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# taz.de -- Landkonfiszierung in Israel: Protest gegen umstrittenes Urteil
> Ein Gericht hält die Beschlagnahmung von Grundstücken in Jerusalem für
> möglich, wenn die Besitzer abwesend sind. Es könnte auch Siedler treffen.
Bild: Das arabische Viertel in Ost-Jerusalem mit Blick auf den Felsendom.
JERUSALEM taz | Das palästinensische Vertrauen in Israels Rechtssprechung
ist getrübt. „Bleibt den israelischen Gerichten fern“, forderte der
Gouverneur von Ostjerusalem, Adnan Husseini, am Donnerstag im Rahmen einer
Pressekonferenz über die jüngste Entscheidung des Obersten Gerichtshofs
über die Möglichkeit zur Landkonfiszierung in der Stadt. Das siebenköpfige
Richtergremium hatte entschieden, dass der Staat im Falle der Abwesenheit
von Eigentümer deren Grundstücke enteignen kann.
„Hätte der Gerichtshof anders geurteilt“, resümierte Mohannad Gbara, der
eine enteignete palästinensische Familie vor Gericht vertrat, „dann hätten
im Nachhinein die bislang konfiszierten Grundstücke an ihre Eigentümer
zurückgegeben werden müssen.“ Die Betonung der Richter, das Gesetz „nur in
absoluten Ausnahmefällen“ umzusetzen, lässt darauf hoffen, dass es in
Zukunft nicht mehr zu Enteignungen kommen wird.
Seit den frühen 50er-Jahren ermöglicht es eine bis heute gültige
Gesetzgebung, Grundstücke von Palästinensern, die sich in feindlichen
Ländern aufhalten, zu verstaatlichen. Kompliziert wurde es nach dem Krieg
1967 und der Besatzung, als der Staat das gleiche Gesetz auch zur Grundlage
für die Konfiszierung von Grundstücken in Ostjerusalem machen wollte, deren
Eigentümer im Westjordanland leben. „Das Westjordanland war von Israel
besetzt und konnte deshalb nicht als ’feindliches Gebiet’ definiert
werden“, erklärt Anwalt Gbara, dessen Klienten heute in Ramallah leben.
In der Urteilsbegründung wies der Vorsitzende Richter Asher Grunis auf die
Komplexität der Rechtslage hin, die grundsätzlich auch für jüdische Siedler
im Westjordanland geltend gemacht werden könnte, die Grundstücke in
Jerusalem oder anderswo in Israel haben. Richterin Miriam Naor warf ein,
dass sie sich keinen Fall vorstellen könne, bei dem das Gesetz angewandt
werden könnte.
Gbara sieht die Rechtsprechung, die von palästinensischen
Bürgerrechtsbewegungen als eine Legalisierung von Grundstücksdiebstahl
betrachtet wird, im Zusammenhang mit der politischen Atmosphäre in Israel.
Bei der Wahl Mitte März wurde Regierungschef Benjamin Netanjahu mit seinem
konservativen Likud erneut zur stärksten Fraktion, „und Mitte April
entschied der Oberste Gerichtshof gegen unseren Einspruch“.
Einen Tag vor dem Urteil entschied derselbe Gerichtshof über das
„Anti-Boykott-Gesetz“, das die Aufforderung, israelische Firmen zu
boykottieren, unter Strafe stellt, wenn diese dadurch nachweislich
geschädigt wurden.Trotz seiner Niederlage will Anwalt Gbara auch in Zukunft
vor Israels Gerichten für mehr Gerechtigkeit für die Palästinenser kämpfen.
„Wir haben nicht erreicht, was wir wollten“, sagt er, „aber ohne unseren
Einspruch stünde es sicher schlimmer um die Rechtslage.“
23 Apr 2015
## AUTOREN
Susanne Knaul
## TAGS
Westjordanland
Siedler
Jerusalem
Israel
Zweistaatenlösung
Immigration
Atom
Zweistaatenlösung
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