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# taz.de -- Fed-Cup Gewinner über Tennis: „Sie hat diesen Schädel“
> Klaus Hofsäß weiß alles über rivalisierende Väter, bockelharte Plätze u…
> theatralische Spieler. Die neue Teamchefin hält er für die beste Wahl.
Bild: Der Bundestrainer und sein Team im Sommer 1992.
taz: Herr Hofsäß, die Bilder vom ersten deutschen Triumph im Fed Cup 1987,
vor allem die Umarmung von Steffi Graf und Claudia Kohde-Kilsch nach dem
Sieg im Doppel gegen die Amerikanerinnen Chris Evert und Pam Shriver sind
vielen Tennisfreunden in Erinnerung. Wie schwer war es für Sie damals, das
Team auf eine Linie einzuschwören?
Klaus Hofsäß: Die Mädchen kamen miteinander aus, das Hauptproblem war das
Umfeld. Boris Becker hatte zwei Jahre zuvor in Wimbledon gewonnen, Steffi
hatte ein paar Monate vorher in Paris ihren ersten Grand-Slam-Titel
gewonnen, da war auf einmal extrem viel los mit Presse und Fernsehen. Peter
Graf war immer sehr stark mit der Bild-Zeitung verbunden, Claudias
Stiefvater Jürgen Kilsch hat sich mehr um die Süddeutsche, die FAZ oder den
Stern gekümmert. Graf hat über die Bild seine Wunschvorstellung fürs Doppel
durchgegeben: Steffi und Bettina Bunge. Kilsch wollte natürlich, dass seine
Claudia spielt.
Wie schwer war es für Sie, jeden Tag mit diesen schwierigen Vätern, die
sich nicht riechen konnten, umzugehen?
Kilsch hatte früher mal in einem Interview mit dem Spiegel gesagt, dass
Graf beim Kartenspielen bescheißt. Der war danach total sauer und sagte,
die Steffi spielt nie wieder mit der Claudia. Kilsch war in Vancouver von
Anfang an dabei, Graf kam später, aber das war Hochspannung ohne Ende. Das
alles zu handeln, war nicht leicht, du musstest auf jede Silbe achten. Für
mich stand früh fest, dass Steffi und Claudia Doppel spielen würden, aber
es war auch klar, dass ich hinterher ordentlich auf die Ohren kriegen
würde, falls es nicht gutgeht.
Für wie realistisch hatten Sie die Chance auf einen Sieg gehalten
angesichts der ganzen Unruhe und der Schwierigkeiten?
Ich hatte ein paar Wochen vorher in den Spiegel reingeguckt und zu mir
selbst gesagt: Wir gewinnen das, wir gewinnen das. Ich hatte ja als
Teamchef schon zwei Finals verloren, 1982 in Santa Clara/USA und 1983 in
Zürich, und man muss das realistisch sehen: Wenn du das Finale verlierst,
bleibt nichts übrig.
Graf und Kohde lagen im entscheidenden Doppel im Finale gegen die USA 0:6,
1:4 zurück.
Jimmy Connors hatte ein paar Wochen vorher im Achtelfinale in Wimbledon
nach einem 1:6, 1:6, 1:4-Rückstand gegen den Schweden Mikael Pernfors noch
gewonnen. Daran hab ich Steffi und Claudia beim Seitenwechsel bei 1:4
erinnert. Auf einmal war eine gewisse Lockerheit da, am Ende dreht es sich
scheinbar noch mal, du denkst, ach du Scheiße, aber beim Matchball für uns
spielt die Evert eine Vorhand flach ins Netz – ich war fix und alle. Und
dann haben sich die Väter umarmt. Unglaublich, das war der krönende
Abschluss.
Wie war es fünf Jahre später in Frankfurt, als auch Barbara Rittner zum
Team gehörte?
Jedes Mal, wenn ich aus Spanien gekommen und in Frankfurt eingeflogen bin,
hab ich aufs Waldstadion runtergeschaut und gedacht: Wenn du da gewinnen
würdest, das wäre toll. Da war enorm viel Druck im Spiel, weil wir mit Graf
die Favoriten waren. In der Nacht vorm Finale gegen Spanien, die
Spezialisten auf Sand waren, hab ich dem Platzwart 150 oder 200 Mark
gegeben und gesagt, der Platz muss bockelhart werden. Dann hat der den
gespritzt und gewalzt, am nächsten Tag waren 30 Grad, die Sonne schien
drauf, und der Platz war bockelhart. So glatt hat ja Steffi nie wieder
gegen Arantxa Sanchez auf Sand gewonnen, und Anke Huber schlägt Conchita
Martinez.
Tennisspieler sind keine Teamsportler, wie schwer ist es, aus
unterschiedlichen Charakteren eine Einheit zu formen?
Du musst die stärkste Mannschaft spielen lassen, da muss man manchmal auch
jemanden draußen lassen, der vielleicht besser zu den anderen passt. Aber
auch die, die nicht spielen, sind extrem wichtig. Das ist wie bei einer
Fußball-WM mit dem zweiten Torhüter; ist er einer wie Uli Stein, der
Theater macht, oder ist er wie Weidenfeller, der seine Rolle akzeptiert.
Sie haben die jetzige Bundestrainerin Barbara Rittner ins Spiel gebracht.
Warum haben Sie geglaubt, dass sie die Richtige für den Job sein kann?
Erst mal hat sie ja ein gutes Auge für die jungen Spielerinnen. Mit Kerber,
Petkovic und Görges arbeitet sie schon lange zusammen. Sie hat einen
eigenen Kopf, motzt manchmal, aber auf der anderen Seite umarmt sie,
betreut, ist Freundin. Die Nähe zur Mannschaft ist wichtig, aber man muss
auch Distanz halten können. Wichtig ist, dass sie diesen Schädel hat und
Entscheidungen trifft. Für den Job kannst du keine Bessere finden.
Werden Sie am Wochenende in Prag dabei sein?
Klar, das will ich sehen.
8 Nov 2014
## AUTOREN
Doris Henkel
## TAGS
Tennis
Serena Williams
Novak Djokovic
Coach
Tennis
Schwerpunkt Rassismus
Tennis
Tennis
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