# taz.de -- Parteitag der FDP: Steaks und Riesling | |
> Beim FDP-Parteitag wird Christian Lindner im Amt bestätigt, | |
> Generalsekretärin wird Linda Teuteberg. Für Attacken bleibt der FDP-Chef | |
> zuständig. | |
Bild: Beide erfuhren auf dem Parteitag viel Zustimmung: Linda Teuteberg und Chr… | |
BERLIN taz | Am Freitagabend umlagerte in der Vorhalle eine große Traube | |
von Delegierten einen Stand, an dem kostenlos Wein ausgeschenkt wurde. | |
Huawei, der chinesische Technologiekonzern, versorgte die FDPler großzügig | |
mit Riesling und Grauburgunder. Es war das ironische Ende [1][des ersten | |
Tages eines Bundesparteitages], an dessen Beginn Christian Lindner vor der | |
Wirtschaftskonkurrenz aus Fernost gewarnt hatte. Die Stände deutscher | |
Sponsoren, die bestenfalls Gummibärchen aufgefahren hatten, blieben leer. | |
FDP-Parteitage sind weniger unterhaltsam geworden, seitdem Vizeparteichef | |
Wolfgang Kubicki etwas in den Hintergrund getreten ist und Lindner die | |
Abteilung „Attacke“ fast alleine bestreitet. | |
Kubicki sprach nur kurz angesichts seiner erneuten Kandidatur. Erst keilte | |
er gegen „Fridays for future“ („Ich will den Schülerinnen und Schülern … | |
sagen: Weder der Staat noch meine Frau werden mir jemals verbieten, dass | |
ich ein Steak esse“), dann verteidigte er Tübingens [2][Grünen-OB Boris | |
Palmer gegen Rassismus-Vorwürfe]. Kubicki wurde mit knapp 85 Prozent als | |
Vize bestätigt. Lindner hatte zuvor bei seiner Wiederwahl als | |
Parteivorsitzender 86,6 Prozent erhalten – etwas weniger als die 91 Prozent | |
von 2017. | |
Für Attacke sind in anderen Parteien Generalsekretäre zuständig. Lindner | |
hatte als Nachfolgerin von Nicola Beer, die als Spitzenkandidatin nach | |
Brüssel geht, die 38jährige Brandenburgerin Linda Teuteberg vorgeschlagen. | |
Sie erhielt am Freitag 92,8 Prozent der Stimmen. | |
## Zuwanderung von Fachkräften | |
Am Samstag folgte ihre Rede, die solide ausfiel, aber ohne Angriffe gegen | |
die politische Konkurrenz auskam. „Wir wollen den Menschen etwas | |
zurückgeben von den Rekordeinnahmen des Staates, die sie erarbeitet haben“, | |
sagte sie. Der Solidaritätszuschlag soll abgeschafft werden. „Nach der | |
Schuldenbremse im Grundgesetz wollen wir auch eine Belastungsgrenze bei | |
Steuern und Abgaben einziehen.“ | |
Sie forderte ein Einwanderungsgesetz, das die Zuwanderung von Fachkräften | |
ermöglicht. Gleichzeitig soll illegale Migration stärker geordnet und | |
begrenzt werden. „Dazu gehört, dass die in rechtsstaatlichen Verfahren | |
festgestellte Ausreisepflicht auch durchgesetzt wird.“ Beim Thema | |
Klimaschutz, das neben Kubicki auch Lindner zu Angriffen auf die Grünen | |
genutzt hatte, sagte sie lediglich: „Nicht [3][die FDP muss grüner], | |
sondern die Energie- und Klimapolitik in Deutschland muss vernünftiger, | |
muss liberaler werden.“ | |
Teutebergs Nominierung hatte zu einer Rotation bei den Vizeposten geführt. | |
Beer, die nach Brüssel auch weggelobt worden war, hatte vor dem Parteitag | |
überraschend angekündigt, bei der Wahl für einen der Vizeposten anzutreten. | |
Damit hätte sie mit der in der Partei beliebten Marie-Agnes | |
Strack-Zimmermann konkurriert, die daher auf eine erneute Kandidatur | |
verzichtete. | |
## Artikel 15 aus dem Grundgesetz streichen | |
Dass dieses Manöver für Beer nicht ohne Blessuren abgehen würde, ließ sich | |
ahnen, als der Parteitag Strack-Zimmermann mit überlangem Beifall | |
verabschiedete. Beer erhielt schließlich 58,6 Prozent – für eine | |
Spitzenkandidatin ein blamables Ergebnis. | |
Am Freitagabend, als sich ein Teil der Delegierten am Huawei-Stand mit | |
Riesling versorgte, verabschiedete der Parteitag auch den im Vorfeld mit | |
großem Echo angekündigten Antrag, den Enteignungs-[4][Artikel 15 aus dem | |
Grundgesetz zu streichen]. Eine Reaktion auf das von Mieteraktivisten | |
angestrengte Volksbegehren, große Wohnungskonzerne in Berlin zu enteignen. | |
„30 Jahre nach dem Sozialismus diskutiert wieder ein ganzes Land über | |
Enteignungen. Unsere Pflicht ist es, sich diesem Ungeist entgegnzustellen“, | |
sagte der Berliner FDP-Fraktonschef Sebastian Czaja zur Begründung. „Es | |
geht nicht darum, das Thema Mieten zu verdrängen, sondern darum, einen | |
Angriff auf Freiheit und Eigentum zurückzudrängen.“ Der Antrag wurde ohne | |
große Debatte mit einer deutlichen Mehrheit angenommen. | |
27 Apr 2019 | |
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## AUTOREN | |
Martin Reeh | |
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