# taz.de -- Mildes Urteil: Angst vor dem Salafisten | |
> Das Amtsgericht Hannover verurteilt den Islamisten Dennis R. zu milden | |
> 150 Euro Geldstrafe auf Bewährung - dabei schüchtert der Radikale selbst | |
> Staatsanwälte ein. | |
Bild: Unproblematisch: Das Verteilen des Korans - hier im April 2012 - interess… | |
HANNOVER taz | Für einen Prozess um 900 Euro war der Medienrummel gewaltig. | |
Schon am Eingang des Amtsgerichts in Hannover warteten am Donnerstag | |
Kameraleute, Fotografen und Journalisten. Der angeklagte Salafist Dennis | |
R., Vorsitzender der Islamisten-Truppe „Schlüssel zum Paradies“, sorgte | |
auch im Gericht für eine erhöhte Sicherheitsstufe – im Treppenhaus, auf den | |
Gängen und im Gerichtssaal selbst tummelten sich Polizisten und | |
Justizvollzugsbeamte. | |
Dabei musste sich der 26-Jährige nur wegen einer Petitesse verantworten: | |
Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, gegen das Jugendschutzgesetz verstoßen | |
zu haben. Denn an einem Stand mitten in Hannover, für den der Arbeitslose | |
verantwortlich zeichnete, lag Ende März 2014 das Pamphlet „Botschaft des | |
Islam“ aus. | |
Der Autor Abdul Rahman al-Sheha, den Verfassungsschutzbehörden als | |
„islamistischen Extremisten“ charakterisieren, skizziert darin vor allem | |
die Gesetzgebung des orthodoxen Islams, die Scharia. Strafe für Diebstahl | |
sei „das Abtrennen der Hand“, EhebrecherInnen drohe die Steinigung, so der | |
Inhalt. | |
Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien hat die Broschüre deshalb | |
auf ihren Index gesetzt – und so dafür gesorgt, dass sich der verschüchtert | |
wirkende Salafist R. nun vor Gericht wiederfand: Er hätte dafür sorgen | |
müssen, dass die „Botschaft“ Jugendlichen nicht zugänglich sein dürfe, | |
hatte die Staatsanwaltschaft argumentiert – und dem gebürtigen | |
Salzgitteraner einen Strafbefehl über 900 Euro ins Haus geschickt. | |
Der aber wollte nicht zahlen: Juristisch vertreten wurde Dennis R. von | |
Rechtsanwalt Hans-Eberhard Schulz. Sein Mandant habe gar nicht gewusst, | |
dass die Broschüre indiziert sei, argumentierte der aus Berlin eingeflogene | |
Jurist – und hilfsweise: Dennis R. sei gar nicht an dem von ihm | |
angemeldeten Stand gewesen, sondern „50 Meter entfernt“. Denn dort, auf dem | |
„Kröpcke“-Platz mitten in Hannovers Fußgängerzone, waren Islamisten rund… | |
den islamistischen Prediger Pierre Vogel aufgezogen. Und wie andere | |
Islamisten zog es auch Dennis R. zu seinem Idol. | |
Thema der Amtsgerichtsverhandlung war der Aufmarsch der Islamisten aber | |
nicht: Zwar wird die rund 400 Köpfe zählende niedersächsische | |
Salafistenszene vom Verfassungsschutz beobachtet – für ein Verbot etwa des | |
Vereins „Schlüssel zum Paradies“ reichte es bisher aber nicht. | |
Dennis R. habe sich einer „Kriminalität im untersten Bereich“ schuldig | |
gemacht, fand deshalb auch Amtsrichter Jörn Thyen – und erteilte nur eine | |
milde „Verwarnung mit Strafvorbehalt“: 150 Euro muss der Angeklagte zahlen, | |
wenn er innerhalb der nächsten zwei Jahre noch einmal straffällig wird. | |
Angst verbreitete er trotzdem: Vertreter der Staatsanwaltschaft wollten | |
gegenüber der Presse nicht einmal ihre Namen nennen – wegen der | |
„Gefährdungslage“. | |
22 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
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