soldaten ihre Kollegen in der
Nationalgarde auf, den Einsatz in Ferguson zu verweigern und stattdessen
die „legitimen Proteste gegen Rassismus“ zu unterstützen.
Schon bevor der Gouverneur am Montag erneut das Militär mobilisierte, war
die Lage in Ferguson zum Äußersten gespannt. Die Spaltungen zwischen der
schwarzen Mehrheitsbevölkerung (rund 70 Prozent) und der weißen Minderheit,
aus der fast der komplette administrative und polizeiliche Apparat von
Ferguson stammt, sind in den vergangenen Wochen noch tiefer geworden.
„Unterstützer“ sammelten mehrere Hunderttausend Dollar für den
Todesschützen Wilson, der seit August im bezahlten Urlaub ist. In den
letzten Tagen tauchte ein Flugblatt des rassistischen Ku-Klux-Klans in
Ferguson auf, das „tödliche Gewalt“ gegen Demonstranten androht. Und die
Waffenläden der Region melden Rekordverkäufe.
Die ursprünglich bereits für Oktober erwartete Verkündung der Entscheidung
der „Grand Jury“ war ohne offizielle Begründung auf die Zeit nach den
Halbzeitwahlen verschoben worden. Beobachter vermuten, dass hinter der
ungewöhnlich langen Beratungszeit der „Grand Jury“ einerseits wahltaktische
Erwägungen steckten. Und andererseits die Hoffnung, dass es im Winter
weniger Straßenproteste gäbe.
Inzwischen hat es in Missouri angefangen zu schneien. Doch bislang trotzen
die Demonstranten dem Wetter. Am Montagabend zogen sie verkleidet als
Gruppe von selbsternannten „verängstigten Weißen“ durch die Straßen.
Seit dem Tod von Mike Brown ist Ferguson zum Kristallisationspunkt einer
neuen Bewegung geworden. Nach den ersten Nächten, in denen es Wutausbrüche
und vereinzelt Plünderungen gab, ist die Bewegung, deren harter Kern junge
Leute sind, die nie vorher politisch aktiv waren, gewaltfrei und politisch
vorgegangen.
Sie hat die Verbindung zwischen den Schüssen von Ferguson und zahlreichen
anderen polizeilichen Übergriffen im Land auf schwarze Jugendliche gezogen.
Sie hat Slogans kreiert, die um die Welt gegangen sind. Einer davon sind
die mutmaßlich letzten Worte von Mike Brown: „Hands Up – Don’t Shoot“.…
anderer ist der Satz: „Black Lifes Matter“ – Schwarze Leben zählen –, …
auch bei zahlreichen Sportveranstaltungen in großen Stadien aufgetaucht
ist. Die Bewegung arbeitet mit Kirchenleuten, alten Bürgerrechtlern aus den
60ern und Rap-Musikern zusammen. Sie haben Aufmerksamkeit: Der
Justizminister ist aus Washington nach Ferguson gekommen. Sein Ministerium
führt parallele eigene Ermittlungen durch. Und Mike Browns Beerdigung ist
live im nationalen Fernsehen übertragen worden.
Doch zugleich sind die neuen Akteure Verfolgte geblieben. Nicht nur bei
immer neuen Festnahmen. Sondern auch in ihrem Berufsleben. In dieser Woche
bekam das ein Navy-Veteran zu spüren: Der Hotelangestellte Mark Pathraff
postete auf Facebook ein Foto von Dutzenden Autos der Heimatschutzbehörde
in der Hotelgarage und fragte dazu: „Sind sie wegen Ferguson hier?“ Das
Drury-Hotel feuerte ihn umgehend. Bei der Entlassung soll der Manager den
Exsoldaten als „Terroristen“ bezeichnet haben.
18 Nov 2014
## AUTOREN
Dorothea Hahn
## TAGS
Ferguson
Missouri
Ferguson
Ferguson
Schwerpunkt Rassismus
Ferguson
USA
Ferguson
Ferguson
Schwerpunkt Rassismus
Ferguson
Schwerpunkt Rassismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
US-Gewaltdebatte nach Ferguson: Gut? Böse? Bewaffnet!
Woher rührt die Eskalation der Gewalt in einem Land, das den
Freiheitsgedanken in seinen Grundfesten trägt? Waffen sind Teil der
US-Identität.
Kommentar Ferguson: Die nicht gehört werden
Es war zu erwarten, dass die Jury die Anklage gegen den Polizisten ablehnt,
der die Todesschüsse abgegeben hat. Genau das macht den Frust aus.
Todesschüsse von Ferguson: Randale nach Jury-Entscheidung
Allen Mahnungen zum Trotz: Eine Jury lehnt die Anklage gegen den Polizisten
Wilson ab. Es kommt zu schweren Ausschreitungen.
Demo gegen Polizeigewalt in New York: „Es ist die Geschichte dieses Landes“
Nachdem ein Polizist trotz tödlicher Schüsse auf einen Teenager in Ferguson
nicht angeklagt wurde, gibt es in den USA Proteste – auch in New York.
US-Polizei erschießt Zwölfjährigen: Den Finger am Abzug
Der tödliche Schuss auf einen vermeintlich bewaffneten Jungen zeigt erneut:
Die US-Polizei ist nicht fähig zur Deeskalation. Schon gar nicht bei
Schwarzen.
Tod von Michael Brown in Ferguson: Gouverneur ruft Notstand aus
In diesen Tagen entscheidet sich, ob der Polizist, der den
afroamerikanischen Teenager erschossen hat, angeklagt wird. Aus Angst vor
Unruhen steht die Nationalgarde bereit.
Luftraumsperrung in Ferguson im August: Verstoß gegen die Pressefreiheit?
Nachdem im August Michael Brown von Polizisten erschossen wurde, kam es in
Ferguson zu Unruhen. Auch um Medien fernzuhalten, wurde ein Flugverbot
verhängt.
Rassismus in den USA: Die Enkel der Bewegung
Junge schwarze AktivistInnen mobilisieren gegen Polizeigewalt und
Rassismus. Sie sind wütend und ihre Aktionsformen sind vielfältig.
Todesschüsse von Ferguson: Der Schütze erklärt sich
Aus Angst um sein Leben habe der Polizist Darren Wilson auf den Schwarzen
Michael Brown geschossen. Das erklärte er jetzt der „New York Times“. Die
Ermittlungen dauern an.
Protestwelle gegen Polizeigewalt: Mehr als 50 Festnahmen in Ferguson
Zum Abschluss der viertägigen Proteste gegen Polizeigewalt in Ferguson und
Umgebung wird unter anderem auch Bürgerrechtler Cornel West festgenommen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.