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# taz.de -- Hamburger Olympiabewerbung: Spiele für die Saturierten
> Nach Hamburgs Sieg im innerdeutschen Bewerbungskampf um die Olympischen
> Sommerspiele 2024 oder 2028 stellen sich einige Fragen.
Bild: Am Jachthafen in Kiel: Überbleibsel der Olympischen Seegelwettberwerbe v…
1. Olympia und Hamburg, war da nicht mal was?
Hamburg hatte schon bei der Vorauswahl der deutschen Bewerberstadt für die
Olympischen Sommerspiele 2012 vonseiten des Nationalen Olympischen Komitees
(NOK) die besten Noten für das Bewerbungskonzept bekommen. Vor Leipzig.
Doch dann spielte Leipzigs Bürgermeister Wolfgang Tiefensee bei der
Präsentation vor den Delegierten des Deutschen Olympischen Sport-Bundes
(DOSB) Cello – und gewann ihre Herzen; 2003 war das. Doch Leipzig
scheiterte grandios. Die Stadt an der Pleiße wurde vom IOC nicht einmal in
die Endauswahl für die Spiele 2012 aufgenommen.
Hamburg blieb aber nach der Schmach, also der Degradierung durch die
sächsische Provinzmetropole, weiter dran. Seit dem Jahr 2004 lief das Duell
mit den Berlinern. Seinerzeit bekundete der Berliner Senat mal wieder sein
Interesse an den Spielen. „So schnell werfen wir die Flinte nicht ins
Korn“, sagte damals der sportpolitische Sprecher der SPD, Jürgen Schmidt.
Die CDU sah Hamburg schon vor 11 Jahren „mit deutlichem Vorsprung“ vor
Berlin. Was man halt so sagt.
2. Was will Hamburg eigentlich mit den Spielen?
Aufklären! In der Hansestadt bedauert man, dass auf der Erde so viele
hinterm Berg leben und nicht wissen: Hamburg ist die schönste Stadt der
Welt. Mit dieser Mission stimmt man auch die patriotischen Bürger
olympiafreundlich. Noch bedeutsamer aber ist: Die Stadt will
wirtschaftliches Wachstum generieren. Die Handelskammer Hamburg, die sich
durch einen steigenden Bekanntheitsgrad der Stadt stattliche Gewinne
verspricht, brütete schließlich die Bewerbungsidee aus und nahm
unverzüglich die Politik in die Pflicht.
Bei der Jahresschlussansprache 2013 forderte der Handelskammer-Präsident
Olaf Scholz auf: „Herr Bürgermeister, packen Sie Olympia an!“ Der
SPD-Politiker fügte sich sogleich. Der Hamburger Sportbund-Chef Günter Ploß
indes beklagte sich über den Alleingang der Wirtschaftslobby und monierte
das überhastete Vorgehen. Man müsse die Sportverbände mitnehmen, forderte
er.
3. Sind die Spiele nicht viel zu teuer?
Der Hamburger Kaufmannsehre gebietet eigentlich anderes: Aber bislang
liegen nur rudimentäre Rechenspiele vor. Am kalkulierbarsten scheinen die
Ausgaben für die Sportstätten zu sein: Derzeit will man dafür 1,9
Milliarden Euro hinblättern. Für das Gesamtpaket (Olympische Dorf, die
Durchführung der Spiele, Sicherheit, Infrastruktur ect.) steht die Zahl von
6,6 Milliarden im Raum.
Allerdings hat der Chef der Hamburger Hafenunternehmer bestätigt, dass
allein der Umzug der Hafenfirmen weg von der vorgesehenen Olympia-Elbinsel
Kleiner Grasbrook etwa 5 bis 7 Milliarden Euro kosten könnte. Exorbitante
Kostensteigerungen gehören zum olympischen Spiel, kratzen aber auch am
Bescheidenheitsimage, mit dem Hamburg glänzen will.
4. Warum ist Hamburg besser als Berlin?
DOSB-Chef Alfons Hörmann schwärmte zwar ausgiebig von dem tollen kompakten
Konzept in Hamburg, im Grunde aber hat die Hafenstadt den Olympiazuschlag
den Berlinern zu verdanken. Nur 55 Prozent sprachen sich für die
Olympischen Spiele in der Hauptstadt aus. Zudem gibt es hier ein Netzwerk
an Gegnern, das schon bei der gescheiterten Berlin-Bewerbung 2000
erfolgreich störte. Beim DOSB fürchtete man sich vor einem zweiten Fiasko.
Was der Münchner Bevölkerung gelang, die Winterspiele 2020 in der eigenen
Stadt zu verhindern, ist den Berlinern allemal zuzutrauen.
In Hamburg konnten sich die Olympiagegner indes kein Profil erarbeiten. Das
Bündnis besteht nur aus zwei Aktivisten. Und die hanseatische
Wirtschaftslobby ist spendabel: Die Handelskammer hat bereits versprochen,
die Hälfte der Bewerbungskosten für 2024 beizusteuern, etwa 25 Millionen
Euro.
5. Was heißt „kostenstabiles Bauen“, wie es die Hamburger Bewerber
versprechen?
Das soll wohl heißen: Ein Bau wird nicht teurer als vorher kalkuliert. Das
hat in Hamburg freilich nicht immer geklappt, wie man am Beispiel der
Elbphilharmonie auf eindringliche Weise sehen kann. Eine Machbarkeitsstudie
vom Juli 2005 wies Gesamtkosten von 186 Millionen Euro aus. Von dieser
Summe sollte die Stadt Hamburg 77 Millionen Euro tragen.
Zwei Jahre später betrugen die Gesamtkosten bereits 241,3 Millionen Euro
mit einem Anteil von 114,3 Millionen für die Stadt. Am Ende wird Hamburg
mehr als 800 Millionen Euro zuschießen müssen. Auch die Eröffnung verzögert
sich. Nur Berlin kann dies noch toppen: mit dem Flughafen BER. Aber das ist
eine andere Geschichte.
6. Versucht Hamburg mit den Spielen seine Profilneurose zu kurieren?
Das taz-Blog Reptilienfonds [1][schrieb neulich]: „In Hamburg ist seit der
großen Sturmflut von 1962 überhaupt nichts mehr passiert. Der vitalste und
frischeste Bewohner dieser stadtgewordenen Agonie ist bezeichnenderweise
noch heute Helmut Schmidt. Der Hamburger Widerstandsgeist erschöpft sich
darin, für den Eigenbedarf Mentholzigaretten bis ans Lebensende im Keller
einzubunkern.“
Und weiter: „Vielleicht sind die Olympischen Spiele die einzige Chance, die
der Stadt bleibt, um sich aus ihrer Verkarstung noch zu befreien.“ Dem ist
nichts hinzuzufügen. Nur dies noch: Hamburg, die Stadt der saturierten
Steppjackenträger und ihrer Burberry-Halstuch-Gattinnen, hat die Spiele
sooo wahnsinnig viel nötiger als Berlin. Hamburg muss sich beweisen, wie
weltläufig und wichtig diese Stadt doch irgendwie ist. Blöd nur, dass
Olympia ziemlich uncool ist.
17 Mar 2015
## LINKS
[1] http://blogs.taz.de/reptilienfonds/2015/02/11/olympia-nach-hamburg-bringen-…
## AUTOREN
Johannes Kopp
Markus Völker
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Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
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