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# taz.de -- Bürger gegen Flüchtlinge in Berlin: „Recht auf Asyl wird infrag…
> Am Montag demonstrieren wieder Rechte gegen ein geplantes Flüchtlingsheim
> in Marzahn. Man hätte die Bürger besser informieren sollen, sagt Björn
> Tielebein.
Bild: Schnauze voll oder Schnauze halten?
taz: Herr Tielebein, seit Wochen wird in Marzahn gegen die geplante
Asylbewerberunterkunft protestiert. Heute soll bereits die sechste der
sogenannten Montagsdemonstrationen stattfinden. Wer geht da auf die Straße?
Björn Tielebein: Angemeldet und organisiert werden diese Demonstrationen
von bekannten Neonazis aus Marzahn und aus anderen Gegenden Berlins. Unter
den Teilnehmern sind allerdings auch nicht politisch organisierte Marzahner
Bürger, hauptsächlich junge Leute unter 35 Jahren. Die treten teils auch
ohne rechten Dresscode auf und teilen möglicherweise nicht komplett die
Ideologie der Neonazis, sondern werden von dem Eventcharakter der
Veranstaltungen angezogen.
Worum geht es bei den Demonstrationen?
Wenn ich mir diese Veranstaltungen anschaue, und das habe ich die letzten
Wochen über getan, dann kann ich nicht erkennen, dass es hier nur um die
Ablehnung des Standorts einer Flüchtlingsunterkunft geht. Diese Frage ist
höchstens der Aufhänger für die Demonstrationen. In Redebeiträgen und
Sprechchören wird aber grundsätzlich das Recht auf Asyl infrage gestellt
und nicht nur gegen Migranten gehetzt. Wer da mitmacht, muss sich schon
fragen lassen, warum er in diese Neonazi-Propaganda mit einstimmt – auch
wenn er sich selbst vielleicht nicht als Neonazi bezeichnen würde.
In Hellersdorf gab es im vergangenen Sommer ebenfalls heftige Proteste
gegen eine neue Flüchtlingsunterkunft, auch dort haben organisierte
Neonazis das Thema zur Mobilisierung genutzt. Hätte der Bezirk mit dieser
Erfahrung nicht versuchen können, den aktuellen Protesten von vornherein
den Wind aus den Segeln zu nehmen?
Dafür ist es wichtig, dass der Bezirk die Informationshoheit zu diesem
Thema hat. Dass er die Bürger von sich aus informieren kann, statt nur
defensiv auf Gerüchte reagieren zu müssen.
Das war hier der Fall?
Der Senat hat die Standorte leider nicht frühzeitig an die Bezirke
kommuniziert, sondern die vollendeten Tatsachen in der Presse verkündet.
Mit dieser Strategie wurde eine gute Informationspolitik sehr erschwert.
Selbst die Stadtteilzentren, die im Konzept des Senats im Bezirk zu den
Unterkünften informieren sollen und dafür ja auch finanzielle Unterstützung
bekommen, haben erst aus der Zeitung von dieser Aufgabe erfahren. So war es
auch nicht möglich, im Vorfeld einen Unterstützungskreis im Stadtteil
aufzubauen.
Auch wenn der Senat erst spät informiert hat: Dass Marzahn-Hellersdorf als
Standort infrage kommt, war bekannt. Und dass es in diesem Falle Proteste
geben könnte, auch.
Das stimmt, und da hat es teilweise auch vonseiten des Bezirks Versäumnisse
gegeben. Ich frage mich zum Beispiel, warum wir der rechten Mobilisierung
im Internet, die ja schon im letzten Sommer ein Thema war, nicht ein
eigenes Informationsangebot, eine eigene Internetplattform entgegensetzen.
Das hätte längst geschehen müssen. Wir haben jetzt seit zwei Wochen eine
parteiübergreifende Arbeitsgruppe zu den Protesten. Das freut mich sehr,
diese Arbeitsgruppe hätte aber auch schon früher einberufen werden können.
Welche Aufgaben sehen Sie jetzt in der aktuellen Situation für den Bezirk?
Was die Demonstrationen angeht, ist es wichtig, dass der Bezirk offensiver
rechtsextreme Strukturen bekämpft und dass der Gegenprotest von allen
demokratischen Parteien getragen wird. Als weitere Baustelle sehe ich die
schon angesprochene Informationspolitik: Hier haben sich zum Beispiel die
Dialogrunden, also kleinere Gesprächskreise mit eingeladenen Anwohnern,
bewährt. Die sollten dringend wieder einberufen werden. Langfristig ist
allerdings noch etwas anderes wichtig: Wir müssen uns intensiver mit dem
Thema Asyl beschäftigen, denn das wird uns in den nächsten Jahren noch
öfter begegnen. Sich hier nur von einer Standortdiskussion zu nächsten zu
hangeln halte ich für nicht zielführend.
7 Dec 2014
## AUTOREN
Malene Gürgen
## TAGS
Schwerpunkt Neonazis
Flüchtlinge
Schwerpunkt Rassismus
Flüchtlinge
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