| # taz.de -- Anschlag auf Schule in Pakistan: „Ein Weckruf für unsere Nation�… | |
| > 155 Menschen sterben in Peshawar. Die 18-jährige Dua Absar lebt in | |
| > Islamabad und schreibt über Trauer, Terror, Glauben und die Hoffnung auf | |
| > ein besseres Pakistan. | |
| Bild: Schülerinnen in Hyderabad beten für die Opfer des Anschlags. | |
| Zu dieser Jahreszeit wachen Kinder und Jugendliche auf der ganzen Welt zu | |
| den Klängen von „Jingle Bells“ auf. Ihre Eltern rufen ihnen zu, dass sie | |
| sich beeilen müssen, um rechtzeitig fertig zu werden für die Schule. Sie | |
| erwarten leckeren Toast auf dem Frühstückstisch oder schmackhaft | |
| zubereitete Eier. Und wir? Wenn wir jetzt aufwachen in einen neuen Tag, | |
| einen Tag danach hallen in unseren Ohren die Sirenen der Krankenwagen nach. | |
| Die Schreie von Kindern und die Gewehrschüsse, die die Jungen und Mädchen | |
| töteten. Ein Kind nach dem anderen. | |
| Wir sind an Terroranschläge gewöhnt. Aber dieses Mal ist etwas anders. Das | |
| Blutvergießen ging zu weit. Und die Täter haben nicht kapiert, wie sehr | |
| unser Land gelitten hat in den vergangenen Jahren. Und dass wir jetzt an | |
| einem Punkt sind, an dem wir das nicht mehr tolerieren werden. Und dass sie | |
| dafür bezahlen müssen. | |
| Eigentlich hat sich dieser 16. Dezember, dieser Wendepunkt unserer | |
| Geschichte, angefühlt wie ein ganz normaler Dienstagmorgen. Wir hatten | |
| gerade den brutalen Protest in Lahore überstanden, wo auch Journalisten | |
| wieder einmal gedemütigt worden waren. Und dann kamen diese furchtbaren | |
| Nachrichten. Ich war schon zu Hause und meine Mutter und mein kleiner | |
| Bruder kamen gerade nach Hause als wir die Nachricht hörten. Es war | |
| überall, auf jedem Sender. Die schreckliche Situation in den Krankenhäuser, | |
| die die Kinder behandelten. Und wo so viele Kinder starben. Ich war sofort | |
| auf Facebook. Die Anzahl der Nachrichten, die ich dort bekam, wurde immer | |
| größer. Die Menschen drückten den betroffenen Familien ihr Mitgefühl aus. | |
| Meine Freundinnen und ich begannen sofort darüber zu diskutieren, was das | |
| bedeutet. Für unser Land, aber auch für uns. Ich bin mit der Schule fertig | |
| und will bald zur Universität, um wie mein Vater Journalist zu werden. | |
| Damit ich, wenn ich erwachsen bin, die Wahrheit sagen kann. Das will ich | |
| tun. Ich will immer in Pakistan bleiben, um die Wahrheit zu sagen. | |
| ## Mit jedem Opfer weinte meine Mutter mehr | |
| Meine Mutter konnte nicht aufhören zu weinen. Sie musste an all die Mütter | |
| denken, die ihre Kinder in diesem schrecklichen Moment verloren haben. Am | |
| Anfang haben sie gesagt es sind 85 Kinder getötet worden, und es gäbe drei | |
| Verletzte. Es wurden immer mehr. Und mit jeder weiteren Zahl musste meine | |
| Mutter mehr weinen. | |
| Wir blieben den ganzen Tag vor dem Fernsehen sitzen. Hörten von Reportern, | |
| dass die Terroristen gewaltsam in die Schule eingedrungen waren. Und dann | |
| die Kinder gefragt hätten, welche Eltern in der Armee arbeiten würden. Die, | |
| die wegen ihres jungen Alters noch so gutgläubig waren, um ihre Hände zu | |
| heben, wurden sofort in den Kopf geschossen. Wenn die Terroristen nur | |
