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# taz.de -- Erfolglose Frauenförderung: Eine weiblichere Feuerwehr
> Während bei der Polizei Frauen mittlerweile zum täglichen
> Erscheinungsbild gehören, ist die Bremer Feuerwehr nach wie vor ein
> Männerclub. Warum?
Bild: Eine Ausnahme-Erscheinung. Die Feuerwehr ist immer noch Männerdomäne
BREMEN taz | Nur jeder Zweite, der bei der Jugendfeuerwehr dabei war, macht
anschließend im Brandschutz weiter. Und nicht einmal jedes zwanzigste
Mitglied der Bremer Berufsfeuerwehr ist weiblich. Bei der Freiwilligen ist
die Frauen-Quote mit 6,9 Prozent ebenfalls sehr bescheiden. Gibt es
zwischen diesen Zahlen einen Zusammenhang?
Ein wirkliches Nachwuchsproblem habe man nicht, heißt es auf Nachfrage bei
der Bremer Feuerwehr. Dass der Frauen-Anteil stark steigerungsbedürftig
ist, sieht Feuerwehr-Sprecher Michael Richartz allerdings auch: „Wir wollen
das“ – aber man wisse nicht recht wie.
Die Bremer Feuerwehr hat durchaus einen „Frauenförderplan“, aber noch keine
einzige Beamtin im gehobenen oder gar „höheren feuerwehrtechnischen
Dienst“. Dabei sind Frauen seit mittlerweile 20 Jahren dabei. Warum hat es
keine über die „Laufbahngruppe 1“ hinaus geschafft? „Leider mangelt es n…
wie vor an geeigneten Bewerbungen“, heißt es seitens der
Feuerwehr-Frauenbeauftragten, Natascha Krismann. Immerhin habe sich zum
nächsten Lehrgang, Voraussetzung für den Aufstieg, eine Frau angemeldet.
Die Feuerwehr hat ein Imageproblem als Männerwelt. In Zahlen: Unter den 416
BewerberInnen der letzten Staffel gab es 20 Frauen. Bei der Polizei war das
früher auch nicht anders. Aber während im Streifendienst Frauen
mittlerweile ausgesprochen präsent sind, stellt bei der Feuerwehr oft schon
der körperliche Eignungstest ein Nadelöhr dar, dem sich nur wenige
Bewerberinnen stellen wollen.
Dabei handelt es sich um einen Test, der erst vor drei Jahren von der
Sporthochschule Köln ausdrücklich als „geschlechtsneutral“ entwickelt
wurde. Dessen Auswirkungen sind allerdings andere: „Seither“, sagt
Richartz, „haben wir noch weniger weibliche Neuzugänge“. Zwar nimmt der
Test nun „Rücksicht auf die weibliche Physiognomie“, aber für Männer und
Frauen gilt jetzt unterschiedslos: Sie müssen, mit schwerem Atemgerät, in
vorgegebener Zeit einen 80 Kilo schweren Körper 60 Meter transportieren.
Angenommen, diese Bedingung ist für den Einsatz im Brandfall unerlässlich:
Warum führt man dann nicht einen gesonderten Eignungstest für BewerberInnen
ein, die lediglich im Rettungsdienst tätig werden wollen? „Dort muss man
weder unter Atemschutz noch mit dem selben Zeitdruck wie im Brandfall
arbeiten“, bestätigt Richartz.
Beim Roten Kreuz, den Johannitern oder Maltesern ist ebenfalls zu
beobachten, dass Frauen dort im Rettungsdienst sehr wohl allen physischen
Belastungen gewachsen sind. Aber: Die Feuerwehr beharrt darauf,
Rettungsdienst und Brandeinsatz nicht personell zu trennen. „Wir wollen“,
sagt Richartz, „dass jeder auf jeder Position eingesetzt werden und dort
seine Erfahrungen einbringen kann.“
„Es wird nicht getrennt eingestellt“, bestätigt der zuständige Referent d…
Innenressorts. Potenzial sehe die Behörde jedoch durch verstärkte Präsenz
bei Berufsmessen. Derzeit werde eine Broschüre speziell für weibliche
Bewerber erarbeitet.
An der „Hexenbrücke 12“, das ist die Adresse der Feuerwehr in Bremerhaven,
existiert ebenfalls der Wille zu Frauenförderung – und ein noch
dringenderer Bedarf: Nur zwei von 236 Mitgliedern der Berufsfeuerwehr sind
weiblich. Seit März gibt es einen Frauenförderplan: „Aus
allgemeingesellschaftlichen Gründen“, wie der Bremerhavener
Feuerwehr-Dezernent Jörn Hoffmann erklärt, „aber auch angesichts des
absehbaren Fachkräftemangels.“ Hoffmann will noch flexiblere Teilzeitarbeit
ermöglichen. Und während bislang eine handwerklich-technische Ausbildung
Zugangsvoraussetzung ist, sollen künftig auch „medizinische Berufe mit
technischem Inhalt“ anerkannt werden.
Immerhin kann man feststellen, dass die Bremer Berufsfeuerwehr mit ihren
4,17 Prozent Frauen deutlich über dem Bundesschnitt liegt: Der bewegt sich
mit 1,44 Prozent am Rande der Wahrnehmbarkeit. Und niemand soll sagen, das
sei lediglich ein Effekt der strukturellen Unterschiedlichkeit von
Stadtstaaten und Flächenländern, der Bundeslandvergleiche in der Tat oft
genug ihrer Aussagekraft beraubt. Denn: Hamburg und Berlin liegen im
Gegensatz zu Bremen nur marginal über dem Durchschnittswert. Das ziemlich
unurbane Brandenburg hingegen, wo offenbar die DDR-Tradition der
Frauenarbeit überlebt hat, liegt in Sachen Feuerwehr-Frauenquote mit 6,8
Prozent unangefochten an der Spitze.
Auch innerhalb von Bremen hält die Statistik einen unerwarteten Lichtblick
bereit: Bei der Freiwilligen Feuerwehr in Bremerhaven gibt es fast 13
Prozent Frauen! Wie kriegen die das hin? Schulterzucken bei den
Beteiligten. Da gebe es wohl eine stabile Mädels-Clique, ist dann zu hören,
wo eine die andere mitziehe. Doch daneben existieren klare Fakten: Bei der
Freiwilligen gibt es den körperlichen Eignungstest nicht, der Bewerberinnen
offensichtlich noch stärker abschreckt als früher.
Darin liegt eine gewisse Tragik: Als „gegenderter Sporttest“ war er vom
Senat ausdrücklich als Beitrag zur Geschlechtergerechtigkeit begrüßt
worden.
5 Dec 2014
## AUTOREN
Henning Bleyl
## TAGS
Gender
Feuerwehr
Frauenförderung
Feuerwehr
Quote
Quote
Luft und Liebe
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