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# taz.de -- Frühlingsanfang und Floristik: „Ich verkaufe ein Lebensgefühl“
> In Charlottenburg schauen Blumenkäufer auf Haltbarkeit, in Kreuzberg sind
> die Sträuße nicht so üppig: Floristin Beate Pabst über Blumenkäufer.
Bild: Bitte nicht pflücken: Die ersten Krokusse sind da!
taz: Frau Pabst, am Sonntag ist Frühlingsbeginn, jedenfalls für die
Meteorologen. Wenn ich den Kollegen einen Frühlingsstrauß mitbringen
wollte, was würden Sie mir da empfehlen?
Beate Pabst: Im Moment läuft Farbe sehr gut. Kräftige, auch schräge Töne.
Schräg heißt …
… zum Beispiel Pink mit Orange, auch mal ein Rot dazwischen. Vor zehn
Jahren hätte man so was gar nicht gemacht.
Es gibt also auch bei Blumen Trends und Moden? Sie merken schon, ich habe
keine Ahnung.
Absolut. Dieses Jahr ist der Trend sehr bunt. Wir merken das auch daran,
dass die Leute gerade als Erstes in der Ecke gucken, wo wir die Wand in
dieser leuchtenden Neonfarbe gestrichen haben.
Müssen Sie auch mal etwas zusammenstellen, das Ihnen in den Augen wehtut?
Es gibt immer Leute, die, na ja, eigenwillige Kombinationen wünschen. Da
versucht man dann, ein bisschen gegenzusteuern, man hat ja gestalterische
Fähigkeiten. Aber wenn sie es trotzdem unbedingt wollen, kriegen sie es
natürlich auch.
Was verkauft eine Floristin eigentlich? Schönheit? Natur?
Ich würde sagen, ein Lebensgefühl. Blumen sind ein Luxusartikel, den sich
aber noch viele gönnen. So, wie in jeder Wohnung ein Buch stehen sollte,
sollte da auch eine Blume stehen.
Gerade hatten Sie eine Kundin am Stand. Was haben Sie für sie
zusammengestellt?
Das waren Schneeball, französische Tulpen, Frühlingszweige, Ranunkel und
Iris. Die Iris passte gut von der Farbe, von der Sache her vielleicht
weniger, die ist eher eine Sommerblume. Aber wir haben natürlich nicht nur
Jahreszeitliches im Angebot. Nelken etwa sind immer gefragt, und natürlich
Rosen.
Sie werben damit, dass sie vor allem regionale und fair gehandelte Blumen
verkaufen.
Richtig, im Winter kaufen wir immer ecuadorianische Rosen mit dem
Fairtrade-Siegel ein. Weil es da eben keine Freilandrosen aus Europa gibt,
höchstens mal ein paar aus Italien. Im Sommer haben wir dann einen
Rosenhändler in Potsdam und eine Biogärtnerin, mit der wir
zusammenarbeiten. Da kaufen wir auch keine auf dem Großmarkt dazu.
Und Regionales?
Da gibt es im Augenblick natürlich nicht allzu viel. Aber wir haben einen
Gärtner im Berliner Umland, der uns immer die Zweige bringt.
Die gibt es nur im Frühjahr?
Genau. Wir haben hier Sauerkirsche, Blutpflaume, Zierquitte, Felsenbirne,
Pfirsich … später kommt auch Apfel dazu. Wenn die draußen erst einmal
blühen, gibt es bei uns hier drinnen auch keine mehr.
Die Kundin schien ziemlich genau zu wissen, was sie sucht. Kommen auch
Leute wie ich, die keinen Schimmer haben, wie die Blumen heißen und was
zusammenpasst?
Auf jeden Fall. Die fragen wir dann nach dem Anlass und ihrem Budget.
Kennen sich denn viele aus?
Die Mehrheit. Zwei Drittel bis drei Viertel, würde ich sagen.
Und Frauen besser als Männer? Das ist natürlich ein Klischee.
Ach, gar nicht unbedingt. Wir haben auch Männer, die gerne Blumen kaufen.
Ich würde sagen, das hält sich die Waage. Na ja … tendenziell vielleicht
schon eher die Frauen.
Kaufen die Leute mehr Blumen, wenn die Sonne scheint?
Im Gegenteil. Wenn der Tag grau ist, haben sie Lust auf Farbe. Dann kommen
sie zu uns.
Und was ist typisch für Kreuzberg: Haben die Leute hier bestimmte
Vorlieben?
Der Kreuzberger kauft schon anders als etwa der Charlottenburger. In
Charlottenburg, wo ich früher gearbeitet habe, sind es viel mehr mittelalte
und alte Leute, die kaufen Riesenbouquets, wenn sie irgendwo hingehen. Zu
Hause sind sie eher sparsam. Die Kreuzberger machen es sich auch selber
gerne schön, und tendenziell mit kleinen Sachen. Hier ist alles auch ein
bisschen natürlicher, hier kann ich auch mal eine Dahlie verkaufen, die nur
ein paar Tage hält. In Charlottenburg schaut man mehr auf die Haltbarkeit.
27 Feb 2015
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Blumen
Berlin
Frühling
Sex
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