# taz.de -- Comeback von Tilo Jung: Er ist wieder da | |
> Tilo Jung tritt im Satireformat „Cybert Report“ als | |
> Bundesinternetsprecher auf – und will wie die Phrasen der Politiker | |
> dechiffrieren. | |
Bild: Das war noch vor dem Shitstorm: Tilo Jung im letzten Herbst. | |
Tilo Jung hat sich rasiert. Er trägt jetzt eine Brille, eine akkurate | |
Frisur und dazu noch ein Jackett. Optisch würde Jung glatt als Fanboy der | |
Jungen Union durchgehen. Tatsächlich würde das inhaltlich passen: Jung | |
reiht sich in seinem neuen Projekt quasi in den Mitarbeiterstab der | |
Kanzlerin ein. Er spielt ihren Dienstleister. Er will Angela Merkel helfen. | |
„Die Bundesregierung hat Probleme, klar zu machen, was sie eigentlich | |
meint“, sagt Jung. „Ich finde es aber unheimlich wichtig, dass die | |
Bevölkerung weiß, wie sie tickt.“ Deshalb ist Jung in eine neue Rolle | |
geschlüpft. Er ist jetzt – Achtung, Kreativalarm! – Stephan Cybert, der | |
„neue Bundesinternetsprecher der Bundesregierung“. Steffen Seibert, das | |
Original, ist für ihn nur noch der „analoge Bundesregierungssprecher“. | |
In seinem ersten [1][„Cybert Report]“, den das „Ministerium für sichere | |
Information“ in Jungs Youtube-Kanal eingespeist hat, probiert sich seine | |
neue Kunstfigur darin, die Position der Bundesregierung zu den | |
Folterpraktiken der USA zu erklären. Er spielt dafür Seibert-Zitate ein, | |
etwa: „Folter ist durch nichts zu rechtfertigen. Das ist die | |
Grundüberzeugung der Bundesregierung.“ Bei Cybert kommt am Ende wiederum | |
ein Statement raus: #FuckFolter. Jung ist in seinem neuen Format eben auch | |
Aktivist. | |
Jung verspricht: „Wir dichten nichts dazu. Wir übersetzen nur.“ Das tut gut | |
angesichts des üblichen diplomatischen Blablas, das auch Seibert, der einst | |
vom Erklärmedium Fernsehen kam, nie wirklich aufbrechen konnte. Weil der | |
neue „Cybert Report“ aber natürlich auch eine satirische Einrichtung ist, | |
kündigt Merkels neuer inoffizieller Mitarbeiter gleich an: „Steffen ist im | |
Analogen der Chef, ich im Digitalen. Ich will ihn ersetzen.“ | |
## Praktisches Frage- und Antwortspiel | |
Während sein neues Format im Netz die Runde machte, war Jung gestern in der | |
echten Bundespressekonferenz – so, wie er das schon seit gut einem Jahr | |
macht. Seibert war nicht da, er ist im Osterurlaub. Wenn man Jung fragt, in | |
welcher Rolle er am Mittwoch in der Bundespressekonferenz war, also ob als | |
Fragesteller oder Antwortgeber, dann wird er albern: „Ich sitze vorne und | |
beantworte die Fragen, die ich mir vorher selbst gestellt habe. Das ist | |
doch praktisch!“ | |
Jungs Fans und Kritiker zugleich haben sich in den vergangenen Wochen die | |
Frage gestellt, ob Jung eigentlich sein etabliertes Format „Jung und naiv“ | |
fortsetzen wird. Hier hat er über die vergangenen Jahre in bemerkenswerter | |
Konsequenz versucht, Politiker mit naiven Fragen möglichst einfache | |
Antworten zu entlocken. Auch das ist für ihn stets ein Instrument gewesen, | |
Politik zu erklären. | |
Ende März hatte Jung – [2][nach einem Shitstorm] wegen eines vermeintlich | |
frauenfeindlichen Fotos, das er am Weltfrauentag gepostet hatte – vage | |
seinen Abschied aus dem Journalismus angekündigt. Heute sagt er, es werde | |
sicher weitere Folgen von „Jung und naiv“ geben, „parallel“ zu seinem n… | |
Format, um sich der Politik von unterschiedlichen Perspektiven zu nähern. | |
8 Apr 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.cybertreport.de/ | |
[2] /Nach-sexistischer-Bilderstrecke/!156194/ | |
## AUTOREN | |
Daniel Bouhs | |
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Tilo Jung | |
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