# taz.de -- Medienberichte über Ole von Beust: Jetzt wird's fleischlich | |
> Das "Hamburger Abendblatt" macht dem zurückgetretenen Bürgermeister von | |
> Beust deutlich, dass er wegen seiner jungen Liebe nicht mehr | |
> gesellschaftsfähig ist. | |
Bild: Bewegt auch nach seinem Rücktritt die Society zwischen Hamburg und Sylt … | |
Darf ein Mann in den besten Jahren, ein öffentlicher Mann dazu, einen | |
anderen Mann lieben, der gerade erst volljährig ist? Und welche | |
gesellschaftlichen Konsequenzen drohen ihm? Darüber diskutiert man derzeit | |
in Hamburg. Am Beispiel von Ole von Beust (55), Ex-Bürgermeister - oder | |
Alt-Bürgermeister? Da geht es ja schon los. | |
Die Bild-Zeitung fragte ihn, wie man ihn denn nun zu nennen habe, was von | |
Beust abtat mit: "Einfach Ole von Beust." Dabei ist es ein Politikum: Das | |
Wort "Ex-Bürgermeister" bedeutet ähnlich wie "Ex-Freund", dass von Beust | |
jetzt eben was anderes macht. Ex und hopp. Der "Alt-Bürgermeister" dagegen | |
ist die hanseatische Spielart des Elderstatesman: jemand, der wegen seiner | |
Verdienste um die Stadt gefragt ist und gefragt wird, wenn das aktuelle | |
politische Personal nicht weiter weiß, wenn dringende - auch ethische - | |
Fragen anstehen. Dieser Rang soll von Beust nun entzogen werden. | |
Der Hintergrund: Vorige Woche trat Ole von Beust erstmals seit seinem | |
Rücktritt im Juli öffentlich auf, bei der Eröffnung eines Armani-Shops. An | |
der Seite des bekennenden Modemuffels ein junger, ein sehr junger Mann. Das | |
Hamburger Abendblatt berichtete verschwitzt-verschwiemelt, von Beust habe | |
seinen 22-jährigen Großcousin "an seiner Seite" gehabt - und ließ alle | |
Fragen offen. Es blieb der Hamburger Morgenpost am 17. September | |
vorbehalten, von Beusts zweites Outing auf den Titel zu heben: "Oles junges | |
Glück" schrie den Leser in Sonnenstudio-Orange an, darüber stellte das | |
Blatt die Frage, die seither die Society zwischen Hamburg und Sylt bewegt: | |
"Gab er für Lukas (19) sein Amt auf?" | |
Das Abendblatt, unter Chefredakteur Claus Strunz selbst auf verschärftem | |
Boulevardkurs, war zweiter Sieger. Aber der mit der Führung einer | |
Lokalzeitung unausgelastete frühere Bild-am-Sonntag-Chefredakteur machte | |
die Causa von Beust am Tag darauf zur Chefsache: Unter dem Titel "Mehr | |
Glück als Verstand - Eine politische Stilkritik" vergleicht er von Beust | |
mit der Titelfigur des Philipp-Roth-Romans "Demütigung", einem | |
Schauspieler, dem die Fähigkeit zum Schauspielen abhanden kommt - und der | |
in der Folge "beraubt um seine Stärke durch den Rest seines Lebens" | |
taumele, andere Menschen verletze, "vor allem aber sich selbst". "Das | |
könnte von Beust sein", schließt Strunz seine Tirade, in der er von Beust | |
vorhält, er habe seine zentrale Stärke verloren: seine Stilsicherheit. | |
Dem "ehemaligen Stilisten" sei die "Rückkehr in die Öffentlichkeit - | |
offenbar ausgelöst von einer glücksbedingten Pause des Verstandes - | |
erstaunlich entglitten". Auf Deutsch: Der Mann ist schwanzgesteuert. Stil | |
hatte dagegen, das ist die implizite Botschaft, wie von Beust seine ganze | |
politische Karriere hindurch seine Sexualität verbarg. Selbst nach seinem | |
ungewollten Outing war er zwar offiziell Deutschlands zweiter schwuler | |
Landesvater, de facto aber ein asexueller. Nie trat er mit seinem Freund | |
auf. Von Beust schien eine theoretische Homosexualität zu leben, | |
verheiratet aber war er mit dem Amt - so lassen sich auch die | |
stocksteifsten Hanseaten einen schwulen Bürgermeister gefallen. | |
Aber nun wirds fleischlich, und das, oh Glück (!), mit einem sehr, sehr | |
jungen Mann. Das kann man prima degoutant finden, ohne dass diese Variante | |
des alten Hamburger Spielchens "Ich bin hanseatischer als du" gleich eine | |
homophobe Note bekommt. | |
Die Sanktion gegen von Beust: der Ausschluss aus dem ehrwürdigen Kreis der | |
Alt-Bürgermeister. Davon gibt es nämlich laut Strunz eigentlich nur zwei: | |
Klaus von Dohnanyi und Henning Voscherau. Nur sie würden inner- und | |
außerhalb der Stadt gehört. Von Beust sei "auf bestem Wege", den | |
entsprechenden "Vertrauensvorschuss zu verspielen". Vielleicht trifft | |
Strunz Analyse an diesem Punkt besser, als ihm lieb ist: Unter Hanseaten | |
gilt Schein nun einmal mehr als Sein. | |
Dementsprechend sind in Hamburg eben auch die gesellschaftlichen | |
Konsequenzen dieser Liebesgeschichte Thema, nicht die Geschichte selbst. | |
Dabei hätte man gut fragen können: Was sucht ein gestandener, erfolgreicher | |
Mann bei einem Jungen, der gerade mit der Schule fertig wird? Und was jener | |
bei einem fast dreimal so alten, voll etablierten Mann, der mitten im | |
Rampenlicht steht? Wie soll sich daraus je eine gleichberechtigte Beziehung | |
entwickeln? Privatsache, findet von Beust. Und zu seinen Kritikern wurde er | |
in Bild deutlich: "Wichtig ist, dass man zuverlässig, anständig und nach | |
Gesetz lebt. Das tue ich. Der Rest sind Ressentiments." | |
21 Sep 2010 | |
## AUTOREN | |
Jan Kahlcke | |
## TAGS | |
Hamburg | |
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