| kapieren würden, welche Sünde sie begangen haben, sie zerstören die Jugend | |
| dieses Landes, die Zukunft dieses Landes. Diese Terroristen sind keine | |
| Muslime. Sie sind noch nicht einmal Menschen. Kein Mensch mit einem | |
| gesunden Geist kann das Herz haben, so brutal unschuldige Kinder zu | |
| ermorden. | |
| Wenn sie sagen, sie kämpfen im Namen der Religion, tun sie das genaue | |
| Gegenteil. Unsere Religion bedeutet Friede. Und unser Glaube sagt uns, dass | |
| Bildung wichtig ist, für Männer und für Frauen gleichermaßen. Für mich | |
| bedeutet Muslima zu sein alles. Mein Glaube ist nicht nur eine religiöse | |
| Praxis. Es ist meine Identität. Und es ist etwas, wofür ich lebe. Aber um | |
| das ganz klar zu stellen: Wir Muslime wollen wie jeder andere Mensch | |
| Frieden auf der Welt. Und wir dürfen nicht verantwortlich gemacht werden | |
| für diese Terroristen. Diese Leute tun so, als wüssten sie alles. Aber sie | |
| wissen nichts. Sie wissen gar nichts. Sie sind die Menschen mit den | |
| leersten Köpfen auf der ganzen Welt. | |
| ## Gemeinsam als Pakistani denken, Dinge verändern | |
| Aber ich weiß eines ganz genau: Das ist ein Weckruf für unsere ganze | |
| Nation. Eine Nation, die seit so vielen Jahren gefangen ist in politischen | |
| Kämpfen, eine Nation, die einer Gehirnwäsche unterzogen wurde und gezwungen | |
| wurde, Gewalt zu akzeptieren, um die Dinge zu verändern, die verändert | |
| werden müssen. Ich bin davon überzeugt, dass die Menschen jetzt verstehen, | |
| dass sie ihre Unterscheide beiseite legen müssen, und nur noch als | |
| Pakistani denken sollen. | |
| Das depremierenste ist für mich, dass jetzt wieder das Bild entsteht, mein | |
| Land sei so gewalttätig. Das Land, das so viele Töchter und Söhne im Namen | |
| des Terrors verloren hat. Ich habe viele internationale Freunde. Und die | |
| fragen mich, ob bei uns alles okay ist. Ich weiß gar nicht, ob ich froh | |
| oder traurig sein soll. Außerhalb von Pakistan haben die Menschen viel mehr | |
| Angst um meine Sicherheit hier in Islamabad, als hier. Das einzig | |
| Tröstliche für uns ist, dass dieses schreckliche Blutvergießen die Welt | |
| zusammenbringt und es Mitgefühl gibt für das, was wir gerade erleben. | |
| Die Menschen im meinem Land haben gelernt, für ihre Rechte einzustehen. Und | |
| vor allem haben sie gelernt, zusammenzustehen. Statt unserer Gesichter | |
| haben wir auf Facebook jetzt eine schwarze Fläche, um diese neue | |
| Verbundenheit zu zeigen. Wir wollen damit ausdrücken, dass wir | |
| zusammenstehen mit den Menschen aus Peshawer. Und wir wollen alle | |
| ermutigen, die persönlichen und politischen Unterscheide beiseite zu | |
| lassen, und eins zu werden. | |
| Meine Großmutter und mein Großvater haben mir immer die schrecklichen | |
| Geschichten erzählt von 1947, als Pakistan und Indien sich trennten, was | |
| sie alles erlebt haben und dass diese Angst noch immer ein Teil von ihnen | |
| ist. Ich habe das Gefühl, dass ich in 50 Jahren das selbe sagen werde, was | |
| sie immer gesagt haben: „Andere träumen von Erfolg. Wir träumen nur davon, | |
| am Leben zu bleiben.“ | |
| 17 Dec 2014 | |
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