| # taz.de -- Sanktionen gegen iranisches IT-Unternehmen: ArvanCloud auf der Blac… | |
| > Das US-Finanzministerium sperrt Vermögen und verbietet Geschäfte mit der | |
| > iranischen Firma. Sie habe Verbindungen zum iranischen Geheimdienst. | |
| Bild: Smartphonenutzer:innen in Teheran, Februar 2022 | |
| Berlin taz | Wegen Hilfe bei der Internetzensur hat das | |
| US-Finanzministerium Sanktionen gegen das iranische IT-Unternehmen | |
| ArvanCloud erlassen. Auch der Geschäftsführer sowie der technische Leiter | |
| wurden gelistet. In den USA sind damit alle Vermögenswerte gesperrt. Für | |
| US-Bürger*innen sind zudem alle Geschäfte mit ihnen verboten. ArvanCloud | |
| ist laut deutsch-iranischer Handelskammer der größte Cloud-Service-Anbieter | |
| in Iran. In der EU steht das Unternehmen seit November auf der | |
| Sanktionsliste. | |
| Im Oktober hatte die [1][taz in einer gemeinsamen Recherche mit Correctiv | |
| und Netzpolitik.org] die Zusammenarbeit von ArvanCloud mit dem iranischen | |
| Regime sowie Verbindungen zu einer Firma in Nordrhein-Westfalen aufgedeckt. | |
| Die Recherchen zeigten, dass ArvanCloud an einem Teil des „Nationalen | |
| Informationsnetzes“ mitarbeitet und dem Regime Kontrollbefugnisse einräumt. | |
| ArvanCloud und die deutsche Firma wiesen die Anschuldigungen zurück. | |
| Mit dem „Nationalen Informationsnetz“ sollen Auswirkungen von | |
| Internetblockaden eingegrenzt werden. Das US-Finanzministerium beschreibt | |
| es als eine „zensierte Version des Internets unter Kontrolle der iranischen | |
| Behörden“. | |
| In Iran wird der Zugang zu Informationen stark kontrolliert. | |
| Social-Media-Netzwerke sind gesperrt. In den vergangenen Jahren und | |
| vermehrt seit Beginn der Revolte nach dem gewaltsamen Tod von Jina Mahsa | |
| Amini im letzten September ist in verschiedenen Regionen das Internet | |
| zeitweise eingeschränkt oder abgeschaltet worden. Laut Alp Toker, | |
| [2][Gründer von Netblocks.org], kommt es aktuell wöchentlich zu | |
| Abschaltungen in Zahedan in der ostiranischen Provinz Sistan und | |
| Belutschistan. | |
| ## Whitelisting statt Blacklisting | |
| In einer Begründung für die Sanktionen [3][verwies das US-Finanzministerium | |
| am Freitag auf ArvanClouds Rolle bei der Entwicklung des Nationalen | |
| Informationsnetzes]. Zudem unterhalte ArvanCloud enge Beziehungen zu den | |
| iranischen Nachrichtendiensten, leitende Manager von Arvan Cloud seien | |
| entweder aktuelle oder ehemalige Mitarbeiter des Ministeriums für | |
| Nachrichtendienste und Sicherheit. Arvan Cloud stelle Abhördienste bereit, | |
| „so dass die iranischen Behörden den ein- und ausgehenden Datenverkehr | |
| kontrollieren und zensieren und die Daten auf den Servern überwachen | |
| können“. | |
| [4][In einem Statement auf Twitter wies ArvanCloud die Anschuldigungen | |
| zurück] und erklärte: „Cloud-Dienste können weder direkt noch indirekt eine | |
| Rolle bei der Filterung, Zensur oder Einschränkung des Internets irgendwo | |
| auf der Welt spielen.“ Das Unternehmen kündigte an, rechtlich gegen die | |
| US-Sanktionen vorzugehen, ebenso wie gegen die Strafmaßnahmen der EU. | |
| [5][Die EU hatte ArvanCloud im November auf die Sanktionsliste genommen]. | |
| Zuletzt hatte die EU Ende Mai weitere Maßnahmen gegen den Iran beschlossen. | |
| Laut Deutscher Presse-Agentur umfasst die EU-Sanktionsliste nun 216 | |
| iranische Verantwortliche und 37 Organisationen, die für | |
| Menschenrechtsverstöße verantwortlich gemacht werden. | |
| Amin Sabeti, exiliranischer Experte für IT-Sicherheit, sagte der taz: „Die | |
| Sanktionierung von ArvanCloud durch die US-Regierung ist ein guter Schritt, | |
| da sie dem Unternehmen und seinen Mitarbeitende zeigt, dass die Beteiligung | |
| an der Entwicklung des Nationalen Informationsnetzes mit Kosten verbunden | |
| ist.“ Viele Mitarbeiter*innen wollten auch im Westen arbeiten. Die | |
| Sanktionen würden die Botschaft senden, „dass man im Westen nicht | |
| willkommen ist, wenn man eine Rolle bei der Internetzensur in Iran spielt“. | |
| Es sei in Iran nach wie vor üblich, über VPNs (Virtuelle Private Netzwerke) | |
| die Internetzensur des Regimes zu umgehen, erklärte Sabeti. Das Regime gehe | |
| dagegen vor, wo es könne. Laut dem IT-Experten gehe das Regime dabei von | |
| einem „Blacklisting“ zu einem „Whitelisting“ über, was eine Verschärf… | |
| der Einschränkungen bedeute. Anstatt unliebsame Internetseiten zu | |
| blockieren, werde der Zugang zu ausgewählten Internetseiten erlaubt und | |
| alles andere blockiert. | |
| 6 Jun 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Iranische-Tarnfirmen-in-Deutschland/!5885984 | |
| [2] https://netblocks.org/ | |
| [3] https://home.treasury.gov/news/press-releases/jy1518 | |
| [4] https://twitter.com/ArvanCloud/status/1664698427513479168 | |
| [5] /Strafmassnahmen-gegen-Iran/!5894895 | |
| ## AUTOREN | |
| Jean-Philipp Baeck | |
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