# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Costa Rica: Linksliberaler Carlos Alvarado… | |
> Der 38-jährige Ex-Minister setzte sich am Sonntag gegen Fabricio Alvarado | |
> durch, der im Wahlkampf mit scharfer Polemik gegen die Ehe für alle mobil | |
> gemacht hatte. | |
Bild: Daumen hoch: Der Linksliberale Carlos Alvarado gewinnt die costaricanisch… | |
SAN JOSÉ afp | In Costa Rica hat der linksliberale Kandidat Carlos Alvarado | |
die Stichwahl für das Präsidentenamt klar gewonnen. Der 38-jährige | |
Ex-Minister setzte sich am Sonntag mit rund 60 Prozent der Stimmen gegen | |
den rechtsgerichteten Fabricio Alvarado durch, der im Wahlkampf mit | |
scharfer Polemik gegen die Ehe für alle mobil gemacht hatte. Der Prediger | |
einer evangelikalen Freikirche kam nur auf 39,3 Prozent. | |
Die 3,3 Millionen Wahlberechtigten in dem kleinen zentralamerikanischen | |
Land hatten bei der Stichwahl eine Richtungsentscheidung zu treffen: Carlos | |
Alvarado entstammt der regierenden Mitte-links-Partei der Bürgeraktion | |
(PAC) und steht für eine Fortsetzung der traditionell liberalen und | |
laizistischen Politik in Costa Rica. | |
Fabricio Alvarado trat für die Partei Nationale Restauration (RN) an, die | |
aus evangelikalen Neopfingstkirchen hervorgegangen ist. Diese finden in | |
Costa Rica derzeit wachsenden Zulauf. Sein Sieg hätte eine konservative | |
Kehrtwende bedeutet. Letzte Umfragen hatten die beiden Alvarados, die nicht | |
miteinander verwandt sind, Kopf an Kopf gesehen. | |
Das Ergebnis teilte das Oberste Wahlgericht nach Auszählung von 95,6 | |
Prozent der Stimmen mit. Carlos Alvarado wird nun im Mai die Nachfolge von | |
Präsident Luis Guillermo Solis antreten, der gemäß der Verfassung nicht | |
noch einmal antreten durfte. | |
Die erste Wahlrunde im Februar hatte noch der Prediger Fabricio Alvarado | |
mit 24,9 Prozent gewonnen. Carlos Alvarado war auf 21,6 Prozent der Stimmen | |
gekommen. Nach dem costaricanischen Wahlgesetz sind für einen Sieg im | |
ersten Durchgang mindestens 40 Prozent der Stimmen erforderlich. | |
## „Strukturell konservative Gesellschaft“ | |
Der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte (CIDH) hatte sich | |
aber Anfang Januar wegweisend zu den Rechten von Schwulen, Lesben sowie | |
Transsexuellen geäußert und die Länder der Region aufgefordert, | |
gleichgeschlechtliche Ehen anzuerkennen. | |
Dagegen stemmte sich der evangelikale Kandidat Fabricio Alvarado, wodurch | |
seine Umfragewerte schlagartig stiegen. Politische Beobachter erklärten das | |
mit der „strukturell konservativen Gesellschaft“ Costa Ricas. Diese lehne | |
die Ehe für alle, den Konsum von Drogen und eine Trennung von Kirche und | |
Staat ab. | |
Als der Prediger am Sonntag seine Stimme abgab, sah er sich mit einer | |
Gruppe Frauen in roten Gewändern konfrontiert, die gegen religiösen | |
Fundamentalismus protestierten. Gekleidet waren sie wie Nonnen – in | |
Wirklichkeit Sexsklavinnen – aus der Fernsehserie „Der Report der Magd“, | |
eine Verfilmung des gleichnamigen Romans der kanadischen Autorin Margaret | |
Atwood. | |
Am Abend räumte Alvarado seine Wahlniederlage vor einer Menge enttäuschter | |
Anhänger rasch ein, dankte Gott und gratulierte dem Sieger zu seinem | |
Triumph. | |
Der 38 Jahre alte Carlos Alvarado war unter dem scheidenden Staatschef | |
Solis zunächst Minister für soziale Entwicklung, dann Arbeitsminister. Er | |
arbeitete früher als Journalist, machte sich aber auch als Romanautor einen | |
Namen. | |
## Wachsende soziale Spaltung | |
Im Wahlkampf trat er für einen laizistischen Staat ein. Er machte Werbung | |
für mehr Bildung und Umweltschutz sowie für den Abbau des wachsenden | |
Staatsdefizits. In seiner Siegesansprache sagte er: „Es gibt viel mehr, was | |
uns eint als was uns trennt.“ Seine Aufgabe sei es nun, die Nation | |
gemeinsam voranzubringen. | |
Als Student sang Carlos Alvarado in einer progressiven Rockband namens | |
Dramatika. Pink Floyd gehört zu seinen Lieblingsbands. Nach einem | |
Aufenthalt in Panama wegen der Architektenkarriere seiner Frau kehrte er | |
nach Costa Rica zurück und engagierte sich im Präsidentschaftswahlkampf | |
2014 für Solis. | |
Das vergleichsweise wohlhabende Costa Rica gilt als demokratisches | |
Musterland Mittelamerikas. Beobachter sahen in der Wahlauseinandersetzung | |
einen Beleg für die wachsende soziale Spaltung: Carlos Alvarado | |
repräsentiert demnach das gut ausgebildete städtischen Milieu, während | |
Fabricio Alvarado seine Wähler eher aus armen ländlichen Schichten | |
rekrutierte. | |
2 Apr 2018 | |
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