| # taz.de -- Rehlinger ist Saar-Ministerpräsidentin: Das Saarland wird weiblich | |
| > Anke Rehlinger wurde zur neuen Saar-Ministerpräsidentin gewählt. | |
| > Mindestens drei Abgeordnete der Opposition haben auch für sie gestimmt. | |
| Bild: Die neue Ministerpräsidentin Anke Rehlinger legt vor der neuen Landtagsp… | |
| Saarbrücken taz | Die [1][Sozialdemokratin Anke Rehlinger ist die neue | |
| Ministerpräsidentin des Saarlands.] Bei der konstituierenden Sitzung des | |
| saarländischen Landtags erhielt die 46-Jährige am Montag 32 von 51 Stimmen. | |
| Da die SPD im Landesparlament lediglich über 29 Sitze verfügt, müssen bei | |
| der geheimen Wahl auch mindestens drei [2][Abgeordnete der | |
| Oppositionsparteien CDU und AfD] für sie gestimmt haben. Rehlinger bedankte | |
| sich für das „eindeutige Ergebnis“. Als einer der ersten gratulierte ihr | |
| der [3][abgewählte Amtsvorgänger Tobias Hans], der dem Landtag als | |
| einfacher CDU-Landtagsabgeordneter weiter angehört. Seine Partei musste an | |
| diesem Montag nach mehr als 20 Jahren die Staatskanzlei erstmals wieder an | |
| die SPD abgeben. | |
| Rehlinger führt damit als eine von vier sozialdemokratischen | |
| Ministerpräsidentinnen die einzige Landesregierung in Deutschland, die | |
| allein von einer Partei gestellt wird und nicht auf einen Koalitionspartner | |
| angewiesen ist. Bei ihrem Erfolg bei der Landtagswahl vor vier Wochen | |
| erzielte die SPD im Saarland 43,5 Prozent der Stimmen. Da Grüne, FDP und | |
| Linke jeweils an der 5-Prozent-Hürde scheiterten und darüber hinaus fast | |
| zehn Prozent der WählerInnnen chancenlosen Kleinstparteien ihre Stimme | |
| gaben, reichte das bei der Sitzverteilung für die absolute Mehrheit im | |
| Landesparlament. | |
| ## Starkes Signal für Frauen und Mädchen | |
| Die Ministerpräsidentin, bislang Wirtschaftsministerin einer Großen | |
| Koalition von CDU und SPD, versicherte, mit ihrer Wahl werde es im Land | |
| keinen Bruch, aber hoffentlich einen Aufbruch geben. Sie nannte als | |
| Herausforderungen der nächsten fünf Jahre den Transformationsprozess der | |
| Industrie und den demografischen Wandel. Jeder vierte Arbeitsplatz im | |
| Saarland hängt direkt oder indirekt von der Automobilindustrie ab, die den | |
| Übergang in neue, postfossile Technologien bewältigen muss. Eine | |
| Alleinregierung bedeute nicht, dass es künftig einsame Entscheidungen geben | |
| werde, sagte Rehlinger; sie werde die großen Herausforderungen „in einer | |
| Koalition mit allen SaarländerInnen“ angehen. | |
| Als ein starkes Signal an alle Frauen und Mädchen bezeichnete es die | |
| ebenfalls am Montag neugewählte saarländische Landtagspräsidentin Heike | |
| Becker, SPD, dass beide höchsten Ämter des Landes mit Frauen besetzt seien; | |
| es sei aber noch ein „weiter Weg“ zur Gleichstellung von Männern und | |
| Frauen, räumte sie ein. Die Verwaltungsfachfrau, die dem Landtag erst seit | |
| drei Jahren angehört, forderte „scharfe Transparenzregeln“ für den | |
| saarländischen Landtag und kündigte eigene Initiativen zur | |
| BürgerInnenbeteiligung an, zum Beispiel durch einen Beirat zum Klimaschutz. | |
| ## Masterplan fürs Saarland | |
| Am Dienstag wird das Kabinett der neuen Landesregierung vereidigt. | |
| Rehlinger setzt vor allem auf bewährte Kräfte aus dem Saarland. So rückt | |
| ihr bisheriger Staatssekretär Jürgen Barke als Wirtschafts- und | |
| Digitalminister auch zum stellvertretenden MP auf. Der bisherige | |
| Umweltminister Reinhold Jost wird Innen- und Bauminister. Seinen früheren | |
| Posten, erweitert zum Klimaministerium, übernimmt die Parlamentarierin | |
| Petra Berg. Christine Streichert-Clivot bleibt Bildungsministerin, der | |
| SPD-Abgeordnete Magnus Jung übernimmt das Arbeits- und | |
| Gesundheitsministerium; als Staatssekretärin steht ihm die | |
| DGB-Vizelandesvorsitzende Bettina Altesleben zur Seite. | |
| Als Coup gilt die Berufung des Ökonomen Jakob von Weizsäcker, 52 Jahre alt, | |
| der saarländischer Finanz- und Wissenschaftsminister wird. Der Sohn des | |
| prominenten Umweltwissenschaftlers und Sozialdemokraten Ernst Ulrich und | |
| Großneffe des früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker war als | |
| enger Mitarbeiter des heutigen Bundeskanzlers Olaf Scholz Chefökonom und | |
| zuletzt G20-Koordinator im Bundesfinanzministerium. Nach Studien und | |
| Forschungsaufenthalten unter anderem in den USA und Frankreich war er | |
| SPD-Europaabgeordneter in Brüssel. Der Personalimport aus Berlin soll für | |
| das notorisch klamme Saarland einen Masterplan entwickeln, vor allem für | |
| die Entschuldung der saarländischen Kommunen. | |
| Die neue Ministerpräsidentin, gleichzeitig stellvertretende | |
| SPD-Parteivorsitzende im Bund, setzt ihre Hoffnungen auf Olaf Scholz, der | |
| bereits als Kanzlerkandidat Vorschläge dazu vorgelegt hatte. Die waren | |
| allerdings am Widerstand der Union gescheitert. Ohne Unterstützung aus | |
| Brüssel und Berlin, so hat der neue saarländische Kassenwart bereits zu | |
| Protokoll gegeben, werde das Saarland seine Strukturprobleme nicht lösen | |
| können, selbst wenn die Transformation der Industriearbeitsplätze gelingen | |
| sollte. Er sprach von einem „schwierigen Balanceakt zwischen der | |
| schwierigen finanziellen Lage des Landes und erforderlichen | |
| Transformationsinvestitionen“. | |
| 25 Apr 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christoph Schmidt-Lunau | |
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