# taz.de -- Neues Wahlrecht in Italien: Bis zu fünfzehn Prozent geschenkt | |
> Italien hat das Wahlgesetz reformiert. Hat die stärkste Partei über 40 | |
> Prozent der Stimmen, erhält sie 55 Prozent der Abgeordnetensitze. | |
Bild: So sehen GewinnerInnen aus: die Ministerin für Verfassungsreformen und e… | |
ROM afp | Das italienische Parlament hat am Montag mit breiter Mehrheit ein | |
neues Wahlgesetz verabschiedet, welches die politischen Kräfteverhältnisse | |
grundlegend verändern dürfte. 334 Mitglieder der Abgeordnetenkammer in Rom | |
stimmten am Abend für die Reform, nur 61 Abgeordnete stimmten dagegen. Es | |
gab vier Enthaltungen. Das Gesetz soll in dem schon oft von wackeligen | |
Koalitionen geführten Land zu mehr politischer Stabilität führen. | |
Die Reform soll im kommenden Jahr in Kraft treten. Sie sieht vor, dass die | |
Partei, die mit mindestens 40 Prozent der Stimmen als stärkste Kraft aus | |
einer Wahl hervorgeht, automatisch rund 55 Prozent der Sitze in der | |
Abgeordnetenkammer (340 von 630 Sitzen) erhält. Zuvor war diese Mehrheit | |
für die gesamte Regierungskoalition vorgesehen. Sollte keine Partei im | |
ersten Wahlgang 40 Prozent der Stimmen erreichen, soll ein zweiter Wahlgang | |
zwischen den beiden stärksten Fraktionen entscheiden. Auch müssen Parteien | |
in Italien künftig mindestens drei Prozent der Stimmen erreichen, um ins | |
Parlament einzuziehen. | |
„Pflicht erfüllt, Versprechen gehalten“, schrieb Italiens Ministerpräside… | |
Matteo Renzi nach der Parlamentsentscheidung beim Kurznachrichtendienst | |
Twitter. Italien brauche „diejenigen, die nicht immer 'nein' sagen“. Zuvor | |
hatte er die Reform gegenüber einem Publikum aus Börsenhändlern in Mailand | |
als zentralen Bestandteil seiner breiter angelegten Reformagenda | |
bezeichnet. Mit dem neuen Gesetz sei von nun an „klar, wer gewonnen hat und | |
wer für fünf Jahre regiert“, sagte Renzi. „Diese politische Stabilität�… | |
eine „Voraussetzung für wirtschaftliche Innovation“. | |
Damit die Reform ihre gewünschte Wirkung entfaltet, ist allerdings noch | |
eine Verfassungsänderung nötig, mit der die Rechte des Senats zur | |
Verzögerung und Blockierung der Gesetzgebung eingeschränkt werden. Derzeit | |
ist die zweite Parlamentskammer der ersten Kammer noch gleichgestellt. Die | |
Verfassungsänderung durchläuft derzeit noch den parlamentarischen Prozess, | |
zudem soll am Ende eine Volksabstimmung darüber stattfinden. | |
Renzi hatte sich vehement für die von ihm mit dem Chef der oppositionellen | |
Forza Italia, Silvio Berlusconi, ausgehandelte Reform eingesetzt und für | |
den Fall eines Scheiterns sogar seinen Rücktritt in Aussicht gestellt. | |
Viele Oppositionspolitiker lehnen die Änderungen ebenso wie eine Minderheit | |
in Renzis Demokratischer Partei (PD) ab. Kritiker sehen darin einen Versuch | |
des Ministerpräsidenten, seine Machtposition langfristig abzusichern. Renzi | |
hatte dem entgegengehalten, er sei „nicht hier, um 20 Jahre zu regieren“, | |
sondern „um Italien zu verändern“. | |
5 May 2015 | |
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