# taz.de -- SOZIALER BRENNPUNKT: Grohner Düne in Bremen wird „gerettet“.: … | |
> Die Stadt Bremen und die Firma Grand City Property investieren Millionen | |
> in die Grohner Düne. Rot-Grün ist begeistert, andere reagieren skeptisch. | |
Bild: Wer hier wohnt, ist „automatisch abgestempelt“, sagt einer der Bewohn… | |
BREMEN taz| Die Grohner Düne wird gerettet. Wirklich! Sagt jedenfalls der | |
rot-grüne Senat. | |
Und der ist schon ganz euphorisiert. Er hat nämlich am Dienstag eine | |
Absichtserklärung unterzeichnet, zusammen mit der Grand City Property Ltd. | |
(GCP), dem die Wohnanlage hinter dem Vegesacker Bahnhof gehört. | |
Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) spricht von einem „Riesenschritt“, der | |
grüne Bausenator Joachim Lohse von einer „Erfolgsgeschichte“. Tobias Helfst | |
vom Bremer Erwerbslosenverband (BEV), der viele der oft arbeitslosen | |
MieterInnen der Grohner Düne berät, spricht lieber von „Sonntagsreden“ und | |
„Durchhalteparolen“. | |
Die „[1][Kooperationsvereinbarung]“ zwischen der GCP und der Stadt | |
begründet zwar explizit „keine Leistungsansprüche“. Dennoch will Bremen b… | |
zu 3,5 Millionen Euro investieren. GCP will im Gegenzug bis 2017 alle | |
Fahrstühle und Treppenhäuser sanieren, rund 100 derzeit leer stehende | |
Wohnungen renovieren und die Außenflächen „aufwerten“. | |
Ein neuer Spielplatz soll gebaut, der Brandschutz verbessert werden. | |
Außerdem verspricht der Vermieter nun eine „zuverlässige Mieterbetreuung“, | |
mit einem Hausverwalter, Sprechstunden, die zwei Mal in der Woche | |
stattfinden und einem Beschwerdemanagement, das rund um die Uhr erreichbar | |
sein soll. Darüber hinaus soll im Erdgeschoss der Wohnanlage auf etwa 90 | |
mietfreien Quadratmetern das SOS Kinderdorf einziehen, auch eine „Zone der | |
Begegnung“ soll im Erdgeschoss noch entstehen – bis 2018. | |
Über die Firma mit Sitz in Zypern hört man im Rathaus nur Gutes: „Das ist | |
keine Heuschrecke“, sagt der Martin Prange, der Beauftragte für | |
Bremen-Nord, GCP wolle sich „dauerhaft engagieren“ und investiere „einen | |
hohen siebenstelligen Betrag“. Die Stadt Bremen will deshalb nun den | |
Fußgängerbereich vor der Grohner Düne umgestalten, die Fußwege der | |
Schulkinder erneuern und die Querung der Straße erleichtern. Außerdem soll | |
ein Sozialarbeiter mit möglichst großer Fremdsprachenkompetenz eingestellt | |
werden. „Geprüft“ wird ferner, ob der große Innenhof der Grohner Düne ei… | |
„Concierge“, also eine Art Pförtner bekommen soll. Eingestellt werden | |
könnte dabei aber nur ein Langzeitarbeitsloser – die Stelle würde zu drei | |
Vierteln von der Stadt bezahlt, nur den Rest müsste GCP übernehmen. | |
Claudia Bernhard, bau- und wohnungspolitische Sprecherin der Linkspartei, | |
kritisiert diese Art der Arbeitsmarktförderung. Die Grohner Düne bräuchte | |
Leute, „die länger bleiben“, sagt sie – vom Amt geförderte Arbeitslose … | |
seien maximal 24 Monate da. Bernhard erinnerte dabei an den „gescheiterten“ | |
Versuch, einen Sprach- und Kulturvermittler in der Grohner Düne zu | |
etablieren. Zwar sei die Kooperationsvereinbarung „besser als befürchtet“, | |
sagt Bernhard. „Doch das Kernproblem der Grohner Düne wird man damit nicht | |
knacken“. | |
Dazu gehört, dass die Wohnanlage nicht nur in schlechtem Zustand ist, | |
sondern auch einen schlechten Ruf hat. Bewerbungen mit dieser Adresse seien | |
„chancenlos“, sagt Helfst. Wer hier wohnt, wird „automatisch abgestempelt… | |
sagte kürzlich einer der Bewohner bei Radio Bremen. Ein anderer nannte die | |
Grohner Düne „ein abgeschlossenes Biotop“. Der zuständige Kontaktpolizist | |
verteidigte indes die BewohnerInnen: Da wohnen oft „einfache Menschen“, | |
sagt er Radio Bremen, aber „sehr viele ordentliche“. Die Grohner Düne sei | |
besser als ihr Ruf, so sein Fazit. | |
Jedoch sind viele der derzeit vermieteten Wohnungen „in einem | |
fürchterlichen Zustand“, sagen Helfst und Bernhard. Beide fordern „eine | |
Kernsanierung“ der gesamten Immobilie – also nicht nur jener Wohnungen, die | |
momentan leer stehen. Davon ist in der Absichtserklärung aber keine Rede. | |
In der Vergangenheit habe die GCP „wenig gemacht“, so Helfst – „und wen… | |
dann wurde es schlechter“. So wurden Ventilatoren zur Entlüftung der | |
Badezimmer einfach abgeschaltet, [2][berichtete der BEV im Mai], Fahrstühle | |
funktionierten „wochenlang nicht“, Abfälle seien nicht entfernt, | |
Wasserschäden „nicht beseitigt“ worden. Zugleich habe es „erheblichen | |
Mieterhöhungen“ gegeben – mit dem Hinweis: „Mängel jeglicher Art“ hä… | |
„laut Gesetzgeber“ darauf „keine Auswirkungen“. | |
Bausenator Lohse sieht an der Grohner Düne schon „einen einladenden und | |
gastlichen Ort“ entstehen und verweist auf die positive Entwicklung in | |
Osterholz-Tenever, wo sich die halbstaatliche Gewoba engagierte. „Ich kann | |
diesen Optimismus nicht teilen“, sagt Helfst. | |
10 Aug 2016 | |
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## AUTOREN | |
Jan Zier | |
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