# taz.de -- Brandanschlag auf Zeitung: Verdächtige sind keine Unbekannten | |
> Hamburger Polizei nahm nach dem Anschlag auf die „Mopo“ neun Jugendliche | |
> vorübergehend fest, will sich zu deren Motiven aber nicht äußern. | |
Bild: Verbrannte Akten und alte Zeitungsausgaben: Im Hinterhof der Hamburger Mo… | |
HAMBURG taz | Es gibt eine Spur nach dem Brandanschlag auf die Hamburger | |
Morgenpost (Mopo) und die Max-Brauer-Schule in Hamburg. Die Polizei ist | |
sich sicher, am Mittwoch mit neun Jugendlichen zumindest einige der | |
Brandstifter dingfest gemacht zu haben. Alle neun Verdächtigen kämen laut | |
Polizei „aus dem nahen Tatortumfeld“ mit Verbindungen zur angegriffenen | |
Schule. | |
Ob das Motiv in der Titelseite der Mopo vom 11. Januar und damit im | |
Anschlag auf die Redaktion des Pariser Satiremagazins Charly Hebdo zu | |
finden ist, vermögen die Ermittler nicht zu sagen. Die Mopo hatte die | |
islamkritischen Karikaturen des Magazins mit der Schlagzeile „So viel | |
Freiheit muss sein!“ nachgedruckt. „Es gibt keine konkreten Hinweise | |
darauf, es müssen noch weitere Ermittlungen abgewartet werden,“ sagte eine | |
Sprecherin der Hamburger Staatsanwaltschaft. | |
Für Mahmut Erdem, Rechtsanwalt und Sprecher des „Elternrats | |
Aktionsinitiative gegen die IS-Miliz“ ist das Motiv hingegen klar. In der | |
Initiative, die er vertritt, engagieren sich Eltern, deren Kinder in | |
Kriegsgebiete des Islamischen Staates (IS) gereist sind oder dies planen. | |
Erdem kritisiert, dass die Polizei viel früher auf die Jugendlichen hätte | |
kommen können. Die Behörden täten einfach zu wenig gegen sich | |
radikalisierte Jugendliche. | |
Die Tatverdächtigen gehören laut Erdem zum „Altonaer Kreis“, der sich sch… | |
länger in der Salafisten-Szene bewege. Zu diesem Kreis gehörte auch der | |
18-jährige Alfons R., der im September 2014 nach Syrien ging und dort von | |
kurdischen Scharfschützen erschossen wurde. Nach seinem Tod kamen | |
Angehörige des „Altonaer Kreises“ zu R.s Mutter und sollen gesagt haben: | |
„Herzlichen Glückwunsch, er ist jetzt im Paradies“. Alfons R. hatte auch | |
die Max-Brauer-Schule besucht, bevor er als Kämpfer nach Syrien reiste. | |
„Entweder sehen Sicherheitsbehörden die Aktivitäten nicht oder wollen sie | |
nichts sehen“, sagte Erdem. | |
Polizei und Staatsanwaltschaft hatten am Mittwochmorgen die Wohnungen von | |
neun jungen Männern in den Hamburger Stadtteilen Ottensen, Altona, | |
Bahrenfeld und St. Pauli durchsucht und Beweismaterial sichergestellt. Die | |
Verdächtigen sind laut Polizei zwischen 16 und 21 Jahren und | |
„nigerianischer, kamerunischer, türkischer und deutscher Herkunft“. Drei | |
sind laut Staatsanwaltschaft unter 18 Jahren und allen wurden DNA-Proben | |
entnommen, bevor sie auf wieder freien Fuß gesetzt wurden. „Die Auswertung | |
des Beweismaterials dauert an“, sagte eine Polizeisprecherin. | |
Die Sonderkommission der Hamburger Polizei war der Gruppe auf die Spur | |
gekommen, da der Brandanschlag auf die Max-Brauer-Schule einen Tag vor dem | |
Angriff auf die Mopo identische Tatmerkmale aufwies. Bei dem Anschlag auf | |
die Mopo wurde außerdem ein Gully-Deckel durch die Kellerfenster geworfen. | |
Dieser Deckel führte die Fahnder zum Wohnort eines Verdächtigen. Mehrere | |
Jugendliche aus seinem Umfeld besuchten die Max-Brauer-Schule. | |
Der Hamburger Polizeipräsident Ralf Meyer erklärte bereits am Mittwoch, der | |
mögliche Zusammenhang mit den Anschlägen in Frankreich habe für große | |
Verunsicherung gesorgt. Umso wichtiger sei es gewesen, neben der Aufklärung | |
der Tat die Gefahrensituation zu analysieren, um die richtigen Schritte | |
einleiten zu können. Durch die Einrichtung einer Sonderkommission sei es | |
möglich gewesen, das Wissen von Ermittlern, Kriminalpsychologen und | |
Islamwissenschaftlern zu bündeln. „Ich bin froh, dass wir dadurch sehr | |
schnell in der Lage waren, die mutmaßlichen Täter zu ermitteln und die von | |
ihnen ausgehenden Gefahren richtig einzuschätzen“, sagte Meyer. | |
5 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Peter Müller | |
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