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# taz.de -- Bonner Bauskandal: Der Investor, der keiner war
> Beim Bau des Bonner Konferenzzentrums kam es zum Millionenbetrug. Die
> städtischen Projektleiter stehen deshalb seit Dienstag vor Gericht.
Bild: Ein teures Luftschloss: das World Conference Center in Bonn.
BONN taz | Weil der Prozess mit Verzögerung beginnt, steht Eva-Maria
Zwiebler fast eine Dreiviertelstunde vor ihrem Stuhl. Die seit Langem
krankgeschriebene Bonner Bürgeramtsleiterin wirkt sichtlich angeschlagen –
anders als der frühere Bonner Stadtdirektor Arno Hübner, der sich fast
sofort auf die Anklagebank gesetzt hat. Beide haben im Zuge des teuren
Desasters um den Bau des World Conference Centers Bonn (WCCB) ihre
Reputation verloren. Möglicherweise kommt es aber noch schlimmer. Am
Dienstag hat vor dem Landgericht Bonn gegen sie ein Strafprozess begonnen,
beide sind dort unter anderem wegen schweren Betrugs angeklagt.
Es geht um den wohl bizarrsten Bauskandal der Bundesrepublik. Nachdem sie
ihren Status Bundeshauptstadt verloren hatte, befand sich Bonn in einer
Identitätskrise. Die Idee der Lokalpolitiker: Bonn wird UN-Stadt. Dafür
brauchte es ein großes Kongresszentrum, in dem Tausende Teilnehmer tagen
können. 2003 beschloss der Stadtrat den Umbau früherer Bundestags- und
Bundesratsgebäude zu einem Kongresszentrums samt Hotel. Hübner und Zwiebler
leiteten die Projektgruppe.
140 Millionen Euro sollte das Projekt kosten – die klamme Stadt nichts. Das
Land NRW stellt 37 Millionen Euro Förderung in Aussicht. Die Sparkasse
Köln-Bonn ist bereit, 104 Millionen Euro an Krediten zu geben. Doch die
Suche nach einem Investor bleibt erfolglos. Da taucht der Südkoreaner
Man-Ki Kim auf. Er erklärt, er wolle 40 Millionen Euro in das Projekt
stecken. Ein „Glücksfall für Bonn“ sei Man-Ki Kim, freut sich die damalige
Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann (SPD) bei der Vertragsunterzeichnung.
Doch Man-Ki Kim hat – anders, als er behauptet – gar kein Geld, sondern nur
eine Firma namens SMI Hyundai Corporation. In den Ohren der Bonner klingt
das wohl so ähnlich wie der Namen des internationalen Autokonzerns. Die
städtischen Beamten klären die Verwechslung nicht auf. So ergründet
niemand, was SMI bedeutet. Es steht für „Susie, Mimie and I“ – Kims Frau,
seine Tochter und ihn selbst.
## Stadt bürgt für Investor
Als der Investor die geforderten Sicherheiten nicht vorzeigen kann, hält
ihn die Sparkasse nicht für kreditwürdig. Das erfährt der Stadtrat aber
nicht. Um das Projekt nicht zu gefährden, bürgt die Stadt für den Investor
– zunächst über 74 Millionen Euro, später über 104 Millionen Euro. Laut
Staatsanwaltschaft soll Hübner eigenmächtig eine Vereinbarung zwischen
Stadt und Sparkasse geändert haben. Weil die Bezirksregierung eine
Bürgschaft nicht genehmigen würde, wird die Sache „Nebenabrede“ genannt.
Kim fliegt 2009 auf, als eine Firma ihn wegen millionenhoher Ausstände
verklagt, und wird 2013 zu einer Gefängnisstrafe von sechseinhalb Jahren
Haft verurteilt. Die Baukosten für das WSSB sind unterdessen auf mehr als
200 Millionen Euro gestiegen. Auch als den Angeklagten längst klar gewesen
sein musste, dass der Investor keiner war, machten sie gegenüber der
Bezirksregierung falsche Angaben, um Fördergelder lockerzumachen, werfen
ihnen die Staatsanwälte vor. Die Angeklagten bestreiten das. Hübner will
sich in dem Verfahren selbst äußern.
Spannend dürfte werden, was er über seine ehemalige Chefin zu berichten
hat. Denn viele in Bonn halten die beiden Angeklagten für bloße
Bauernopfer. Dieckmann – deren Mann lange SPD-Justizminister in NRW war –
hat 2009 nicht erneut kandiert und ist heute Präsidentin der
Welthungerhilfe. Die Ermittlungen gegen sie hat die Staatsanwaltschaft
eingestellt. Nicht einmal ein Disziplinarverfahren hat die SPD-geführte
Bezirksregierung Köln gegen sie eingeleitet, obwohl der Bonner Stadtrat das
gefordert hatte.
24 Feb 2015
## AUTOREN
Anja Krüger
## TAGS
Betrug
Prozess
Bauskandal
Bonn
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Stuttgart
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