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# taz.de -- Mieterprotest in Reinickendorf: Bibelsprüche und böses Blut
> In der BVV Reinickendorf wird ums Schicksal der privatisierten Siedlung
> Am Steinberg gekämpft.
Bild: Dezent in der Form, entschlossen im Inhalt: Mieterprotest in der Siedlung…
Wer die Debatten im Abgeordnetenhaus langweilig findet, sollte mal in eine
Bezirksverordnetenversammlung gehen. Ab und zu schlagen die Wogen dort
besonders hoch, zumal die Probleme direkt vor der Tür liegen.
In der BVV Reinickendorf haben am Mittwochabend 30 BürgerInnen die
stundenlange Sitzung geduldig verfolgt, bis ihr Thema zur Sprache kommt:
ihre drohende Vertreibung aus der Tegeler Siedlung Am Steinberg. Der
aktuelle Eigentümer will die Häuser der um 1920 erbauten Anlage
luxussanieren und an privat weiterverkaufen.
Seit Anfang 2014 rebellieren die Bewohner gegen überzogene
Modernisierungsankündigungen und andere Schikanen, sie organisieren
Mahnwachen und haben fast 4.000 Unterschriften gesammelt. Zerschnitten ist
das Tischtuch auch mit dem Bezirksamt in Person von Baustadtrat Martin
Lambert (CDU).
Die BVV verhandelt einen Antrag der SPD: Lambert soll erklären, wieso er
eine Umstrukturierungsverordnung – ein Instrument des Baurechts zum Schutz
städtebaulicher Ensembles – für die Siedlung ablehnt. Hat sich doch die BVV
Ende 2014 einstimmig dafür ausgesprochen. Lambert verweist auf die
Expertise der bezirklichen Rechtsabteilung: Geht nicht. Aber man habe ja
die Mieterberatung Prenzlauer Berg ins Boot geholt, um einen Sozialplan zu
erarbeiten.
Davon halten die Mieter wenig. Ihnen ist klar: Wenn der Bezirk sich nicht
dazwischenwirft, müssen sie raus – bis hin zur 94-Jährigen, die fast ihr
ganzes Leben in einem der kleinen Häuschen verbracht hat. Häuschen, die
lange der landeseigenen GSW gehörten, die nicht sanierte, aber die Siedlung
nach ihrer eigenen Privatisierung versilberte.
Einem der Mieter hat man etwas Redezeit eingeräumt, er zitiert aus der
Bibel: „Ihr sollt im Gericht nicht die Person ansehen, den Kleinen wie den
Großen sollt ihr hören.“ Für die Mieter werden aber nur die Großen gehör…
die mit dem Geld. Der Vorwurf macht die CDU wild. Ihr Fraktionschef Stephan
Schmidt lässt eine Tirade gegen die Mieter los: Die böten ein
„Kasperletheater“, ihre Vorwürfe seien „unter Niveau“, die CDU hätten…
definitiv nicht an ihrer Seite.
Eine ganze Stunde geht es hin und her – am Ende bleibt als Stimme der
Vernunft die von Hinrich Westerkamp. Der Grüne präsentiert ein Gutachten,
nach dem das schon früher verworfene Instrument der Milieuschutzsatzung
doch gangbar sein soll. Das Bezirksamt will das prüfen – ein weiterer
Strohhalm für die Mieter.
12 Feb 2015
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Mietenbewegung
Reinickendorf
Gentrifizierung
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