| # taz.de -- Kommentar Friedensbewegung: Willkommen im Fantasia-Land! | |
| > Die Friedensbewegung hat sich verrannt: Dass sie jetzt gemeinsam mit den | |
| > Montagsmahnwachen demonstriert, ist eine Bankrotterklärung. | |
| Bild: Zurück blieben viele Schuhe auf dem Rasen vor dem Schloss Bellevue | |
| Die Bundesdeutschen sind skeptisch gegenüber militärischen Einsätzen. Die | |
| Katastrophenerfahrung des Zweiten Weltkriegs hat einen | |
| generationsübergreifenden mentalen Pazifismus geprägt, an dem alle | |
| Umerziehungsversuche von Joschka Fischer bis Joachim Gauck bislang | |
| zuverlässig abgeprallt sind. | |
| Der alten bundesrepublikanischen Friedensbewegung gelingt es indes partout | |
| nicht, diese Stimmung zu politisieren. Sie ist zum Randphänomen geworden, | |
| ohne Frischluftzufuhr und dogmatisch verknöchert. | |
| In Berlin war am Samstag die größte Friedensdemonstration des Jahres auf | |
| der Straße. Doch der Superlativ weist in die falsche Richtung. Was da gegen | |
| Bundespräsident Gauck protestierte, das war kein Aufbruch, sondern das | |
| letzte Aufgebot. | |
| Teile der alten Friedensbewegung machen mit den obskuren Montagsmahnwachen | |
| gemeinsame Sache. Das ist eine intellektuelle Bankrotterklärung. | |
| Aufklärerische Politik setzt voraus, Ambivalenzen wahrzunehmen und sie | |
| ertragen zu können. Etwa, dass Putin in der Ukraine großrussische Politik | |
| betreibt und dass der Westen andererseits zu wenig Rücksicht auf Moskaus | |
| Sicherheitsinteressen genommen hat. Bei den Friedenswinterdemonstranten | |
| hingegen ist Gut und Böse eindeutig verteilt: USA böse, Russland gut. | |
| Fertig. | |
| Das sind nicht nur die schlichten Glaubenssätze eines verrosteten | |
| Antiimperialismus. Der Treibstoff dieser Bewegung ist etwas Vorpolitisches: | |
| der Wunsch nach Feindbildern. | |
| ## Unterstrom von Paranoia | |
| Die Welt ist so komplex geworden, dass Ventile gebraucht werden. Das – und | |
| weniger politische Überzeugung – verbindet diese „neue“ Friedensbewegung | |
| mit Pegida. Beide sind von einem Unterstrom von Paranoia getrieben, von dem | |
| Gefühl, von „den Medien“ belogen zu werden. | |
| Dass manche den von Russland finanzierten Propagandasender RT für seriös | |
| halten, ist eine trübe Pointe. Dieser Friedenswinter zeigt zudem, dass | |
| einige Linksparteifundis sich auf ihrer ewigen Suche nach den Volksmassen | |
| nun mit Polit-Esoterikern wie Ken Jebsen verbrüdern. Willkommen im | |
| politischen Fantasia-Land! | |
| Die Republik braucht eine militärkritische Bewegung, die zivile Lösungen | |
| stützt und Waffenexporte kritisiert. Doch die Reste dieser Bewegung | |
| scheinen sich gerade in einem Akt der Selbstzerstörung aus der rationalen | |
| Debatte zu verabschieden. | |
| 14 Dec 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Reinecke | |
| ## TAGS | |
| Ken Jebsen | |
| Schwerpunkt Pegida | |
| Friedensbewegung | |
| Montagsdemonstration | |
| Schwerpunkt Jürgen Elsässer | |
| Friedensbewegung | |
| Ken Jebsen | |
| Friedensbewegung | |
| Ken Jebsen | |
| Friedensbewegung | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Der „Friedenswinter“ hat Probleme: Finger weg von Elsässer | |
| Aktivisten ziehen in Frankfurt Bilanz des „Friedenswinters“. Der | |
| Gesprächsbedarf ist groß. Ganz knapp verhindert die Versammlung einen | |
| Eklat. | |
| Pazifist über Mahnwachenbewegung: „Putins Politik ist reaktiv“ | |
| Für Reiner Braun von der „Kooperation für den Frieden“ geht die neue | |
| Ost-West-Konfrontation von der Nato aus. Auf die Mahnwachen-Bewegung möchte | |
| er zugehen. | |
| Klaus Lederer über die Friedensbewegung: „Das ist ein Offenbarungseid“ | |
| Linkspartei-Reformer Klaus Lederer attackiert Sahra Wagenknecht, weil sie | |
| einen umstrittenen Aufruf unterzeichnet hat. „Ich sehe das mit Gruseln.“ | |
| Kommentar Friedensbewegung: Der irrationale Rest | |
| Das Bündnis, das am 13. Dezember vor Schloss Bellevue demonstrieren will, | |
| ist keine Friedensbewegung. Es ist eine Bewegung gegen den Westen. | |
| Friedensaktivist über Montagsdemos: „Höchst problematisches Spektrum“ | |
| Otmar Steinbicker warnt vor einer Unterwanderung der Friedensbewegung durch | |
| Neurechte und Verschwörungstheoretiker. | |
| Friedensbewegung will sich verjüngen: Gute Nacht, Freunde | |
| Unter den neuen Friedensfreunden sind auch ein paar mit äußerst | |
| fragwürdigem Hintergrund. Kann ein Schulterschluss mit ihnen gelingen? |