# taz.de -- Eduardo Galeano gestorben: Dem langweiligen Tod in die Arme | |
> Der Autor des Standardwerkes „ Die Offenen Adern Lateinamerikas“ erliegt | |
> mit 74 Jahren in Montevideo dem Lungenkrebs. | |
Bild: Eduardo Galeano im Jahr 2011. | |
BERLIN taz | Eduardo Galeanos bekanntestes Werk ist 1971 erschienen – „Die | |
offenen Adern Lateinamerikas“ ist eine polemische, parteiliche und | |
poetische Erzählung der Unterdrückung der Völker Lateinamerikas seit der | |
„Entdeckung“ durch Kolumbus bis in die Neuzeit. Es wurde in viele Sprachen | |
übersetzt und in unzähligen Ausgaben bis heute immer wieder neu aufgelegt. | |
Zuletzt erfuhr es vor wenigen Jahren noch einmal einen Bekanntheitsschub: | |
Beim Amerika-Gipfel 2009 überreichte Venezuelas Staatschef Hugo Chávez | |
demonstrativ ein Exemplar des Buches an US-Präsident Barack Obama. Galeano | |
selbst sagte allerdings später über das Buch, eigentlich sei er mit damals | |
31 Jahren nicht reif genug gewesen, um diesen Versuch einer literarischen | |
politischen Ökonomie Lateinamerikas wirklich bewältigen zu können. „Ich | |
bedauere nicht, das geschrieben zu haben, aber es war eine Etappe, die ich | |
inzwischen hinter mir gelassen habe.“ | |
Das Buch galt als linke Literatur, war unter den Militärdiktaturen in | |
Uruguay, Chile und Argentinien verboten – und was anderes als linke | |
Literatur hätte er auch schreiben sollen? Galeano, 1940 in Montevideo | |
geboren, begann schon als 14-Jähriger für ein sozialistisches Wochenmagazin | |
in Uruguay zu schreiben. Er verdiente sich sein Geld als Tagelöhner in | |
allen möglichen Jobs, seine Leidenschaft aber galt dem Schreiben. | |
Nach verschiedenen Stationen in kleinen linken Blättern verließ er Uruguay | |
1973 ins Exil nach Argentinien, musste von dort nach dem Militärputsch 1976 | |
nach Spanien fliehen. Erst 1985, nach dem Ende der Diktatur, kehrte Galeano | |
nach Uruguay zurück und gründete dort später seinen eigenen Verlag „El | |
Chanchito“ („Das Ferkel“). In den 1980er Jahren erschienen die drei Bände | |
der „Erinnerungen an das Feuer“ – ein Projekt, das mit anderen Mitteln die | |
Idee der „Offenen Adern“ wieder aufgriff. | |
Überhaupt blieb Galeano sich politisch sein ganzes Leben lang treu – was | |
ihm Freunde und Feinde eintrug. Manche hielten ihn für einen unendlich | |
verkitschten linken Romantiker, der nicht wahrnehmen wolle, dass die Welt | |
sich verändere. Aber wo er öffentlich auftrat, bewunderten ihn nicht nur | |
Altlinke, sondern gerade auch viele Junge. | |
In die Tagespolitik Uruguays, in das Regierungshandeln des Linksbündnisses | |
„Frente Amplio“, hat sich Galeano nicht eingemischt, auch nicht als | |
Kommentator. Sein Interesse galt stets den großen Linien, der großen | |
Erzählung von Unterdrückung und Ausbeutung und dem Kampf dagegen. Mit | |
seiner Art, die Geschichte zu erzählen, hat er ganze Generation von Linken | |
geprägt – und auch in Übersee die Sicht auf Lateinamerika verändert. | |
2007 war bei Galeano erstmals ein Lungenkrebs diagnostiziert worden. | |
Mehrmals hatte er sich dagegen gestemmt, hatte zwei Therapien überstanden. | |
Er wollte Leben – Totsein fand er langweilig, sagte er in einem Interview. | |
Am Montag starb Galeano in einem Krankenhaus in Uruguays Hauptstadt | |
Montevideo. | |
13 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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