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# taz.de -- „Tatort“ aus Hamburg: Immer auf die Epauletten
> Die Hamburger Kommissarin Julia Grosz wird befördert. Dass sie ihrer
> neuen Leitungsfunktion nicht gewachsen ist, wird herablassend inszeniert.
Bild: Jetzt die neue Hauptkommissarin: Julia Grosz (gespielt von Franziska Weis…
Drei Sterne. Drei Sterne sind auf den Schulterklappen, die Julia Grosz
ausgehändigt bekommt. Sie ist jetzt Hauptkommissarin der Bundespolizei. Das
sei ja überfällig gewesen, so die Kriminaldirektorin, aber manchmal
bräuchten die Männer da oben länger, um fähige Frauen zu erkennen.
Aber was Drehbuchautor und Regisseur Niki Stein („Louis van Beethoven“) in
der neuen [1][NDR-„Tatort“]-Folge „Die Macht der Familie“ dann durchzie…
ist nichts anderes als Sabotage. Er baut also erst eine immense Bugwelle
auf, mit Fokus darauf, dass Grosz (Franziska Weisz) gerade eine
Karrierestufe weitergekommen ist. Dauernd sind Nahaufnahmen ihrer
Epauletten im Bild. Und dann knallt er ihr einen Großeinsatz hin – und
lässt sie scheitern. Mit dem permanenten Unterton, dass die Verantwortung
zu groß ist, sie nicht weiß, was sie tut, sie zweifelt, bezweifelt wird.
Während Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) sich für Fußarbeit in ihren
Dienst stellt.
Kurzer Inhaltsblock: Es geht um Rüstungsdeals hinter der Fassade von
Traktorenhandel, ein verdeckter Ermittler der Bundespolizei ist gerade
dabei, Strukturen der russisch-ukrainischen Mafia auffliegen zu lassen – da
wird er in die Luft gejagt. Also spannt man eine LKA-Kollegin ein: Sie ist
die Nichte des Waffenhändlers. So sie denn nicht auffliegt mit ihrem Spiel
für beide Familien – ihre eigene und die der Polizeitruppe.
Das Interessante an dem Hierarchietausch zwischen Grosz und Falke sind die
Reaktionen der anderen. „Ist sie deine Vorgesetzte?“, fragen die einen,
„Hättest du auch so entschieden?“, die anderen. Nun kann man sagen: Klar,
das ist Abbild der Realität, struktureller Sexismus am Arbeitsplatz, Stein
hat’s im Blick. Geschenkt.
Aber dafür inszeniert er die vermeintliche Unfähigkeit von Grosz zu
deutlich: „Als Einsatzleiterin liegt die Verantwortung bei Ihnen“, „Es ist
Ihre Entscheidung“, wird ihr entgegen geworfen, als stünde das überhaupt
zur Debatte. Die Hauptkommissarin als wankendes Frauenwesen. Das Presseheft
lässt dann gar keinen Zweifel mehr: „Korrektheit und sorgfältige
Ermittlungsarbeit reichen in ihrer neuen Tätigkeit nicht mehr. Auf einmal
muss sie taktisch denken.“ Ach, Frauen und Taktik, das wird nix, nech. Und:
„Eines hat Falke, was ihr trotz aller Korrektheit fehlt: Erfahrung.“ Sie
beherrscht halt nur eins: Dienst nach Vorschrift, bisschen Fakten sammeln.
Tipp an Redaktionen: Ist [2][die Story auch mit umgedrehten Genderrollen
denkbar?] Eben. Dies hier ist nur eines: grandios herablassend.
18 Apr 2021
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## AUTOREN
Anne Haeming
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