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# taz.de -- Blockade im Bezirk: Vorerst keine Bagger in Pankow
> Am Pankower Güterbahnhof liegen Bezirk, Senat und Investor weiter
> auseinander. Streitpunkte sind eine Shopping-Mall und das
> Verkehrskonzept.
Bild: Noch soll sich am ehemaligen Pankower Güterbahnhof keine Baggerschaufel …
Fünf Jahre ist es inzwischen her, dass Kurt Krieger das Gelände des
ehemaligen Güterbahnhofs zwischen den S-Bahnhöfen Pankow und Heinersdorf
gekauft hat. Krieger, 67 Jahre alt, Inhaber von Möbel-Höffner und
gebürtiger Pankower, möchte dort einen Möbelmarkt und ein Einkaufszentrum
errichten, aber auch zwei Schulen, 750 Wohnungen sowie einen Stadtplatz am
Bahnhof Pankow. Bislang aber ist noch kein Bagger gerollt, und es wird auch
auf absehbare Zeit keiner rollen. „Das Projekt steht auf der Kippe“, sagt
der grüne Baustadtrat Jens-Holger Kirchner.
Es ist wohl die wilde Mischung an Nutzungen, mit denen sich die Akteure –
Krieger, der Bezirk und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung – nach
wie vor gegenseitig blockieren. Vergangene Woche hat Kirchner einen Brief
aus dem Hause von Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) bekommen.
Die Ankündigung des Bezirks, einen Bebauungsplan aufzustellen und dafür den
Flächennutzungsplan, auf dem das Gelände noch als Bahnhof firmiert, ändern
zu wollen, wurde vom Senat zurückgewiesen. „Erst muss der Bezirk
gutachterlich klären, ob ein Einkaufszentrum verträglich und das
Verkehrskonzept schlüssig ist“, sagte Geisels Sprecher Martin Pallgen der
taz.
Der Ball liegt also wieder beim Bezirk. Unstrittig ist der Bau von 750
Wohnungen, zumal sich Krieger bereit erklärt hat, 250 davon zu einem Preis
von 5,50 Euro pro Quadratmeter zuzüglich Betriebskosten zu vermieten.
Dieses Angebot hatte Krieger bei einem Vor-Ort-Termin dem damaligen
Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) im Dezember 2013
unterbreitet. Im Gegenzug sollte der Senat das Einkaufszentrum genehmigen.
Wowereit schlug ein, doch eine entsprechende Vereinbarung für die
Paketlösung wurde nie unterschrieben.
Denn anders als Wowereit hatte sein Nachfolger Michael Müller, damals noch
Bausenator, früh erklärt, dass er das Einkaufszentrum am Bahnhof
Heinersdorf ablehne. Eine Shopping-Mall mit 30.000 Quadratmetern
widerspreche dem Zentrenkonzept des Senats zur Verteilung der
Einzelhandelsflächen. Außerdem gefährde es den Einzelhandel im Pankower
Zentrum, aber auch in der Schönhauser Allee. Auch Müllers Nachfolger
Andreas Geisel ist dieser Meinung.
Baustadtrat Kirchner kann die Argumentation verstehen. „Das Einkaufszentrum
ist ein falsches Format am falschen Ort“, sagte er der taz. „Man müsse die
Flächen auf das ganze neue Quartier verteilen.“ Doch das lehnt Krieger ab –
und weiß damit die Mehrheit der BVV hinter sich. „Wir wollen, dass das
Gebiet entwickelt wird“, sagt der Linken-Bezirksverordnete Michail Nelken.
Da sich Kirchner dem BVV-Beschluss für ein Einkaufszentrum verpflichtet
fühlt, hat er das auch als „Planungsziel“ in seinen Bebauungsplan-Antrag an
den Senat geschrieben.
Bezirk und Krieger gegen den Senat, dazwischen der grüne Stadtrat: Das ist
die Gemengelage beim Einzelhandel. Beim Verkehrskonzept liegt es anders. Da
steht der Senat geschlossen gegen den Bezirk. Der Grund ist eine
Hauptverkehrsstraße, die mitten über das Gelände führen, die Berliner
Straße am S-Bahnho -Pankow auf einer Brücke überqueren und an der
Mühlenstraße enden soll. „Mit dieser Straße würde es keinen Stadtplatz
geben“, klagt Kirchner. „Wegen des Lärms würden aber auch deutlich weniger
Wohnungen gebaut werden können.“
Stattdessen fordert der Bezirk eine neue Straßenbahn. Geisels Sprecher
zeigte sich da offen, wohl auch, weil er befürchten muss, sonst erklären zu
müssen, warum seine Verwaltung Wohnungsbau verhindere. „Wenn der Bezirk
nachweist, dass die Straße nicht nötig ist, werden wir das prüfen.“
Nicht mehr so lange warten wollte am Montag der parlamentarische
Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Torsten Schneider. Er
schlug vor, die Bürger in einer Art Bürgerentscheid von oben über das
Vorhaben – einschließlich Shopping-Mall, aber ohne Straße – abstimmen zu
lassen. Einen „symbolischen Akt“ findet das Baustadt Kirchner. Der
Linken-Abgeordnete Nelken sagt: „Bürgerentscheide sollen die Politik
korrigieren, aber nicht der Politik die Arbeit abnehmen.“
So bleibt es auch fünf Jahre nach Kriegers Grundstückskauf still im sonst
boomenden Pankow. Es sei denn, der Senat zieht das Verfahren an sich. „Dazu
gibt es derzeit aber keine Hinweise“, sagt Baustadtrat Kirchner. Am 15.
April lädt er zum nächsten Workshop. Es geht – mal wieder – um den
Einzelhandel.
27 Mar 2015
## AUTOREN
Uwe Rada
## TAGS
Andreas Geisel
Wohnen
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