# taz.de -- Rücktritt von Nicola Sturgeon: Schottland liegt auf Eis | |
> Nicola Sturgeon war die starke Stimme Schottlands. Doch zuletzt überwogen | |
> die Niederlagen der SNP-Chefin. Die Unabhängigkeit ist vorerst verspielt. | |
Bild: Hat ihren Abschied verkündet: Schottlands erste Ministerin Nicola Sturge… | |
Das Jahr 2023 sollte das Jahr der schottischen Regierungschefin [1][Nicola | |
Sturgeon] werden. Vieles hat sie dafür aufs Spiel gesetzt, doch sie hat | |
ihre Karten falsch eingeschätzt. Nun hat Sturgeon ihren Rücktritt als | |
Regierungs- und Parteichefin angekündigt. Sie begründete diesen Schritt mit | |
den großen körperlichen und psychischen Belastungen im Amt durch die | |
Coronapandemie; die Entscheidung habe nichts mit politischem Druck zu tun. | |
Tatsächlich aber reiht sie sich in eine Serie von politischen Niederlagen | |
ein. | |
Zunächst ist es Sturgeons schottischer Nationalpartei SNP, die die | |
Unabhängigkeit anstrebt, nicht gelungen, den britischen Supreme Court von | |
einem zweiten Referendum zur Unabhängigkeit zu überzeugen. Eigentlich | |
wollte Sturgeon das Referendum im Oktober 2023 abhalten lassen. | |
Dann scheiterte sie erneut an der Regierung in Westminster: Das in | |
Schottland beschlossene und hoch umstrittene Gesetz, das eine | |
[2][Geschlechtsangleichung für trans Personen] ohne medizinische Diagnose | |
möglich machen sollte, wurde von der Zentralregierung blockiert. Und | |
schließlich nahm noch ein Skandal um möglichen Betrug bei der Nutzung von | |
Parteigeldern, in den auch ihr Ehemann involviert ist, im Hintergrund Fahrt | |
auf. | |
All das schwächte ihre einst gute Position. Beim Thema Pandemie konnte | |
Nicola Sturgeon sich noch stark gegen die Johnson-Regierung behaupten, und | |
auch während des Brexits als starke und verlässliche Gegenstimme punkten. | |
Doch in der Wirtschaftskrise, die durch die Coronapandemie und den Brexit | |
hervorgerufen wurde, priorisierte die Regierungschefin vor allem politische | |
Ziele, die nicht mehr im Einklang mit den Grundbedürfnissen der | |
schottischen Bevölkerung standen. | |
## Die gesamte politische Ausrichtung verändert sich | |
So sank Sturgeons Ansehen in Schottland zunehmend. Der letzte Tropfen für | |
das Aus ihrer Karriere war der Skandal um zwei [3][transsexuelle | |
Sexualstraftäterinnen], eine davon eine Vergewaltigerin: Beide hatten ihr | |
Verbrechen im männlichen Körper begangen und waren gemäß des neuen | |
Selbstbestimmungsgesetzes zunächst Strafanstalten für Frauen zugewiesen | |
worden. Ein Aufschrei verhinderte dies. | |
Nicht nur die SNP muss sich jetzt vollkommen neu orientieren. Die gesamte | |
politische Ausrichtung Schottlands verändert sich. Die Unabhängigkeit ist | |
vorerst verspielt, weitere Bestrebungen sind wegen der stark geschwächten | |
SNP auf Eis gelegt. Profit schlagen wollen die Labourpartei, die durch die | |
SNP seit Jahrzehnten Stimmen einbüßt, und die schottischen Tories, die sich | |
in der Transgenderdebatte stark gegen das neue Gesetz aussprachen. | |
15 Feb 2023 | |
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[1] /Schottland-unterliegt-am-Supreme-Court/!5897647 | |
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## AUTOREN | |
Daniel Zylbersztajn-Lewandowski | |
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