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# taz.de -- Nachrichtenseite „Politico“ in Europa: Und Brüssel soll doch s…
> Das US-Magazin „Politico“ startet am Dienstag seinen Ableger in Brüssel.
> Von London bis Lissabon will man Leser erreichen – vor allem die
> mächtigen.
Bild: Die Macher und ihre Erfolgsmarke: John Harris (l.) und Jim VandeHei.
Bescheiden ist Politico nicht. Noch vor dem Start des europäischen Ablegers
am Dienstag verkündet [1][das US-Politmagazin] auf [2][politico.eu], man
sei in den USA zu einer unentbehrlichen Lektüre für die Mächtigsten im Land
geworden – „und nun kümmern wir uns um die Themen, Ideen und
Persönlichkeiten, die Europas Politik ausmachen“.
Mit einer Nachrichtenwebseite und einer donnerstags in Brüssel auf Englisch
erscheinenden Printausgabe will Politico gemeinsam mit dem Axel Springer
Verlag, der das Projekt mitfinanziert, eine europäische
Politikberichterstattung bieten. Weg von Korrespondenten, die für ihr
jeweiliges Land über die EU berichten, hin zu einem Nachrichtenkanal für
Leser von London bis Lissabon.
Dafür übernahmen die Amerikaner und Springer das Wochenmagazin European
Voices. 36 Reporter hat Politico zunächst angestellt, Chefredakteur ist
Matthew Kaminski, der vom Wall Street Journal zu Politico wechselte. Die
Seite wolle „schnell, zielgerichtet, akkurat, fair“ sein, [3][sagte
Kaminski] der Süddeutschen Zeitung.
Nun ist die Politik der EU alles andere als leicht vermittelbar und sorgt
bei Nachrichtenseiten nicht unbedingt für Klickrekorde. Doch für Politico
ist Reichweite allein nicht alles. Den Machern kommt es auf die richtige
Reichweite an.
## Gründer kommen von der „Washington Post“
John Harris und Jim VandeHei gründeten Politico 2007 als reines
Onlinemagazin, damals eine Revolution. Hinzu kam die Entscheidung der
beiden ehemaligen Washington-Post-Journalisten, ausschließlich über Politik
zu berichten. Ein Konzept, das aufging. Politico gehört in den USA zu den
einflussreichsten Politmagazinen des Landes. Laut „Comscore“ hatte die
Seite im März 2015 etwa neun Millionen Unique Visitors, also „eindeutige
Besucher“. Nach anfangs 40 arbeiten heute etwa 300 Mitarbeiter für das
Magazin, das mittlerweile auch eine gedruckte Ausgabe herausbringt.
Täglich, wenn der Kongress tagt, wöchentlich, wenn Parlamentspause ist.
Die Einnahmen, [4][so berichtet] die Washington Post, kommen aus mehreren
Quellen. 40 Prozent wurden 2014 aus Onlinewerbung generiert, 20 Prozent von
Anzeigen in der kostenlosen gedruckten Ausgabe. Und 30 Prozent der
Einnahmen bringt das kostenpflichtige [5][„Politico Pro“]. Der Rest, so die
Post, werde über Einnahmen aus Events generiert.
Die einflussreichsten Menschen in Washington lesen morgens erst Politico
und sprechen dann mit ihrem Ehemann oder ihrer Ehefrau, [6][schrieb] die
New York Times 2010 zu [7][„Playbook“], dem Newsletter von Chefreporter
Mike Allen. Das Magazin setzte von Beginn an auf „online first“ und damit
auf Schnelligkeit. Es erwartet von seinen Reportern multimediales Arbeiten
und Exklusivität. Und das kostenpflichtige Angebot dreht die Spirale noch
etwas weiter.
„Politico Pro“ beschäftigt sich gezielt mit Themen wie „Technologie“,
„Gesundheit“ oder „Handel“ – Politik, nicht Politiker stehen im Fokus.
Abonnenten können sich das zusammenstellen lassen, die Preise sind dadurch
individuell, Angebote auf Anfrage. Das „Nieman Journalism Lab“ [8][schrieb
2012], ein Jahrespreis starte bei mehr als 3.000 US-Dollar. Nichts, was der
durchschnittlich interessierte Leser ausgibt. Aber Lobbyisten, Politiker
und alle, die mit Politik Geld verdienen.
Das alles funktioniert auch gut, weil die nationale Politik der USA in
einem engen Zirkel in Washington gemacht wird. „The Hill“, das Gebiet rund
um das Kapitol, gibt den Takt vor, Politico folgt dem Rhythmus beinahe in
Perfektion. Und verkauft sein Angebot clever. Durchaus auch mit dem
umstrittenen „native advertising“, Werbung, die wie ein Bericht anmutet.
Ob sich dieses Konzept auf Europa und die EU übertragen lässt? Ein Zentrum
wie Washington ist Brüssel nicht, Politik funktioniert dort anders als
jenseits des Atlantiks. Doch sich von nationalen Grenzen zu lösen könnte
einer europäischen Journalismus-Idee guttun. Jenseits von Paywalls ist die
Branche nach wie vor auf der Suche nach Erlösmodellen im Netz, europäisch
und zielgruppenspezifisch zu denken ist Politicos Angebot, um das
US-Erfolgsmodell nach Brüssel zu bringen.
21 Apr 2015
## LINKS
[1] http://www.politico.com/
[2] http://www.politico.eu/
[3] http://www.sueddeutsche.de/medien/us-nachrichtenportal-politico-journalismu…
[4] http://www.washingtonpost.com/blogs/erik-wemple/wp/2014/10/15/is-politico-a…
[5] http://www.politicopro.com/login/
[6] http://www.nytimes.com/2010/04/25/magazine/25allen-t.html
[7] http://www.politico.com/playbook/
[8] http://www.niemanlab.org/2012/04/politico-pro-one-year-in-a-premium-priceta…
## AUTOREN
Rieke Havertz
## TAGS
Medien
USA
Brüssel
EU
Journalismus
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