| # taz.de -- Linkspartei in Hamburg: Aus Versehen die Chefin gestürzt | |
| > Mit Dora Heyenn erzielte die Linke in Hamburg einen Wahlerfolg. Nun wurde | |
| > sie als Fraktionschefin abgewählt und verließ postwendend die Fraktion. | |
| Bild: Demontage einer Politikerin: Dora Heyenn. | |
| HAMBURG taz | Das Aushängeschild der Hamburger Linken, Dora Heyenn, ist am | |
| Montag aus der Bürgerschaftsfraktion ihrer Partei ausgetreten. Sie zog | |
| damit die Konsequenz aus ihrer Nichtnominierung als Fraktionsvorsitzende. | |
| In der Partei werde sie jedoch bleiben, teilte Heyenn mit. | |
| Am Wochenende hatte die nach den Bürgerschaftswahlen auf elf Abgeordnete | |
| angewachsene Bürgerschaftsfraktion auf einer Klausurtagung Heyenn | |
| demontiert. Als die Stimmen für die Wahl zum Fraktionsvorsitz ausgezählt | |
| wurden, herrschte blankes Entsetzen unter den Anwesenden. Dora Heyenn hatte | |
| nur fünf Jastimmen und damit nicht die Mehrheit erhalten. Drei Abgeordnete | |
| hatten sich enthalten, drei gegen sie gestimmt. | |
| Doch unter denjenigen, die nicht für sie gestimmt hatten, waren einige | |
| Abgeordnete, die der Frontfrau der Hamburger Linken nur einen Denkzettel | |
| erteilen, sie aber keinesfalls um Amt und Würde bringen wollten. Sofort | |
| versuchte die Runde den Schaden zu beheben. Der Wahlgang sollte zur | |
| Probeabstimmung umgedeutet, die fassungslose Heyenn bewegt werden, sich | |
| erneut zur Wahl zu stellen. Die lehnte aber ab: „Jetzt ist genug“. | |
| Mit der Wahlschlappe war die Demontage der beliebten Linken-Politikerin | |
| perfekt. Heyenn hatte maßgeblich dazu beigetragen, den Linken bei der | |
| Bürgerschaftswahl mit 8,5 Prozent (2011: 6,4 Prozent) ein mehr als | |
| achtbares Ergebnis zu bescheren. Zuvor hatten sich Heyenns | |
| StellvertreterInnen Christiane Schneider und Norbert Hackbusch | |
| innerparteilich durchgesetzt, dass Heyenn in Zukunft die Fraktion nicht wie | |
| bislang allein, sondern als Teil einer Doppelspitze führen sollte. | |
| ## Parteiintern kaum abgestimmt | |
| Das Kalkül des Vorstoßes, durch das sich Heyenn bereits brüskiert sah: Da | |
| die 65-jährige Politikerin bereits angekündigt hatte, im Laufe der | |
| Legislaturperiode ins zweite Glied zurückzutreten, sollte die Fraktion von | |
| vornherein durch ein weiteres Gesicht präsentiert werden: das der | |
| 26-jährigen Deutschtürkin Cansu Özdemir, die bei der Bürgerschaftswahl nach | |
| Heyenn mit Abstand die meisten Personenstimmen erhalten hatte. | |
| Ein Wahlkampf, der allein auf Heyenn zugeschnitten, aber parteiintern kaum | |
| abgestimmt worden war, hatte für die Kritiker Heyenns die Notwendigkeit | |
| verstärkt, ihre Rolle als die personifizierte Hamburger Linke ein wenig | |
| zurechtzustutzen. Zudem gab es in der Partei Missfallen über Heyenns | |
| mitunter als harsch und autoritär empfundenen Führungsstil und an ihrem | |
| Kuschelkurs mit der „Liste Links“, einer linkssektiererischen Gruppe, die | |
| in Heyenns Amtszeit in Hamburgs Linkspartei deutlich an Einfluss gewonnen | |
| hat. | |
| Der Landesvorstand stimmte mehrheitlich der Doppelspitzen-Idee zu – und | |
| empfahl dringend, Heyenn zum Teil dieses Tandems zu machen. Und auch Heyenn | |
| erklärte sich schließlich bereit, fortan im Duo zu führen. Der | |
| Führungskonflikt schien gelöst – bis individuell verteilte Denkzettel den | |
| ganzen Plan zunichtemachten. „Ich empfinde eine tiefe, tiefe Verärgerung | |
| über die Fraktion“, empört sich Linken-Landesvorstand Rainer Benecke über | |
| das Wahldesaster. „Das ist alles gründlich danebengegangen und ein | |
| miserabler Start für unsere Fraktion“, betonte auch Cansu Özdemir, noch | |
| bevor sie von Heyenns Abgang erfuhr. | |
| Nun wird die Hamburger Linksfraktion gemeinsam von Özdemir und der | |
| 58-jährigen früheren SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Sabine Boeddinghaus | |
| geführt werden, die Heyenn bereits vor Monaten als eigene Nachfolgerin ins | |
| Gespräch gebracht hatte. Ein politischer Richtungswechsel, das betonen alle | |
| Beteiligten, sei mit dem Personalaustausch nicht verbunden. | |
| 2 Mar 2015 | |
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| Marco Carini | |
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