# taz.de -- Boris Becker über Davis Cup: „Das machen die Topleute nicht mit�… | |
> Boris Becker erklärt, warum der Davis Cup in seiner jetzigen Form | |
> überholt ist und warum Niki Pilic dem deutschen Tennis-Team hilft. | |
Bild: Sah auch schon frischer aus: Boris Becker. | |
taz: Herr Becker, an diesem Wochenende spielt Deutschland in der ersten | |
Davis-Cup-Runde gegen Frankreich. Zuletzt beherrschten aber der Abgang von | |
Exteamchef Carsten Arriens und Funktionärsgerangel die Schlagzeilen. | |
Boris Becker: Man könnte auch sagen: Nichts Neues im deutschen Tennis. Man | |
beschäftigt sich mit sich selbst – und nicht mit dem Sport. Und das kann | |
sich das deutsche Tennis heute noch viel weniger leisten als jemals zuvor. | |
Was genau meinen Sie damit? | |
Wir müssen doch nur auf die Ranglisten schauen. Wie viele Deutsche stehen | |
unter den Top 50? Wo sind die jungen deutschen Spieler, die eine | |
Perspektive haben? | |
Warum gibt es keine deutschen Spitzenspieler mehr? | |
Ich habe mich immer für mehr Zentralismus eingesetzt, schon als ich selbst | |
noch gespielt habe oder dann Teamchef war. Die Kräfte müssen gebündelt | |
werden. Ich hoffe, dass das neue Präsidium in diese Richtung wirkt und | |
arbeitet. | |
Die Verbände schmücken sich gern mit dem Lorbeer, wenn einer mit 16, 17 | |
oder 18 Jahren Jugendturniere gewinnt. | |
Das ist nicht mehr relevant im modernen Tennis. Das Entscheidende ist, dass | |
es ein deutscher Spieler mit 21 Jahren in die Top 100 oder besser geschafft | |
hat – und von dort eine Plattform hat für seine weitere Karriere. | |
Erfolge im Juniorenalter sind also weniger wichtig? | |
Ja, es geht nicht darum, die besten Jugendspieler, sondern die richtigen | |
Jugendspieler zu fördern, die es dann auch im Herrentennis schaffen können. | |
Ihr Name war plötzlich auch im Spiel, als es um die Arriens-Nachfolge ging. | |
Dagegen kann ich mich nicht wehren, die Anfrage ist ja auch legitim. Aber | |
ich habe keine einzige Sekunde ernsthaft erwogen, diesen Job jetzt zu | |
übernehmen. Man kann nicht Trainer der Nummer 1 der Welt und gleichzeitig | |
Davis-Cup-Teamchef sein. | |
Würden Sie ausschließen, noch einmal als Teamchef für Deutschland | |
zurückzukehren? | |
Nein, das würde ich nicht. Nur ist es weder heute, morgen noch übermorgen | |
ein Thema. | |
Sie waren Führungsspieler der Nationalmannschaft, sie waren selbst | |
Teamchef. Wie ist eigentlich die Macht verteilt in diesem | |
Davis-Cup-Mikrokosmos? | |
Eines vorweg: Der Verband und der Teamchef müssen alles tun, um die Nummer | |
1 des Landes an den Start bringen. Deshalb war es, wenn wir von Deutschland | |
reden, auch richtig, Philipp Kohlschreiber wieder zu nominieren. Ohne | |
Kohlschreiber hat man keine Erfolgsperspektive, das muss man ganz | |
pragmatisch sehen. | |
Das heißt: Der Teamchef spielt nur eine untergeordnete Rolle. | |
Nein, bestimmt nicht. Aber er muss sich zurücknehmen und die Bedürfnisse | |
seines Spitzenspielers erkennen. | |
Wie bewerten Sie die Rückkehr von Niki Pilic als Berater des Teams? | |
Ich freue mich, dass Niki die Zeit und die Muße hat, um Deutschland zu | |
helfen. Es gibt keinen Trainer auf der Welt, der mehr Erfolge im Davis Cup | |
vorzuweisen hat – und der mehr Erfahrung mitbringt. Er hat es im Übrigen | |
auch immer geschafft, als Kapitän mit den besten Spielern klarzukommen. | |
Roger Federer hat sich mit scharfer Kritik am Davis Cup gemeldet. Es ging | |
dabei auch um den jährlichen Austragungsmodus. | |
Tatsächlich ist der Davis Cup in der jetzigen Form überholt, er passt | |
speziell für die viel beanspruchten Spitzenspieler nicht mehr in den | |
Kalender hinein. | |
Was hat sich geändert? | |
Die Spitzenspieler spielen seit vielen Jahren immer seltener im Davis Cup. | |
Und das ist nicht gut, das entwertet die Sache. Es muss ein Kompromiss | |
gefunden werden, eine andere Frequenz für den Wettbewerb. | |
Der Davis Cup wird sogar in einem übervollen Kalender eines Olympia-Jahres | |
gespielt. | |
Und das geht dann einfach auch nicht mehr. Das machen die Topleute nicht | |
mit. Ich bin gespannt, wer da 2016 antritt. Denn Davis Cup bis zum Ende | |
durchzuspielen, das bedeutet, acht Wochen der Saison dafür zu opfern. Und | |
das in einer Zeit, in der das Tennis viel physischer geworden ist, viel | |
mehr Aufwand erfordert. | |
Und doch tritt Novak Djokovic wieder für Serbien an. | |
Ich sehe das nicht gern. Denn von so einer Davis-Cup-Partie musst du dich | |
ja auch noch richtig erholen. Besonders, wenn du drei Tage am Stück | |
spielst. Aber Serbien will in diesem Jahr unbedingt noch mal mit dieser | |
Mannschaft gewinnen. | |
5 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Jörg Allmeroth | |
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