# taz.de -- Schwimmendes AKW in Russland: Akademik Lomonossow ist am Netz | |
> Im Nordosten Russlands liefert das erste schwimmende Atomkraftwerk Strom. | |
> Anti-Atom-Aktivist*innen werden bei Kritik kriminalisiert. | |
Bild: Hier noch in Murmansk: Die „Akademik Lomonossow“ | |
KIEW taz | Russlands erstes schwimmendes Heizkernkraftwerk, die | |
„[1][Akademik Lomonossow]“, ist am Netz. Am Donnerstag begannen in der | |
Kleinstadt [2][Pewek] in Tschukotka im äußersten Nordosten Russlands die | |
Lichter des städtischen Weihnachtsbaumes zu leuchten – der Strom kam aus | |
dem schwimmenden Atomkraftwerk. | |
Kurz zuvor war das schwimmende Atomkraftwerk an seinem Bestimmungsort, dem | |
Hafen von Pewek, eingetroffen. 2020 werde die gesamte Stadt Pewek vom | |
schwimmenden Kraftwerk versorgt werden, [3][kündigte der Atomkonzern | |
„Rosatom“ auf seinem Internet-Portal an]. Nun sei die „Akademik | |
Lomonossow“, berichtet der Konzern stolz, das nördlichsten Atomkraftwerk | |
der Welt. Im August war es vom russischen Nordmeerhafen Murmansk aus in das | |
4.700 Kilometer entfernte Pewek gestartet. | |
Es soll ein Schlüsselinstrument beim Ausbau des Schiffsverkehrs in dieser | |
arktischen Region werden. Und es wird das ebenfalls in der Region | |
Tschukotka gelegene Atomkraftwerk Bilibinsk ersetzen, das 2021 vom Netz | |
genommen werden soll. Bilibinsk ist das einzige russische Kernkraftwerk, | |
das auf Permafrostboden gebaut ist. Und der wird vor dem Hintergrund der | |
weltweiten Klimaveränderung zunehmend weicher. | |
Der 144 Meter lange und 30 Meter breite Schwimmkörper, der zwei | |
Atomreaktoren mit einer Leistung von jeweils 35 Megawatt mit sich führt und | |
500 Millionen Euro kostet, soll 2020 den ersten Strom nicht nur für Pewek, | |
sondern auch den Rayon Tschaunski liefern. | |
## „Zu teuer und zu gefährlich“ | |
Insgesamt, so Rosatom, lasse sich mit dem schwimmenden Kraftwerk eine | |
Bevölkerung von 100.000 Menschen versorgen. Kritikern erscheint das Projekt | |
bei einer Bevölkerung von gerade einmal 50.000 Menschen in Tschukotka | |
überdimensioniert und teuer. | |
„Wir halten das Projekt für viel zu teuer und zu gefährlich“ erklärt | |
Raschid Alimow von Greenpeace Russland gegenüber der taz. Auf Tschukotka | |
gebe es genügend Potential für erneuerbare Energien. Russland hat viel vor | |
in der entlegenen Region. Hier gibt es große Gold- und Kupfervorräte. Und | |
gerade Kupfer wird in großen Massen für Elektroautos benötigt. In der | |
Peschanka-Mine in Tschukotka werden 16.000 Tonnen Gold und 23 Millionen | |
Tonnen Kupfer vermutet. 2021 soll die Förderung beginnen. | |
Es ist kaum zu erwarten, dass es der kleinen und zunehmend kriminalisierten | |
russischen Anti-AKW-Bewegung gelingt, dieses Projekt in Pewek noch zu | |
stoppen. Die Bewegung kämpft vielmehr um ihr Überleben. | |
Anfang vergangener Woche war Greenpeace-Sprecher [4][Raschid Alimow] | |
kurzzeitig in St. Petersburg festgenommen worden. Der Vorwurf: Er habe mit | |
einer Aktion vor dem Bahnhof von St. Petersburg gegen den Import deutschen | |
Atommülls die öffentliche Ordnung verletzt. | |
Zuvor waren drei Aktivisten in Nowouralsk, dem Bestimmungsort des deutschen | |
Atommülls aus Gronau, verhört worden, weil sie in Mahnwachen gegen den | |
Import von Atommüll demonstriert hatten. Und die bekannte russische | |
Umweltschützerin Alexandra Korolewa ist dieses Jahr aus Angst vor | |
Kriminalisierung nach Deutschland geflohen. | |
22 Dec 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Russlands-schwimmendes-AKW-startet/!5617723 | |
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Pewek | |
[3] https://www.rosatom.ru/en/press-centre/news/rosatom-s-first-of-a-kind-float… | |
[4] /Billigentsorgung-von-Atommuell/!5638653 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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