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# taz.de -- Kein Dialog mit Muslimen: Religionsfrieden recht einseitig
> Erstmals traf sich nach eineinhalb Jahren Pause wieder das Berliner
> Islamforum. Der Senat blieb der Runde allerdings fern – das sorgte für
> Entsetzen.
Bild: Moschee in Berlin
Nach über eineinhalbjähriger Pause hat sich das Berliner Islamforum am
vergangenen Donnerstag wieder getroffen. Die Unterbrechung war dem Rückzug
der muslimischen TeilnehmerInnen aus der 2005 auf Senatsebene gegründeten
Dialogrunde geschuldet. Sie waren entsetzt darüber, dass Justizsenator
Thomas Heilmann (CDU) ein Projekt zur muslimischen Gefangenenseelsorge
gekippt hatte – aufgrund von nicht näher erklärten Bedenken des
Verfassungsschutzes gegenüber einzelnen Beteiligten. Das Projekt war 2011
von der damals SPD-geführten Justizverwaltung selbst angestoßen worden. Die
Ausbildung der 30 SeelsorgerInnen wurde vom Land finanziell unterstützt.
Dieser Zwist scheint beigelegt: Statt mit der „Arbeitsgemeinschaft
muslimische Gefangenenseelsorge“, der Mitglieder verschiedener islamischer
Vereine angehörten, gegen die der Verfassungsschutz teilweise Einwände
hatte, will der Senator die Seelsorge jetzt mithilfe eines „Beirats für
religiöse Betreuung muslimischer Gefangener“ verbessern. Dem sollen auch
Vertreter von Haftanstalten und Senat angehören. Der Beirat hat keine
Mitspracherechte, sondern nur Beratungsfunktion. Ziel ist nicht mehr die
Einführung neuer SeelsorgerInnen, sondern bisherige Angebote „in eine
strukturiertere Form zu bringen“.
Bisher werden den etwa 20 Prozent Muslimen unter den rund 5.000 Häftlingen
nur islamische Gesprächskreise und in der Justizvollzugsanstalt Tegel alle
zwei Wochen ein Freitagsgottesdienst angeboten.
## Keine Seelsorge
Während christliche Häftlinge von insgesamt 17 SeelsorgerInnen betreut
werden, gibt es für Muslime keine individuelle Seelsorge. Das
Strafvollzugsgesetz verpflichtet Haftanstalten, ihren Insassen religiöse
Seelsorge und Teilnahme an Gottesdiensten zu ermöglichen.
Man werde das Angebot des Justizsenators akzeptieren, an dem Beirat
teilzunehmen, sagte Imran Sagir, Mitglied des Islamforums und Sprecher der
„AG muslimische Gefangenenseelsorge“, der taz. Inhaltlich wolle er sich zu
Heilmanns Vorschlag aber erst nach dem ersten Treffen des Beirats äußern.
Das soll am 19. Februar stattfinden.
Das erste Treffen des Islamforums nach eineinhalb Jahren bezeichnete Sagir
als „Neuanfang“. Es sei „nichts beschlossen, aber über wichtige Themen
geredet worden“: etwa über einen Staatsvertrag zwischen dem Senat und
Berlins Muslimen, der diesen mehr Rechte und Akzeptanz als
Religionsgemeinschaft verschaffen würde. Sagir äußerte sich dazu trotz der
jüngsten Zwistigkeiten mit dem Senat optimistisch: „Das wird nicht schnell
gehen, aber es ist machbar.“
Kritisch nahmen muslimische TeilnehmerInnen des Islamforums auf, dass
Innensenator Frank Henkel (CDU) und seine Verwaltung am Donnerstagabend
nicht erschienen waren. Ihrer Bitte um ein Gespräch mit Henkel als für den
Verfassungsschutz zuständigen Senator sei bislang „mit der Begründung, der
Senator habe keine Zeit“, nicht entsprochen worden, heißt es dazu in einer
Pressemitteilung verschiedener islamischer Organisationen. Dabei sei der
„direkte und offene Austausch für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit im
Islamforum wie auch in vielen anderen Bereichen des öffentlichen Lebens“
notwendig zur „Wiederherstellung eines Mindestmaßes an gegenseitigem
Vertrauen“. Auch von anderen Senatsverwaltungen nahm abgesehen von der
Senatsintegrationsbeauftragten Monika Lüke niemand an dem Treffen am
Donnerstag teil.
Dabei gehören dem Forum eigentlich neben SprecherInnen muslimischer
Organisationen Vertreter von Senats- und Bezirksverwaltungen, der Polizei
und des Verfassungsschutzes an. Die vor zehn Jahren vom damaligen
Senatsintegrationsbeauftragten Günter Piening gegründete Gesprächsrunde
soll vertrauensbildend und dialogfördernd wirken. Die EU-Kommission lobte
das Forum damals als „vorbildliche Praxis“ für einen „ernsthaften Dialog…
15 Feb 2015
## AUTOREN
Alke Wierth
## TAGS
Muslime
Staatsvertrag
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