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# taz.de -- „Darknet“-Ausstellung in der Schweiz: Dieses Kunstwerk ist besc…
> Es war eine besondere Ausstellung: Ein Roboter orderte Dinge aus dem
> Darknet, auch Drogen. Jetzt nahm die Staatsanwaltschaft das Kunstwerk
> mit.
Bild: Wollen ihre Kunst zurück: Domagoj Smoljo und Carmen Weisskopf.
BERLIN taz | Kommt der Staatsanwalt zum Künstler. Sagt der Künstler: „Guten
Tag, was kann ich für Sie tun?“ Sagt der Staatsanwalt: „Guten Tag, Ihr
Kunstwerk ist beschlagnahmt.“
Sie ahnen es schon: Das ist natürlich kein Witz, sondern das, was im
hübschen Örtchen Sankt Gallen in der Schweiz nun passierte. Dort, in den
weiten, weißen Räumen der Kunsthalle hatte das [1][Zürcher Künstlerduo
Bitnik], Carmen Weisskopf und Domagoj Smoljo, eine Ausstellung zum Darknet
kuratiert – und auch ein [2][eigenes Kunstprojekt beigesteuert.]
Ihr Projekt: Ein Bot, also ein von ihnen geschriebenes Computerprogramm,
orderte nach dem Zufallsprinzip Dinge [3][aus dem Darknet] – das ist jener
Bereich im Internet, der von Suchmaschinen nicht auffindbar ist und gern
als Umschlagplatz für alles Mögliche, darunter auch Illegales, genutzt
wird. Im Wochenrhythmus orderte ihr Einkaufsroboter also vollautomatisch
verschiedene Dinge – und bestellte sie ohne Umwege in die Kunstausstellung.
Dort erhielten sie nach und nach Platz in grauen Ausstellungsvitrinen. Mit
dabei: eine Ladung Chesterfield-Zigaretten, eine gefälschte
Louis-Vuitton-Tasche und eine Visa Card Platin. Außerdem: 10
Ecstasy-Pillen, grellgelb mit Twitter-Logo. Warenwert: 50 US-Dollar. Das
war zu viel für die Staatsanwaltschaft Sankt Gallen.
## „Wer ist verantwortlich, wenn ein Roboter autonom handelt?“
Sie beschlagnahmte das Kunstprojekt – und liefert damit nun den Grundstoff
für eine interessante Debatte. Es geht um die Kunstfreiheit und, wie es das
Künstlerduo betont, um die Frage: „Wer ist verantwortlich, wenn ein Roboter
autonom handelt?“ Bitnik fordert nun alle beschlagnahmten Gegenstände
zurück – und hier wird es interessant.
Denn derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft noch gegen unbekannt. Der
Sprecher der Staatsanwaltschaft Sankt Gallen sagte der taz: „Ziel des
Verfahrens ist nicht in erster Linie, jemandem einer Strafe zuzuführen,
sondern vor allem die Drogen aus dem Verkehr zu ziehen.“ Es dürfe nicht
sein, dass die illegalen Substanzen künftig Dritte gefährden, wenn diese in
den Verkehr kämen.
Bitnik dagegen hält die Drogen gar nicht mehr für Drogen – sondern für
einen Kunstgegenstand, der dem gleichen Schutz unterliegen müsse wie
Bilder, Büsten oder andere Kunstobjekte. „Es ist so etwas wie ein Original
– wie ein Bild“, sagte Domagoj Smoljo der taz. „Man kann darf das jetzt
nicht einfach vernichten.“
Die Künstlergruppe beharrt darauf, die derzeit noch versiegelten Drogen
zurückzuerhalten, um sie auch in Folgeausstellungen präsentieren zu können.
Damit allerdings tritt Fall Zwei in Kraft: Wer den Besitz für sich
reklamiert, dürfte auch der Besitzer sein. Und der Besitz von Drogen ist
auch in der Schweiz verboten.
## Staatsanwaltschaft als Teil der Ausstellung
Der Streit dreht sich übrigens nur um die Pillen, weil bei diesen eine
Fremdgefährdung nicht ausgeschlossen werden könne. Im Hinblick auf die
anderen Gegenstände scheint die Staatsanwaltschaft keine Ambitionen zu
haben – sie wurden nur mitbeschlagnahmt, weil die Ausstellung ohnehin schon
komplett verpackt war, zum Abtransport.
Ein schönes Ende ist dies aber allemal für eine Ausstellung, die darauf
ausgelegt war, eine öffentliche Debatte über das Darknet als
anarchistischen Raum zu eröffnen. Bereits vor der Ausstellung hatten die
Kunsthalle und die Mediengruppe Bitnik darüber spekuliert, was wohl
passieren würde, wenn ihr Roboter Drogen bestellt. Dieser Teil der
Performance ist also gelungen. Smoljo sagt: „Die Staatsanwaltschaft wird so
zum Teil dieser Ausstellung. Wir sind sehr offen dafür, die wichtigen
Fragen, was das Darknet bietet und was die Kunstfreiheit darf, auch
juristisch klären zu lassen.“
Ein entscheidendes Detail ist allerdings noch ungeklärt: Ob es sich bei den
Pillen überhaupt um Drogen handelt. Um dies herauszufinden, müsste man sie
zunächst untersuchen – oder mal dran lecken. Beides aber, so viel muss
bedacht sein, könnte natürlich auch ein Eingriff in die Kunstfreiheit sein.
16 Jan 2015
## LINKS
[1] http://wwwwwwwwwwwwwwwwwwwwww.bitnik.org/
[2] /Privatsphaere-im-Internet/!149434/
[3] /Privatsphaere-im-Internet/!149434/
## AUTOREN
Martin Kaul
## TAGS
Schweiß
Ausstellung
Darknet
Nullen und Einsen
Legalisierung
Tor
Silk Road
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