# taz.de -- Kolumne Unter Schmerzen: Sie schlafen mit Maschinen | |
> Da gehen wir nicht mehr hin, sagen die Rentner. Eine kleine Geschichte | |
> der Schlafmaschine – oder medizinisch gesprochen: der CPAP-Maske. | |
Bild: Dora Triche, Oberärztin und Leiterin des Schlaflabors im Klinikum Nürnb… | |
Sie schlafen mit Maschinen. Die Maschinen werden von der Krankenkasse | |
verliehen, nach Ablauf der Genehmigung müssen sie zurückgegeben werden. Es | |
sind Schlafmaschinen. Maschinen gegen Apnoe, also nächtlichen | |
Atemstillstand, und nebenbei Maschinen gegen das Schnarchen. | |
Eine kleine Kiste, die auf dem Nachtschränkchen steht und kontinuierlich | |
frische Luft durch einen Schlauch bläst, dessen Ende in einer Maske mündet, | |
die man sich über Mund und Nase zieht. Die Luft wird durch einen | |
Wasserfilter geschickt. | |
Sie sind keine Astronauten, sie sind Rentner, sie schlafen in einem großen | |
Ehebett, sie sind fast siebzig. Sie schlafen mit offenem Fenster und | |
abgedrehter Heizung, auch im Winter. Sie mögen es so. Sie leben mit | |
Medikamenten, sie führen ein Leben mit Ärzten. Mit Genehmigungen, | |
Widersprüchen, Beschwerdebriefen, sie holen raus, was geht. | |
Ihr Diskurs ist immer einer der Beschwerde – und der Unterstützer der | |
Beschwerde. Da gehen wir nicht mehr hin, heißt es zu denen, die nicht so | |
wollen wie sie. Zu den Ärzten, die nicht das gewünschte Rezept ausstellen | |
oder die entsprechende Verordnung. Die anderen, die, die keinen Widerstand | |
leisten, werden bevorzugt. | |
Aber sie passen auch auf sich auf. Im ganzen Haus findet sich kein Zucker. | |
Keine Fresswaren mehr wie früher, keine Süßigkeiten, geheimversteckte | |
Erdnussflipstüten; Cola gibt es nur noch in der Zero-Variante. Es wird | |
gesund gelebt, weil der Doktor es so befohlen hat. Plötzlich sind auch die | |
Fertigessen out, die Nudelsoßen in Gläsern, es wird wieder alles selbst | |
gemacht, es geht hin und wieder zurück, trotzdem traue ich mich nicht, nach | |
einem Biomarkt zu fragen. Sie leben auf dem Land. | |
## Die Beipackzettel sollten verständlicher werden | |
Hier ist der Altersdurchschnitt insgesamt recht hoch, aber es wird viel | |
geradelt. (Die 75-Jährigen sind heutzutage viel fitter als noch vor zwanzig | |
Jahren, fitter gar als die 55-jährigen aus dem Jahr 1990, diese Meldung | |
kursierte neulich, aber zum Ende hin geht es trotzdem unweigerlich bergab.) | |
Die Beipackzettel sollten verständlicher werden, sagen sie beim Frühstück, | |
nicht immer dieses Medizinerdeutsch, aber sie weigern sich noch, diese mit | |
den Wochentagen beschriebenen Pillendosen zu verwenden. Die, auf denen zum | |
Beispiel Donnerstag steht und die drei Kästchen haben: morgens, mittags, | |
abends. | |
Sie leben mit Medikamenten. | |
Und sie schlafen mit Maschinen. Leider vertragen die Maschinen die Kälte | |
nicht. Sie wachen nachts plötzlich auf, sie schrecken hoch. Aber nicht, | |
weil sie keine Luft mehr bekommen, sondern weil sie plötzlich das Gefühl | |
bekommen, zu ertrinken. Da ist Wasser durch den Schlauch gekommen! Sie | |
haben Wasser eingeatmet, sich verschluckt, sind hochgeschreckt. Ja, sagt | |
die Dame von der Krankenkasse am Telefon, das kann passieren, wenn es den | |
Maschinen zu kühl wird im Raum. Machen Sie doch mal das Fenster zu! | |
Aber nein, das geht doch nicht. Da muss es doch eine andere Lösung geben! | |
Es gibt doch noch eine Firma, die diese Schlafmaschinen anbietet. Oder eine | |
andere Krankenkasse. Da lässt sich bestimmt was machen. | |
26 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Rene Hamann | |
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