# taz.de -- Integration von Flüchtlingen in den USA: In der Provinz die Zukunf… | |
> Texas ist nicht für immigrationsfreundliche Politik bekannt. Dennoch | |
> nehmen hier sogar Kleinstädte viele Flüchtlinge auf. | |
Bild: „Ich mag es hier“: Hamsah Hussein mit seiner Familie in Abilene, Texa… | |
AMARILLO ap | Saw Lawla hat erst vor kurzem ein neues Thai- und | |
Sushi-Restaurant eröffnet, an einer geschäftigen Straßenecke in Amarillo. | |
Das Speiselokal ist nicht weit von der ausgedehnten Prärie entfernt, die | |
man mit den frühen Tagen der texanischen Rinderzucht verbindet. | |
Es ist gerade mal fünf Jahre her, dass Lawla sein Heimatland Myanmar | |
verließ und sich im Rahmen eines US-Flüchtlingsprogrammes im kalifornischen | |
Los Angeles ansiedelte. Aber das Großstadtleben gefiel ihm nicht, und es | |
zog ihn schließlich 2011 nach Nordtexas. Dort winkte ihm ein Job in einer | |
Fleischfabrik, die Lebenshaltungskosten waren niedriger, und es erwartete | |
ihn eine wachsende Gemeinde von Flüchtlingen aus Myanmar. | |
„Für unsere Menschen ist es der beste Platz“, sagte der 40-Jährige, der d… | |
Restaurant zusammen mit vier anderen Landsleuten besitzt. „Hier können sie | |
eine Zukunft finden.“ | |
Politiker in Texas sind nicht gerade als immigrationsfreundlich bekannt. | |
Aber trotz dieses Rufes war der Staat in den vergangenen vier Jahren | |
Spitzenreiter bei der Aufnahme von Flüchtlingen unter dem Dach des | |
Bundesprogrammes. Und er zieht weiterhin – vor allem dank seiner starken | |
Wirtschaft – viele andere Menschen an, die sich eigenständig hier | |
niederlassen. | |
## Eine dritte Moschee für Moore County | |
Die meisten wohnen in großen Städten, aber Immigranten-Gemeinden blühen und | |
gedeihen auch in entlegeneren Orten wie Amarillo. So wird in Moore County, | |
direkt nördlich der Stadt, bald eine dritte Moschee entstehen für die | |
Somalier. In den Bezirk kommen auch Menschen aus Myanmar, die in einer nahe | |
gelegenen Fabrik arbeiten. | |
Im Zuge des vom US-Außenministerium geleiteten Programmes werden jährlich | |
Zehntausende Flüchtlinge in ungefähr 190 Städten und Gemeinden angesiedelt. | |
So wurde Texas allein zwischen September 2013 und September 2014 für etwa | |
7.200 Menschen aus mehr als 20 Ländern – zumeist dem Irak und Myanmar – zu | |
einem neuen Zuhause. Spitzenreiter war Houston mit fast 2.000 Ansiedlungen, | |
gefolgt von Dallas, Fort Worth, Austin und San Antonio. | |
Kleinere Städte haben den Rest aufgenommen. Dazu zählen neben Amarillo, das | |
allein im Jahr 2010 rund 730 Flüchtlingen eine neue Heimat bot, auch | |
Abilene und Midland. Mittlerweile hat der andauernde Zustrom – jährlich | |
zwischen 400 und mehr als 500 in den vergangenen vier Jahren – bei den | |
Stadtoberen von Amarillo die Sorge ausgelöst, dass die Ressourcen | |
überstrapaziert werden. Eines der größten Probleme ist es, Jüngere in die | |
Schulen zu integrieren. Die Sprachbarrieren sind erheblich. Nach Angaben | |
von Bürgermeister Paul Harpole werden in Amarillo Dutzende verschiedene | |
Sprachen gesprochen. | |
Inzwischen haben für die Ansiedlung zuständigen Behörden entschieden, dass | |
