Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar Karneval & „Charlie Hebdo“: Mehr Wagen wagen
> Das Kölner Karneval-Festkomitee hat einen Wagen zu „Charlie Hebdo“
> verboten – weil Bürger in Sorge sind. Aber was sind diese Sorgen
> eigentlich?
Bild: Aber sinn wir nisch all en bisschen Scharlie Ebdo?
Wo fängt sie an, die Zensur im Kopf? Wann geben wir uns geschlagen von der
stärksten Waffe, die Terroristen haben: der Angst? Und wie finden wir
Räume, darüber zu diskutieren, ohne gleich politisches Kapital daraus
schlagen zu wollen?
Die Entscheidung des Kölner Karneval-Festkomitees, einen Wagen zu Charlie
Hebdo aus dem Programm zu nehmen, ist Anlass genug, weiter darüber
nachzudenken. Man wolle die Sorgen der BürgerInnen ernst nehmen, so die
Begründung seitens des Komitees.
Was sind diese Sorgen? Die Angst, dass Terroristen sich von diesem braven
Pietisten-Witz provozieren lassen und deshalb zielgerichtet einen Anschlag
auf die Jecken verüben? Schwer vorstellbar. Oder ist es eher die Sorge,
dass ein massives Polizeiaufgebot, mit dem die Ordnungshüter auf einen
solchen Wagen reagieren könnten, das muntere Treiben trübt? Das scheint
wahrscheinlicher. Und würde auch besser zur Tradition des Kölner
Unternehmens Karneval passen, das immer mal wieder Wagen zurückgezogen hat,
um das Milliongeschäft Karneval nicht zu gefährden.
Es ist viel geschrieben und noch mehr gesagt worden seit den Anschlägen auf
das Pariser Satire-Magazin Charlie Hebdo, dazu, wie wichtig die innere
Pressefreiheit sei. Stimmt. Aber mindestens so wichtig ist es, den
Mechanismus zu erkennen, der hinter der Spirale der Angst steht. Nur so
kann man sie durchbrechen. Der Umgang der USA mit den Terroranschlägen vom
11. September 2001 lehrt uns, was es bedeutet, wenn man sich dem Irrglauben
hingibt, man könne die Freiheit eines Landes durch den Ausbau der
Staatsmacht bewahren.
Die Zerstörung der Privatsphäre oder die furchtbaren CIA-Foltermethoden
belegen, wohin es führt, wenn man ein Land in einen permanenten
Terror-Alarm versetzt, und die Menschen in einen dauerhaften Angstzustand.
Hierin liegt die wahre Gefahr.
Die Kölner können mit ihrem Karneval natürlich machen, was sie wollen. Der
Staat darf das nicht. Und diesbezüglich gibt es in der Tat allen Grund zur
Besorgnis. Nicht nur, weil die Überwachung ein großes Geschäft ist. Sondern
weil ein Bürger nur wirklich frei und mündig ist, wenn er vor den
Übergriffen des Staates geschützt wird.
Hier gibt es keinen falschverstandenen Spaß. Diesbezüglich gibt es nur die
Menschenrechte. Und immer wieder die Frage, wozu es massive
Sicherheitsvorkehrungen gibt. Ob es die wirkliche Bedrohungslage ist, die
sie notwendig macht, oder nicht doch vielmehr das Geschäft mit der Angst.
29 Jan 2015
## AUTOREN
Ines Pohl
## TAGS
Zensur
Karneval
Charlie Hebdo
Schwerpunkt Myanmar
Terrorismus
Charlie Hebdo
Protest
Terroranschlag
Charlie Hebdo
Charlie Hebdo
Freiheit
Charlie Hebdo
## ARTIKEL ZUM THEMA
Pressefreiheit in Birma: Die Sicherheit des roten Strichs
Vor drei Jahren wurde die Pressezensur in Birma abgeschafft. Aber viele
Journalisten im Land sind von der neuen Freiheit überfordert.
Terrordrohung in Braunschweig: Karnevalszug fällt aus
Wegen angeblicher Terrorgefahr wird die Braunschweiger Narrenparade
„Schoduvel“ abgesagt. Andere Umzüge sind nicht konkret gefährdet.
Geheime Vorbereitungen für Karneval: Die Freiheit der Narren
In Düsseldorf hauen die Jecken besonders gerne drauf. Auch nach dem
Anschlag auf „Carlie Hebdo“? Vorab gibt es keine Infos über die
Karnevalswagen.
Protest gegen „Charlie Hebdo“: „Beleidigen ist nicht Freiheit“
In London haben Tausende gegen die „Charlie Hebdo“-Karikaturen demonstiert.
Sie argumentieren mit den „Normen der zivilisierten Gesellschaft“.
Neue Ausgabe am 25. Februar: „Charlie Hebdo“ bald wieder da
Das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ erscheint nach sechswöchiger Pause am 25.
Februar wieder. Noch sind die Mitarbeiter zu erschöpft.
Kölner Karneval in der Kritik: Da lächelt der Prophet
Der organisierte Karnevalsumzug passt sich in seiner Biederkeit seit jeher
politischen Verhältnissen an. Man gibt sich kritisch, ohne Kritik zu üben.
Karnevals-Wagen in Köln verboten: Karneval ist nicht „Charlie Hebdo“
Das Festkomitee des Kölner Karnevals hat einen Wagen mit dem Motiv der
Satirezeitschrift verboten. Es störe die „leichte Art des Karnevals“. Nun
hagelt es Kritik.
Schlagloch Sicherheit: Freiheit und Handschellen
Die Hysterie nach dem Anschlag auf „Charlie Hebdo“ war unerträglich. Der
Terror in Nordnigeria bleibt dagegen ohne Folgen.
Debatte Religion und Terrorismus: Die rechristianisierte Republik
Der Koran hat mit dem islamistischen Terror so viel zu tun wie die Bibel
mit Auschwitz. Die Quelle der Gewalt liegt in den realen Verhältnissen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.