| # taz.de -- Schwimm-EM in Berlin: Er hat den Dreh raus | |
| > Patrick Hausding liebt das Springen, den Nervenkitzel und das Wasser. Der | |
| > Berliner Wassersprung-Weltmeister ist bei der Schwimm-EM dabei. | |
| Bild: Patrick Hausding beim deutschen Turmsprungfinale 2014. | |
| Dreimal katapultiert das Sprungbrett den muskulösen Körper in die Höhe. | |
| Dann springt er ab. Schnell legt Patrick Hausding seine Arme um die | |
| angewinkelten Beine und beginnt sich vorwärts zu drehen. Viermal, fünfmal, | |
| es geht rasend schnell. Dann streckt sich der Körper wieder und taucht | |
| senkrecht ins Wasser. | |
| Patrick Hausding ist gebürtiger Berliner und Profi-Wasserspringer. Bei | |
| einem Schnuppertraining des TSC Berlin hatte der damals Siebenjährige den | |
| Sport für sich entdeckt. „Ich war schon als Kind immer sehr hibbelig, da | |
| war das eine super Möglichkeit, mich zu bewegen“, sagt er. 18 Jahre später | |
| ist Patrick Hausding mehrmaliger Deutscher Meister und Europameister, holte | |
| 2008 bei den Olympischen Spielen in Peking Silber im Synchronspringen und | |
| wurde in dieser Disziplin 2013 sogar Weltmeister. Bei der heute beginnenden | |
| 32. Schwimm-Europameisterschaft in Berlin tritt er sowohl im Kunstspringen | |
| als auch im Synchronspringen gemeinsam mit seinem Partner Sascha Klein an. | |
| Neben seiner Karriere als Wasserspringer studiert Hausding | |
| Betriebswirtschaftslehre an der Humboldt-Universität. Doch kommt er mit | |
| seinem Studium neben Training und Wettkämpfen nur sehr langsam voran. | |
| „Momentan bin ich zwar im vierten Semester, aber vom Wissensstand eher noch | |
| im ersten“, sagt er. | |
| Es ist früh am Morgen, als Hausding an der Tür der Schwimm- und Sprunghalle | |
| Paul-Heyse-Straße klingelt. An der Wand ist ein kleines Kamera-Bullauge | |
| angebracht. „Hausding mein Name“, sagt er nüchtern und schaut hinein. Kurz | |
| darauf summt der Türöffner und er tritt ein. Am Ende des Ganges mit dem | |
| mintgrünen Linoleumboden wartet schon sein Trainer Jan Ketzschmar. „Wieder | |
| mal zu spät, der Herr Hausding“, sagt er grinsend und schließt die Tür zum | |
| Trainingsraum auf. Es ist heute eine von Hausdings letzten | |
| Trainingseinheiten vor der Europameisterschaft. | |
| Dass der 25-Jährige in der Randsportart Wasserspringen so erfolgreich ist, | |
| hat wohl mehrere Gründe: Mut, Spaß am Springen und die Liebe zum Wasser | |
| gehören dazu. Das seien Eigenschaften, die man als Wasserspringer brauche, | |
| sagt er. Hinzu komme die Unterstützung seiner Familie. „Es ist wichtig, | |
| dass jemand da ist, der dich ermuntert weiterzumachen, auch wenn du dich | |
| mal verletzt.“ | |
| Nach dem Training in einem kleinen Bistro gegenüber der Schwimmhalle rührt | |
| Hausding in seinem Kaffee. Er erzählt von seiner Schulzeit im Coubertin | |
| Gymnasium in Prenzlauer Berg. | |
| Schon während seiner Schulzeit nahm Hausding an nationalen Wettkämpfen und | |
| Europameisterschaften teil. Im Unterricht fehlte er oft, weshalb es für ihn | |
| nicht immer leicht war, seine Freundschaften zu pflegen. „Wenn du nur alle | |
| zwei Wochen da bist, hast du natürlich weniger soziale Beziehungen“, sagt | |
| er. Und außerdem wenig Freizeit. Denn während seine Klassenkameraden nach | |
| dem Unterricht Fußball spielten, ins Kino oder auf Parties gingen, musste | |
| er trainieren. Das ist auch heute noch so. Pläne schmieden kann er mit | |
| seinen Freunden fast nie. Zeit mit seiner Freundin verbringt er oft nur an | |
| den Abenden oder Wochenenden. | |
| Für die Europameisterschaft in Berlin, die in der Schwimm- und Sprunghalle | |
| Paul-Heyse-Straße und im Velodrom nahe der Landsberger Allee ausgetragen | |
| wird, sieht er ab heute durchaus ein paar Heimvorteile. „Ich kenne die | |
| Anlage in- und auswendig und springe natürlich schon viel länger auf den | |
| Brettern als die anderen Teilnehmer und außerdem vor heimischem Publikum.“ | |
| Strenge Wettkampfrituale, wie viele andere Sportler, hat er nicht. Für ihn | |
| sind das „Zwangsneurosen“. Stattdessen folgt er vor jedem Wettkampf einem | |
| bestimmten Rhythmus. Drei Sprünge, bevor er dran ist, geht es los: Dann | |
| schöpft Hausding mit beiden Händen Wasser aus dem Sprungbecken und lässt es | |
| sich über seinen Kopf laufen – vom Haaransatz bis zum Hinterkopf. Danach | |
| geht er seinen Sprung noch einmal gedanklich durch, imitiert die einzelnen | |
| Bewegungen. | |
| Und auch etwas anderes ist wichtig: Hausding greift ins vordere Fach seines | |
| Rucksack und zieht sein Portemonnaie heraus. In seiner rechten Hand hält er | |
| eine Art Folie in Form einer Kreditkarte. Drei vierblättrige Kleeblätter | |
| sind darin. „Das habe ich von meinem Vater bekommen. So etwas schenkt er | |
| mir vor den Wettkämpfen.“ | |
| In ein paar Jahren allerdings wird seine Karriere vorbei sein. Dann muss er | |
| sich umorientieren. Bis 2016 will er sich noch voll auf den Sport | |
| konzentrieren – und dann etwas mehr auf das Studium. Und danach? | |
| Sportmarketing und Journalismus interessieren ihn. „So eine Art | |
| Franziska-van-Almsick-Job wäre cool!“ | |
| 13 Aug 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Lisa Opitz | |
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