# taz.de -- Karneval der Kulturen: Sie tanzen nur einen Sommer | |
> Der Senat will die Forderungen der Karnevalsgruppen erfüllen. Damit ist | |
> die Veranstaltung für dieses Jahr gesichert. Wie es danach weitergeht, | |
> bleibt offen | |
Bild: Trommeln und Sonne im letzten Jahr beim Karneval | |
Berlin, die Stadt der guten Laune? Ein nicht gerade geläufiges Bild. Doch | |
für Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) ist gute Laune – neben dem | |
vielbeschworenen Dreiergespann Vielfalt, Weltoffenheit und Toleranz – „das, | |
wofür Berlin und der Karneval der Kulturen stehen“. Gut gelaunt also | |
verkündet die Senatorin am Donnerstagvormittag, dass in den Verhandlungen | |
zwischen den Karnevalsgruppen und dem Senat eine Einigung erzielt worden | |
ist: Der Karneval der Kulturen 2015 ist gerettet. „Ich freue mich wirklich | |
sehr darüber, dass der Karneval in diesem Jahr wie gewohnt stattfinden | |
wird“, so die Senatorin. | |
Monatelang hatte die Großveranstaltung auf der Kippe gestanden: Die Gruppen | |
hatten dem Senat einen Forderungskatalog vorgelegt, in dem sie unter | |
anderem Lagerräume für Kostüme und Requisiten, ein finanziertes | |
Sicherheitskonzept und eine ausreichende Wasserversorgung der teilnehmenden | |
Künstler während des Umzugs gefordert hatten. Der Senat wiederum hatte im | |
Dezember dem bisherigen Träger, der Werkstatt der Kulturen, die | |
Zusammenarbeit wegen Mängeln im Sicherheitskonzept gekündigt. „Die | |
Anspannung in den letzten Wochen war sehr hoch“, sagt Perry Ottmüller von | |
der Gruppe ReggaeInBerlin. „Deswegen sind wir froh, jetzt so ein gutes | |
Ergebnis erzielt zu haben.“ | |
Zum Schluss hatten die Gruppen dem Senat eine Frist gesetzt: Sollte es bis | |
zum 4. Februar keine Zusicherung der Erfüllung ihrer Forderung geben, werde | |
der Karneval nicht stattfinden. Das ist abgewendet, denn die Knackpunkte | |
sind nun geklärt: Der Senat wird zusätzlich zur üblichen Basisfinanzierung | |
auch ein überarbeitetes Sicherheitskonzept bezahlen – 300.000 Euro sind | |
bisher dafür veranschlagt. Auch Räumlichkeiten und bessere Verpflegung sind | |
zugesichert. Die Trägerschaft übernimmt die Landesgesellschaft | |
Kulturprojekte Berlin, die bereits andere Großveranstaltungen wie etwa die | |
Feierlichkeiten zum Mauerfalljubiläum oder die „Lange Nacht der Museen“ | |
organisierte. Leiterin des Karnevalsbüros wird Nadja Mau, die bereits von | |
2004 bis 2012 für den bisherigen Träger, die Werkstatt der Kulturen, diesen | |
Posten innehatte. | |
In Trägerschaft einer Landesgesellschaft ist der Karneval nun auch | |
offiziell das, wofür er gefühlt schon lange steht: ein Aushängeschild der | |
Stadt. Die künstlerische Freiheit der teilnehmenden Gruppen und der | |
Karnevalsleitung werde davon jedoch nicht beeinflusst, so Senatorin Kolat: | |
„Der Senat wird nicht über die Gruppen hinweg entscheiden.“ Auch Torsten | |
Wöhlert von Kulturprojekte Berlin betont, man werde „als Dienstleister im | |
Hintergrund bleiben“ und habe außerdem bereits Erfahrung mit der | |
Durchführung künstlerisch unabhängiger Projekte, etwa der Transmediale. | |
„Die Lösung ist ein Erfolg der Karnevalsgruppen, die sich von der Ignoranz | |
des Senats nicht haben abschrecken lassen“, sagt Susanna Kahlefeld (Grüne), | |
die sich schon häufig für den Karneval einsetzte. Für sie ist es eine | |
Lösung in letzter Minute: „Die Karnevalsgruppen mussten erst ihren Ausstieg | |
ankündigen, bis plötzlich möglich war, was jahrelang mit vorgeschobenen | |
Gründen abgelehnt wurde.“ | |
Straßenfest und Umzug, Samba und Caipirinha: Der Karneval 2015 wird so | |
stattfinden wie immer – ab dem nächsten Jahr könnte er jedoch auch ganz | |
anders aussehen. Denn nach dem diesjährigen Termin soll ein „Konzeptdialog“ | |
zwischen den beteiligten Gruppen und dem Senat beginnen, der von einer | |
externen Person moderiert werden soll. „Es gibt einen Konsens, dass der | |
Karneval der Kulturen weitergehen soll – aber in welcher Form, das wollen | |
wir dort besprechen“, sagt Kolat. Auch für Kathrin Hensse von der Gruppe | |
Sapucaiu no Samba, die den Umzug in den vergangen Jahren anführte, ist die | |
Zukunft des Karnevals offen: „Der Ort, die teilnehmenden Gruppen, das | |
inhaltliche Konzept – all das ist noch unklar und muss gemeinsam besprochen | |
werden“, sagt sie. Ob der Karneval auch 2016 für gute Laune sorgen wird, | |
ist also noch offen. | |
5 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Malene Gürgen | |
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