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# taz.de -- Ole von Beust zum Geburtstag: Der Lustlose
> Ole von Beust ist 60 geworden – und kann auf eine durchaus spektakuläre
> politische Bilanz zurückblicken. Nur mit dem Aufräumen hat der Freiherr
> es nicht so.
Bild: Strahlt nicht nur am Geburtstag: Ole von Beust
HAMBURG taz | Zwei große Fehler hat Ole von Beust begangen – sich mit
Schill einzulassen und von den Grünen abzulassen. Und zwei Dinge hat er
richtig gemacht: Schill rauszuschmeißen und eine schwarz-grüne Koalition zu
versuchen. Das ist eine durchaus spektakuläre Bilanz des Christdemokraten,
der mit knapp neun Amtsjahren nach den Sozialdemokraten Max Brauer und
Henning Voscherau der am längsten regierende Erste Bürgermeister in Hamburg
war. Am Montag ist Ole von Beust 60 Jahre alt geworden. Glückwunsch
nachträglich.
Es war der Rechtspopulist Ronald Schill, mit dessen Hilfe Ole von Beust
2001 Bürgermeister wurde. Er sei davon ausgegangen, dass man „Schill und
seine Leute schon in den Griff bekommen würde“, gestand von Beust 2014 in
seiner Autobiografie: „Vielleicht hatte ich mir Schill schöngeredet.“ Dass
der „Richter Gnadenlos“ eine „tickende Zeitbombe“ war, habe er zu spät
erkannt, schreibt von Beust.
Die Nötigung durch Schill, der Beusts angebliche Beziehung zu seinem
Studienfreund und Justizsenator Roger Kusch (CDU) öffentlich machen wollte,
sei für ihn „eine Frage der Ehre gewesen“, stellt er klar: „Man darf sich
niemals erpressen lassen.“ Nicht vorhergesehen habe er, dass er wenige
Monate später bei den Neuwahlen mit dem Slogan „Michel. Alster. Ole.“ die
absolute Mehrheit holen und auf dem Höhepunkt seiner politischen Karriere
sein würde.
Fast schon überschwänglich ist sein Verhältnis zu den Hamburger Grünen.
Zuletzt Anfang Februar dieses Jahres tauchte der noch immer jungenhaft
wirkende Rechtsanwalt, der jetzt als Unternehmensberater „endlich Geld
verdient“ und vor zwei Jahren seinen damals 22-jährigen Freund Lukas
heiratete, auf der Abschiedsfeier der ehemaligen grünen Spitzenfrau Christa
Goetsch im Rathaus auf.
Bei den Koalitionsverhandlungen 2008 habe er den „Idealismus der Grünen
ansteckend und erfrischend“ gefunden. Für ihn selbst sei Politik damals,
nach drei Jahrzehnten als Abgeordneter und Bürgermeister, nur noch Routine
gewesen, erinnert sich von Beust. Die Verbindung von Ökologie und Ökonomie
sowie die gesellschaftliche Relevanz von Bildung und Integration hätten die
Grünen „früher erkannt als alle anderen Parteien“ und „gesellschaftsfä…
gemacht, gesteht er ein.
Immerhin ist von Beust als erster Ministerpräsident einer schwarz-grünen
Regierung in die bundesdeutsche Geschichte eingegangen. Noch immer sehe er
diese zweieinhalb Jahre als „sehr gelungene Zusammenarbeit, die ein anderes
Ende verdient gehabt hätte“, schreibt von Beust in seinem Buch über seinen
zweiten Fehler, den er bis heute nicht wahrhaben will: Mit seiner
Entscheidung zum Rücktritt im August 2010 habe er „richtig gelegen“, ist er
„nach wie vor überzeugt“. Denn er sei schon länger „recht lustlos“ ge…
Das waren wenig später auch die frustrierten Grünen, die mit seinem
Nachfolger Christoph Ahlhaus nicht glücklich wurden und die Koalition drei
Monate später platzen ließen. „Diesen Kladderadatsch“ habe er nicht
vorhergesehen, räumte von Beust kurz darauf bei seinem einzigen
Wahlkampfauftritt an der Seite von Ahlhaus ein, nun gebe es eben „so’n
büschen Kuddelmuddel“. Und verpasste Ahlhaus im Vorbeigehen einen
Nackenschlag: Er habe ihn „keineswegs als Notlösung“ betrachtet, erzählte
er freimütig – den politischen Kunstgriff, das Gegenteil von dem zu meinen,
was man sagt, beherrscht Ole von Beust noch immer.
Womit er sich auch vor einer klaren Aussage darüber drücken kann, warum er
die Koalition, die sein historisches Verdienst war, seiner Bocklosigkeit
opferte und einem überforderten Nachfolger übergab. Denn auch das ist
typisch für den einstigen Sonnyboy der Christdemokratie: Das Aufräumen
überließ er schon immer gerne anderen.
In diesem Fall Olaf Scholz.
13 Apr 2015
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Hamburg
CDU
Ronald Schill
Ole von Beust
Hamburg
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