# taz.de -- Spanien in der Nations League: Schluss mit sebstgefällig | |
> Das spanische Fußballteam soll unter Nationaltrainer Enrique wieder | |
> erstarken. Der ehemalige Barça-Coach setzt auf Spieler von Real Madrid. | |
Bild: Will vieles verändern: Luis Enrique | |
BARCELONA taz | Aus und vorbei. Keine Vergleiche mehr, keine Melancholie. | |
Die Vergangenheit soll ruhen, die Zahlenfolge 2008, 2010 und 2012 ins | |
Archiv wandern. Damals räumte Spanien drei internationale Titel am Stück | |
ab, und in der Folge wurde jede Niederlage nur als ärgerlicher Zwischenfall | |
gedeutet. Doch nach drei vermasselten Turnieren am Stück gibt es kein | |
Zurück mehr. Man steht wieder bei null. Und wenn es nach dem neuen Trainer | |
Luis Enrique geht, dann soll es auch genauso sein. | |
Die lange aufgeschobene Revolution hat sich nach dem [1][Achtelfinalaus | |
gegen Gastgeber Russland] bei der WM 2018 zum einen quasi von selbst | |
vollzogen. Mit Andrés Iniesta und David Silva gingen die zwei verbliebenen | |
Hauptfiguren jener „Tiki-Taka“-Spielweise, die sie zusammen mit Xavi | |
(bereits 2014 abgetreten) und Cesc Fàbregas (seit Jahren nicht mehr | |
berücksichtigt) zum weltweiten Sehnsuchtsstil entwickelte. | |
Zum anderen gibt es jetzt eben Luis Enrique, einen überzeugten „Leader“, | |
der mit seiner schroffen, nur teils ironischen Selbstherrlichkeit etliche | |
Konventionen bricht. Nachdem er vorige Woche seinen überraschenden Kader | |
für den [2][Einstand in der Nations League] am Samstag in England und am | |
Dienstag gegen Kroatien präsentiert hatte, resümierte er genüsslich: „Mir | |
gefällt die Liste wirklich gut. Dürfte daran liegen, dass ich sie gemacht | |
habe.“ | |
Für den Verband ist das natürlich ein Coup: Luis Enrique, 48, kommt nach | |
einem Sabbatical vom FC Barcelona, wo er in drei Jahren neun Titel gewann. | |
Ungewöhnlich, dass sich ein so junger und hoch gehandelter Klubtrainer für | |
eine Nationalmannschaft entscheidet. | |
Doch dem Wahlkatalanen aus dem nordspanischen Asturien war die „selección“ | |
immer eine Herzensangelegenheit, für die er sich als Spieler im | |
WM-Viertelfinale 1994 vom Italiener Mauro Tassotti sogar die Nase | |
zertrümmern ließ. Sein Bild mit blutigem Trikot gehört fest zur spanischen | |
Fußballfolklore, und ohne diese Vorgeschichte wäre er mit seiner | |
Vergangenheit im Barça-Kosmos den Ultrapatrioten wohl gar nicht | |
vermittelbar. Auch so musste er sich bei seinem Dienstantritt noch | |
Anschuldigungen erwehren, er sympathisiere mit der katalanischen Sache. | |
## „Wir werden Spaß haben“ | |
Der Hobbytriathlet ist recht aktiv. Am Mittwoch ließ er das Team zu einem | |
„Escape Room“ in Madrid chauffieren. Teambuilding und so. Wo sich in den | |
letzten Jahren das Dolce Vita breitgemacht hatte, sind jetzt die freien | |
Nachmittage gestrichen und Mobiltelefone aus dem Essensraum verbannt. | |
Im Prinzip wird von Luis Enrique das erwartet, was ihm in Barcelona gelang: | |
einer deprimierten bis selbstgefälligen Mannschaft die nötige | |
Koffeinspritze zu verpassen. Er gilt als einer, der positive Reibung | |
erzeugen kann. Nachdem sich [3][Sergio Ramos bei der WM] wie Spaniens | |
Sonnenkönig aufgespielt haben soll, wurde sogar seine Ausbootung für | |
möglich erachtet. Luis Enrique ließ das Thema so lang wie möglich im | |
Ungewissen, hat Ramos dann jedoch letztlich nominiert. | |
Nicht eingeladen ist hingegen Jordi Alba, der Weltklasse-Linksverteidiger | |
aus Barcelona. Sportlich gilt er als so unumstritten, dass persönliche | |
Motive naheliegen. Alba lag in der Schlussphase von Luis Enriques | |
Barça-Zeit mit dem Trainer über Kreuz. Fürs Erste spielen unter dem | |
ehemaligen Barça-Coach nur zwei Barça-Profis, dafür sechs von Real Madrid. | |
Das Übergewicht der Hauptstadtprofis kommt taktisch alles andere als | |
ungelegen. Es entkräftet jeden Verdacht der Sympathiepolitik, wo Luis | |
Enrique doch just beim Real-Anhang wegen seines Wechsels zwischen beiden | |
Vereinen zu Spielerzeiten bis heute als besonderer Feind gilt. Und | |
verhindert zugleich, dass sich die Spannungen zwischen Real und Verband | |
nach der Abwerbung von Trainer Lopetegui kurz vorm WM-Start negativ | |
auswirken. | |
„Wir werden Spaß haben, ihr werdet schon sehen“, sagt Enrique. Stilistisch | |
ist wie bei Barça zu erwarten, dass er den üblichen Ballbesitzfußball um | |
Kontervarianten erweitert. „Taktisch gibt es viel zu verbessern“, kündigt | |
er an. Es muss ja nicht mit gebrochenen Nasen enden. | |
8 Sep 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Achtelfinale-Spanien--Russland/!5517162 | |
[2] http://www.kicker.de/news/fussball/nationalelf/uefanationsleague/uefa-natio… | |
[3] /Gruppe-B-Portugal--Spanien/!5513543 | |
## AUTOREN | |
Florian Haupt | |
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