# taz.de -- Kulturpolitik: Renners Revanche | |
> Nach der erfolgreichen Intendantenverkündung für die Volksbühne | |
> inszeniert sich das Duo Müller/Renner als Macher mit Plan. | |
Bild: Tim Renner | |
Am Montag konnte man im Kulturausschuss einen selbstbewussten Kultursenator | |
erleben: Sie könnten sich entspannen, erklärte Michael Müller den | |
Vertretern der Abgeordnetenhaus-Fraktionen: Er und sein Staatssekretär Tim | |
Renner wüssten durchaus, was sie täten. Mit Chris Dercon habe man ein | |
echtes Schwergewicht an die Volksbühne geholt – kein Zufall, sondern | |
Resultat eines sorgfältigen Abstimmungsprozesses. Ein Vorgehen, das absolut | |
angemessen und außerdem erfolgreich gewesen sei. „All Ihre düsteren | |
Prophezeiungen, was die Personalie Dercon angeht, sind nicht eingetroffen“, | |
sagte Müller mit kaum verhohlener Schadenfreude in Richtung | |
Grünen-Fraktion, wo ihm die Kulturexpertin Sabine Bangert gerade noch | |
undemokratisches Gemauschel hinter geschlossenen Türen vorgeworfen hatte. | |
Findungskommissionen oder runde Tische, so Müller, seien nur sinnvoll, wenn | |
man nicht weiterwisse. Bei ihm und Renner könne man davon allerdings nicht | |
sprechen. | |
Seit Freitag, wo der glamouröse Chris Dercon der Öffentlichkeit als | |
kommender Volksbühnenintendant präsentiert wurde, haben Müller und Renner | |
wieder Oberwasser. Zuvor waren der Kultursenator und sein Staatssekretär | |
wochenlang in der Kritik. Das SPD-Duo, so die Meinung, die nicht nur | |
streitbare Theaterintendanten, sondern auch Teile der Presse vertraten, | |
agiere kraft-und visionslos. Außerdem mangele es den beiden Quereinsteigern | |
aus Musikbusiness und Stadtentwicklung an Kenntnis der Kulturlandschaft. | |
Nachdem Dercon in seiner Antrittsrede die Befürchtungen, er plane einen | |
„Eventzirkus“, entkräften konnte, scheint die Aufregung um die Nachfolge | |
Frank Castorfs einer wohlwollenden Spannung gewichen zu sein. Dercon, der | |
fünf hochkarätige Choreografie-, Regie-, Film- und Textexperten mitbringt, | |
konnte vermitteln, dass es ihm ums Theater und um die Stadt geht. Nur im | |
Kulturausschuss gibt man sich weiterhin skeptisch: Ob es stimme, dass | |
Dercon 5 Millionen Euro Etaterhöhung für das Haus am Rosa-Luxemburg-Platz | |
versprochen wurden? | |
Haltlose Gerüchte, kontert Müller – wohl bei der Pressekonferenz nicht | |
aufgepasst. Dercon kriege einen Vorbereitungsetat, wie jeder andere neue | |
Intendant, über Geld verhandle man erst. Und was ist mit der Nachfolge für | |
Staatsoper-Intendant Jürgen Flimm, dessen Vertrag Ende 2017 ausläuft? Wird | |
da ebenfalls „nach Gutsherrenart“ entschieden? Absolut, sagten Renner und | |
Müller. Und betonten noch einmal: „Wir wissen durchaus, was wir tun.“ | |
Einmal in Form, trat Renner auch gleich frontal Gerüchten entgegen, wonach | |
Finanzsenator Kollatz-Ahnen (SPD) eine Nullrunde für die Berliner Kultur | |
plant, um so die Kostenexplosion bei der Staatsoper-Sanierung | |
auszugleichen. | |
Solcherlei Getöse sei nicht wörtlich zu nehmen, wiegelte er ab. Es sei eben | |
des Finanzsenators Job, auf der Schatulle zu sitzen. Und seiner, ihn davon | |
runterzuschubsen, so Renner. Nur mit Gerüchten wolle er sich nicht | |
beschäftigen – „damit macht man keine Politik“. | |
27 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Nina Apin | |
## TAGS | |
Michael Müller | |
Theater | |
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