Flüchtlinge nur noch nach Amarillo geschickt werden sollen, wenn sie dort | |
familiäre Bindungen haben. „Wir haben kein Problem damit, sie hierhin | |
kommen zu lassen“, sagt Harpole. „Aber wir wollen in der Lage sein, es | |
richtig zu machen, wenn wir sie hier haben.“ | |
## Sprachkurse, Bildungsprogramme, Tennisunterricht | |
Amarillo hat eine Geschichte als Aufnahmeort für Flüchtlinge: Sie geht auf | |
1975 zurück, als Vietnamesen in der Stadt angesiedelt wurden. Heute kommt | |
die Mehrheit aus Myanmar. Die demografischen Auswirkungen sind begrenzt. | |
Zwar hat sich die Zahl der asiatischen Einwohner seit 2000 von 3.600 auf | |
ungefähr 7.400 mehr als verdoppel, aber sie machen nur 3,8 Prozent der | |
Gesamtbevölkerung Amarillos – knapp 200.000 Menschen – aus. | |
Viel dramatischer sind die Verschiebungen in kleineren Gemeinden wie | |
Cactus, einem 3.000-Seelen-Ort in Moore County. Hier liegt der Anteil der | |
asiatischen Einwohner bei fast 28 Prozent. 2000 war es gerade mal ein | |
Prozent. | |
Weiter südlich, in Abilene mit seinen rund 120.000 Bewohnern, sind in den | |
vergangenen zehn Jahren etwa 2000 Flüchtlinge angesiedelt worden. Die | |
meisten stammen aus dem Kongo, Bhutan und Burundi. Gruppen in der Stadt | |
haben sich gegenseitig mit Hilfsofferten übertroffen: Sie bieten den | |
Neulingen alles Mögliche, von Sprachkursen und anderen Bildungsprogrammen | |
bis hin zum Tennisunterricht. | |
„Es ist einfach ein sehr, sehr einladendes Umfeld“, sagt Susanna Lubanga | |
vom International Rescue Committee, die das Ansiedlungsprogramm in Abilene | |
leitet. Und es geht ruhiger zu als in einer richtigen Großstadt. Der Iraker | |
Hamsah Hussein lebt seit fast einem Jahr mit seiner Frau und vier Kindern | |
in Abilene. Er war früher ein Lehrer und dolmetschte für US-Soldaten | |
während deren Irak-Einsatzes. | |
Jetzt bestückt er abends die Regale in einem großen Supermarkt und lernt | |
tagsüber für seinen Führerschein als kommerzieller Transportfahrer. Er | |
hofft, dass ihm das eines Tages einen Job in der Ölindustrie einträgt. „Ich | |
habe Dallas besucht, aber ich mag es hier“, sagt der 34-Jährige. „Dort gibt | |
es zu viele Menschen, zu viel Lärm.“ | |
8 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Jamie Stengle | |
Betsy Blaney | |
## TAGS | |
Flüchtlinge | |
USA | |
Einwanderung | |
Integration | |
Immigration | |
USA | |
USA | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Einwanderungsgesetz in den USA: Richter stoppt Obamas Reformpläne | |
Präsident Obama wollte per Erlass den Aufenthalt von Millionen Zuwanderern | |
legalisieren. Texas und andere Staaten klagten. Nun gab ihnen ein Gericht | |
recht. | |
Minderjährige Flüchtlinge in den USA: Obama droht mit Abschiebung | |
Tausende Kindermigranten gelangen jährlich in die USA. Präsident Obama | |
erklärt sein Mitgefühl, stellt aber klar, dass sie nicht bleiben können. | |
Jugendmigration in die USA: Die Kinder fliehen aus Angst | |
Die Regierungen Lateinamerikas wollen minderjährige Flüchtlinge mit | |
Werbekampagnen aufhalten. Gegen die Ursachen aber unternehmen sie nichts. |