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# taz.de -- Neue Science-Fiction-Comics: Die Menschen im Jahr 2050
> In den neuen Science-Fiction-Serien „Gung Ho“ und „Waisen“ verspricht…
> postapokalyptische Welt viel Raum für die Fantasien Heranwachsender.
Bild: Die Jugendlichen in „Fort Apache“ wirken normal, aber die „Reißer�…
Schleichend kann die Apokalypse im Comic eintreten, langsam und
unaufhaltsam, aber auch plötzlich, mit einem gewaltigen, alles zerstörenden
Schlag. Immer ist danach jedoch nichts mehr, wie es zuvor einmal war. Aus
den Trümmern der alten Welt entsteht eine neue, die von den Überlebenden
als paradoxes Nebeneinander von Freiheit und Zwang erfahren wird.
In „Gung Ho“ kommt der Untergang buchstäblich auf leisen Sohlen. Nicht mehr
die Menschen sind hier die führende Spezies, sondern die „Reißer“, eine
neue, höchst aggressive Tierart, in deren Aussehen und Bewegungsweise sich
Merkmale von Affe, Bär und Raubkatze verbinden. Wie die „Reißer“ entstand…
sind, ist unklar; aus den unbewohnten Regionen der Erde kommend, ist es
ihnen jedenfalls gelungen, der menschlichen Zivilisation innerhalb zweier
Jahrzehnte den Garaus zu machen.
„Gung Ho“ spielt in „Fort Apache“, einer der verstreuten kleinen
Siedlungen, in denen die Menschen im Jahr 2050 leben. Da jederzeit ein
Angriff der „Reißer“ droht, ist große Aufmerksamkeit geboten; außerdem
gelten strenge Regeln, die das Überleben der Gemeinschaft ermöglichen
sollen. Diese Regeln einzuhalten fällt aber nicht immer leicht, besonders
nicht einem rebellischen, großmäuligen Teenager wie Archer, der mit seinem
jüngeren Bruder Zack aus der Stadt nach „Fort Apache“ gebracht worden ist,
um dort ein sozialverträgliches Verhalten zu lernen.
## Eine außerirdische Macht greift an
In „Waisen“ dauert das Weltende dagegen nur ein paar Sekunden. Ein grelles
Licht erhellt global den Himmel, dann folgen Donner und Feuer. Offenbar hat
eine technisch weit überlegene außerirdische Macht die Erde angegriffen.
Aus dem Schutt der Städte birgt eine Einheit von Militärs und
Wissenschaftlern ein paar Dutzend Kinder mit dem Ziel, diese zu
Elitesoldaten auszubilden, die eines Tages in der Lage sein werden, gegen
die Aliens zu kämpfen.
Die Handlung von „Waisen“ wechselt permanent zwischen zwei Zeitebenen. Auf
der einen Ebene werden das überaus harte Training und das Heranwachsen der
Kinder geschildert, auf der anderen ihr späterer Einsatz auf dem
Heimatplaneten der Aliens, wo sie nicht nur ihr kriegerisches Geschick
beweisen müssen, sondern in rätselhafter Weise mehrfach auch mit Phänomenen
konfrontiert werden, die auf ihr Leben vor dem großen Knall verweisen.
Trotz der unterschiedlichen Akzente, die sie im SF-Subgenre des
postapokalyptischen Comics setzen, besitzen „Gung Ho“ und „Waisen“ eini…
Gemeinsamkeiten. Auffällig ist, dass hier ein Aufwand, eine Ambition zu
registrieren ist, die es früher bei Mainstream-Comics, die sich primär an
ein jugendliches Publikum richten, nicht gegeben hat. Die limitierte
Vorzugsausgabe von „Gung Ho“ enthält einen Anhang, der zeigt, welch
akribische, jahrelange Arbeit der Szenarist Benjamin von Eckartsberg und
der Zeichner Thomas von Kummant in dieses Projekt gesteckt haben.
Die Serie soll insgesamt fünf Bände zu je 80 Seiten umfassen und in
ungefähr anderthalbjährigem Abstand erscheinen. Noch monumentaler ist der
Ansatz von „Waisen“. Hier arbeitet der Texter Roberto Recchioni mit
mehreren Zeichnern zusammen. Seit letztem Oktober erscheint in Italien
monatlich ein hundert Seiten starker Band, und in diesem Herbst soll ein
erster, zwölfteiliger Zyklus abgeschlossen sein.
## Postapokalyptische Welt
Mit der angepeilten Zielgruppe geht in „Gung Ho“ und „Waisen“ zudem eine
bestimmte Konzeption der postapokalyptischen Welt einher. Sie ist bei
weitem nicht so düster wie etwa in „Mutant World“ von Richard Corben oder
in der Zombie-Serie „The Walking Dead“. In einer malerischen, vage
südländischen Landschaft und an einem See gelegen, erinnert „Fort Apache“
an ein Ferienressort, und die jungen Menschen, die es bevölkern, sind
überwiegend so hübsch, dass sie in einer Boy Group oder bei „Germany’s Ne…
Top Model“ mitmachen könnten.
In „Waisen“ ist der Krieg, wie in „Star Wars“ oder „Starship Troopers…
allem ein Action-Spaß. Die Postapokalypse ist in diesen Comics weniger
Nachtmahr als ein schöner, bunter Traum; sie bietet einen perfekten Platz
für die Evasionsfantasien Heranwachsender.
In zeichnerischer Hinsicht lässt sich beiden Serien nichts vorwerfen –
außer dass handwerkliche Perfektion hier durchweg ein Maximum an Glätte, an
Politur bedeutet. Die Hartnäckigkeit, mit der Thomas von Kummant den
Starschnitt-Look seiner Figuren inszeniert, hat etwas leicht Enervierendes,
allerdings vermag er auch wuchernde Fauna und die furchterregenden „Reißer“
sehr gut zu gestalten.
„Waisen“ ist grafisch weit weniger spektakulär. Die Serie erscheint im
Original im traditionsreichen Bonelli-Verlag, der bislang ausschließlich
Schwarz-Weiß-Comics veröffentlicht hatte, darunter die legendäre
Westernserie „Tex“. Bemerkenswert ist an „Waisen“ aber die Weichheit und
Eleganz des Strichs – denkt man daran, wie steif, wie hölzern realistisch
gezeichnete Comics oft wirken, ist dies geradezu eine Erholung fürs Auge.
21 Nov 2014
## AUTOREN
Christoph Haas
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