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# taz.de -- Theologische Freiheit für fundamentalistischen Pastor: Viele Worte…
> Die Bremische Evangelische Kirche wird kein Disziplinarverfahren gegen
> Martini-Pastor Olaf Latzel einleiten.
Bild: Edda Bosse und Renke Brahms (BEK) wollen theologische statt juristische A…
BREMEN taz | Die Bremische Evangelische Kirche (BEK) wird kein
Disziplinarverfahren gegen den St.-Martini-Pastor Olaf Latzel einleiten.
Das hat der Kirchenausschuss einstimmig beschlossen. Er halte, heißt es in
seiner Begründung, ein solches Verfahren für „keinen geeigneten“ und auch
für keinen „juristisch möglichen Weg“. Gleichwohl distanziert er sich
deutlich von Latzel.
Der hatte in einer Predigt am 18. Januar das islamische Zuckerfest als
„Blödsinn“, die katholische Lehre als „großen Mist“ und deren Reliqui…
„Dreck“ bezeichnet. Gott sage zu all dem: „Umhauen, verbrennen, hacken,
Schnitte ziehen!“ Der Islam, sagt er überdies, gehöre nicht zu Deutschland.
Latzels Predigt, heißt es in der Erklärung des Kirchenausschusses, ließen
„nicht den Auftrag erkennen, ’die Botschaft von der freien Gnade Gottes
auszurichten an alles Volk‘ (6. These der Barmer Theologischen Erklärung).
Vielmehr ist sie von einer gewaltsamen und polarisierenden Sprache
geprägt“. Angesichts der Anschläge von Paris sowie der
Pegida-Demonstrationen lasse „der Prediger die ihm gebotene Verantwortung
für sein Reden vermissen“.
Trotzdem: „Unterschiedliche Auffassungen in der Bremischen Evangelischen
Kirche sind im theologischen Gespräch zu diskutieren“ – nicht in Form von
Disziplinarmaßnahmen. Die wurden auch aus den eigenen Reihen gefordert:
„Viele Mitarbeiter haben gesagt: Jetzt reicht’s“, sagte der leitende
BEK-Theologe Renke Brahms, als er gemeinsam mit
Kirchenausschuss-Präsidentin Edda Bosse die Entscheidung präsentierte. Die
bestätigte, dass es „unter Mitarbeitenden und Gemeinden eine gewisse
Enttäuschung und Frustration gibt, da deren Arbeit durch Herrn Latzel in
weiten Teilen beschädigt wird“.
Der Gesamtausschuss der Mitarbeitervertretungen der BEK sowie deren
Fachausschuss der arbeitsrechtlichen Kommission haben Ende Januar in einer
gemeinsamen Resolution mit dem deutlichen Titel „Resolution für eine
Vielfalt der Religionen und gegen Hassprediger“ Brahms und Bosse
aufgefordert, disziplinarische Schritte einzuleiten. „Neben den
Mitarbeitervertretern haben in einigen Einrichtungen sogar alle Mitarbeiter
einzeln unterschrieben“, berichtet Christian Gloede vom Fachausschuss. Der
ablehnende Rücklauf der insgesamt 1.500 BEK-Angestellten auf die Resolution
habe sich „im einstelligen Bereich“ bewegt.
Obwohl Gloede nicht glücklich über die Entscheidung des Kirchenausschusses
ist, glaubt er, dass es in der BEK Veränderungen geben wird: „Wir haben
ganz sicher den Prozess angeregt, über ein paar wichtige Fragen in der
Verfassung der BEK zu diskutieren.“ Damit meint er die dort traditionell
sehr hoch gehaltene theologische Freiheit und die Gemeindeautonomie: „Die
Frage muss gestellt werden, wie man beides in der heutigen Zeit definieren
sollte – und die Debatte sollte vor dem Hintergrund der Verfassung
stattfinden, denn ich glaube schon, dass sie da einen gewissen Spielraum
bietet. Sollte das nicht so sein, muss sie gegebenenfalls geändert werden“,
sagt Gloede.
Das steht für den Ausschuss freilich nicht zur Debatte – aber „Spielraum“
sieht Johann Daniel Noltenius, Leiter der Kirchenkanzlei der BEK, auch
nicht: „Die Grenze ist das Strafrecht – und hier prüft zurzeit die
Staatsanwaltschaft.“ Gegen Latzel, dem neben seiner Hasspredigt vorgeworfen
wird, in einer Kita den Kindern eingebläut zu haben, Abtreibung sei Mord
und dem außerdem die Aussage zur Last gelegt wird, Abtreibung sei schlimmer
als die Ermordung der Juden in der NS-Zeit, läuft eine
staatsanwaltschaftliche Vorprüfung wegen Volksverhetzung und Beleidigung
anderer Religionsgemeinschaften. Strafrechtlich relevante Vorwürfe
bestreitet Latzel allerdings – übrig bleiben werden höchstwahrscheinlich
Aussagen, die unter die Religionsfreiheit fallen.
Aus der BEK-Verfassung, so der Ausschuss, wachse „eine große theologische
Verantwortung der Gemeinden“, die bestärkt werden sollten, „Fragen des
christlichen Glaubens in einer multireligiösen Welt, des evangelischen
Schriftverständnisses der Bibel und der evangelischen Predigt intensiv zu
diskutieren.“
„Die öffentliche Diskussion um Herrn Latzel hat uns angeregt zu sehen, wie
hoch Wort und Wortung stehen“, sagte Edda Bosse. Und um zu erkennen, so
Brahms, an welchen Stellen „die breite theologische Diskussion geführt
werden soll“, sei nun eine Reihe von Veranstaltungen geplant. Die
Diskussion angestoßen hat die BEK bereits: In der aktuellen Ausgabe ihres
Magazins „BEK Forum“ beziehen zehn TheologieprofessorInnen aus ganz
Deutschland Stellung zu Latzels Predigt – und verurteilen sie einhellig.
13 Feb 2015
## AUTOREN
Simone Schnase
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