# taz.de -- Weltmeister im Brazilian Jiu-Jitsu: „Wie Schach, nur spannender“ | |
> Linus von Schrenk ist neuer Weltmeister im Brazilian Jiu-Jitsu. Er | |
> spricht über seine Faszination für den Kampfsport und die Perspektiven | |
> als Profi. | |
Bild: Die Ästhetik des Kampfsports: BJJ-Kämpfer Roberto Francisco Jimenez und… | |
taz: Linus, was sagst du, wenn du von alten Freunden gefragt wirst, was du | |
an einem Sonntag kurz vor Weihnachten in Las Vegas gemacht hast? | |
Linus von Schrenk: Ich sage, dass ich bei der Jiu-Jitsu-Weltmeisterschaft | |
war. Und dass ich dort Weltmeister wurde. | |
taz: Staunen da viele, bewundern dich viele? | |
Schrenk: Nein, die meisten Leute, mit denen ich zu tun habe, wissen ja, was | |
ich mache. | |
taz: Bist du Profi? | |
Schrenk: Ja und nein. Ja, insofern ich fürs Kämpfen Geld bekomme und auch | |
insofern ich professionell trainiere, lebe, mich auf die Turniere | |
vorbereite. Aber nein, wenn man es so versteht, dass ich davon leben | |
könnte. | |
taz: Willst du da hin? | |
Schrenk: Ja. Es kommt darauf an, wie man sich vermarktet. Es gibt viele | |
Menschen, die Brazilian Jiu-Jitsu für sich betreiben. Da geht vieles mit | |
Tutorials auf Social Media und anderen Kanälen. So kann man Geld verdienen. | |
taz: Du bist Weltmeister im [1][Brazilian Jiu-Jitsu,] abgekürzt BJJ. Das | |
musst du erklären. | |
Schrenk: Brazilian Jiu-Jitsu ist zunächst mal ein Marketingbegriff, um es | |
in den USA bekannter zu machen. Die Geschichte geht so: Ein Japaner war | |
nach Brasilien gekommen und hatte dort Judo und Jiu-Jitsu gelehrt. Auch die | |
brasilianische Familie Gracie, die bis heute im Kampfsport eine wichtige | |
Rolle spielt, lernte bei ihm. Sie entwickelten aus dem, was sie gelernt | |
hatten, ein eigenes Regelwerk. Das ist wichtig, damit aus einer Kampfkunst | |
Kampfsport wird. So kann es dann BJJ-Wettkämpfe geben. | |
taz: Welchen WM-Titel genau hast du dir erkämpft? | |
Schrenk: Es gibt im Jiu-Jitsu verschiedene Kategorien: Gi, da wird im | |
Kimono gekämpft, und No Gi ohne Kimono. Das ist eine Unterscheidung, die du | |
dir vorstellen kannst wie im Ringen: griechisch-römisch und Freistil. | |
Unterschiedliche Ausprägungen, aber beides ist Ringen. Dann gibt es | |
verschiedene Gürtel, und es gibt verschiedene Gewichtsklassen. | |
taz: Und du bist? | |
Schrenk: Schwergewichtsweltmeister im Brazilian Jiu-Jitsu im lila Gürtel. | |
taz: Auch [2][Mixed Martial Arts] (MMA) hat ja verschiedene | |
[3][Kampfkünste] aufgenommen und integriert. Sind MMA und BJJ ähnlich? | |
Schrenk: Bei uns darf nicht geschlagen und nicht getreten werden. Das ist | |
der Hauptunterschied. Ein paar mehr Unterschiede gibt es auch noch. Es gibt | |
aber sehr verschiedene Regelwerke, das ist kaum reguliert. Es gibt auch | |
viele verschiedene BJJ-Verbände. | |
taz: In den USA ist BJJ populär. Wie zeigt sich das? | |
Schrenk: Ein Beispiel: Neulich gab es ein Turnier, da konnte der Sieger | |
eine Million Dollar gewinnen. | |
taz: Wie kommt das? | |
Schrenk: In Amerika hat ja die [4][UFC] eine große Bedeutung, Ultimate | |
Fighting Championship, eine Profitournee vor allem für MMA. Dort ist die | |
brasilianische Gracie-Familie aktiv, und zur UFC gehören mittlerweile auch | |
BJJ-Wettkämpfe. | |
taz: MMA ist ja dabei, dem klassischen Profiboxen den Rang abzulaufen. | |
Kannst du dir das auch für BJJ vorstellen? | |
Schrenk: Dass BJJ populärer wird, da bin ich mir sehr sicher. Es ist eine | |
sehr effiziente Form zu kämpfen, sie hat Potenzial. Dass BJJ bedeutender | |
als MMA und Boxen wird, glaube ich eher nicht. Die beiden sind einfacher | |
strukturiert, da ist mehr erlaubt, da kann man k. o. gehen – all das macht | |
es vermutlich populärer. | |
taz: Wie kommt man als Berliner Junge zum BJJ? | |
Schrenk: Zuerst habe ich Fußball gespielt. Mit zwölf Jahren habe ich | |
[5][„Rocky“] geguckt und wollte boxen. Aber meine Eltern wollten nicht, | |
dass ich haue und gehauen werde. Dann habe ich Sachen von der UFC gesehen | |
und wusste: So etwas will ich machen. Ich habe mich in Berlin umgeguckt und | |
etwas gefunden. | |
taz: Es gibt das Ressentiment, Kampfsport fände in einem halbseidenen | |
Milieu statt, irgendwo zwischen Zuhältern und Nazis. Nun ist deine Mutter | |
Journalistin, dein Vater ist Zeitungsgestalter, mit beiden bin ich | |
befreundet – um endlich mal zu erklären, warum wir uns duzen. Bist du eine | |
Ausnahme in deinem Sport? Oder ist das Vorurteil falsch? | |
Schrenk: Das Vorurteil ist Quatsch. Bei uns sind ganz normale Leute, alle | |
Schichten, alle Herkünfte. Bei uns ist ein Polizist und ein Ex-Krimineller, | |
alle. Natürlich gilt, dass gewisse Vereine bestimmte Klientelen anziehen. | |
Aber mehr gilt nicht. | |
taz: Was fasziniert dich an BJJ? | |
Schrenk: Es ist sehr facettenreich. Es gibt unglaublich viele Techniken. In | |
diesem Sport ist es unmöglich auszulernen. Ich verstehe ihn als eine Art | |
menschliches Schach: Man muss die Reaktionen des Gegners antizipieren, sie | |
berechnen. Mit der körperlichen Komponente ist es spannender als Schach. | |
taz: Du bist jetzt 20 Jahre alt, bist gerade erstmals Weltmeister in der | |
offenen Klasse geworden. Ist das der Zeitpunkt, dass mit der BJJ-Karriere | |
durchstarten willst? | |
Schrenk: Definitiv. | |
taz: Geht das hierzulande? | |
Schrenk: Ich kann mir gut vorstellen, in den USA zu leben. | |
27 Dec 2024 | |
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## AUTOREN | |
Martin Krauss | |
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