| # taz.de -- Kommentar Proteste gegen Orbán: Ungarns Bevölkerung wehrt sich | |
| > Die Ungarn gehen gegen ihren Premier Viktor Orbán auf die Straße. Dessen | |
| > Glück ist, dass sich die Opposition durch Uneinigkeit ins Aus manövriert | |
| > hat. | |
| Bild: Gegen Orbán, für Europa: Protest vor dem ungarischen Parlament in Budap… | |
| Was sich da in den Straßen von Budapest und anderen ungarischen Städten | |
| tut, ist noch keine Revolution. Aber die Proteste zeigen, dass Ungarns | |
| Bevölkerung sich doch nicht alles gefallen lässt. Der Sozialabbau, der sich | |
| vor allem in den Börsen der Kleinverdiener niederschlägt, gepaart mit | |
| zunehmender Korruption, empört immer mehr Menschen in Viktor Orbáns Reich. | |
| In der Regierung und im Umkreis von Jugendfreunden des Premiers hat sich | |
| eine Goldgräberstimmung breitgemacht. | |
| Durch öffentliche Aufträge, Landumverteilung, Tabakkonzessionen und | |
| undurchschaubare Transaktionen sind einige über Nacht zu Geld gekommen. Zu | |
| viel Geld. Nachdem Orbán durch seine Reformen und erfolgreiche Wahlen seine | |
| Macht auf Jahre zementiert und die Medien an die Kandare genommen hat, | |
| fühlen sie sich sicher und stellen ihre Arroganz zur Schau. Orbán selbst | |
| bekam dafür Hiebe, als er letzte Woche bei einem regierungsfreundlichen | |
| Radiosender live Anrufe von Hörern entgegennahm. Auf Korruptionsvorwürfe | |
| reagierte er zunehmend genervt. | |
| Orbáns Glück ist, dass die politische Opposition sich durch Uneinigkeit | |
| praktisch selbst ausgeschaltet hat. Sie kann aus der Proteststimmung auch | |
| keinen Profit schlagen. Die nächsten Wahlen sind Jahre entfernt. Außerdem | |
| wird die abgewirtschaftete Sozialistische Partei (MSZP) von den meisten | |
| Demonstranten nicht als Machtalternative wahrgenommen. | |
| Die Regierung setzt also darauf, dass sich die Proteste totlaufen, so wie | |
| die Demonstrationen gegen Einschränkungen von Pressefreiheit und | |
| Rechtsstaat recht bald verebbten. Allerdings sind freie Medien den meisten | |
| Menschen egal, solange der Magen gefüllt ist. Aber wenn der Magen knurrt, | |
| dann gehen auch die auf die Straße, die bisher passiv geblieben sind. Dann | |
| werden die nächsten Jahre an der Macht für Orbán doch nicht so gemütlich. | |
| 17 Dec 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Leonhard | |
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