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# taz.de -- Parlamentswahl in Algerien: Wahlsieger Frust
> Nur ein Viertel der registrierten Wähler hat einen gültigen Stimmzettel
> abgegeben. Das zeigt, wie stark sich die Menschen vom Staat abwenden.
Bild: Algerien: Gerade mal ein Viertel der registrierten Wähler hat einen gül…
Algeriens Generäle können stolz auf sich sein. Zwei Jahre, nachdem ein
Volksaufstand ihr seit der Unabhängigkeit 1962 festgefügtes
Herrschaftssystem in Bedrängnis brachte und den todkranken Präsident
Abdelaziz Bouteflika zum Rücktritt zwang, haben die Kräfte des alten
Regimes die Parlamentswahlen [1][überragend gewonnen.]
Die alte Staatspartei FLN bleibt stärkste Kraft, gefolgt von einer
Abspaltung sowie den konservativen Islamisten. Zwar gibt es sehr viele
Unabhängige und Parteilose, aber sie bleiben Einzelkämpfer. Wie schon bei
der Präsidentschaftswahl von 2019, die einen Kandidaten des Militärs an die
Macht trug, ist auch diesmal dem Geist der Revolte und der Erneuerung, der
einst [2][Millionen auf die Straße getragen hatte], vor den Toren der Macht
die Puste ausgegangen. Nichts ist geblieben von 2019.
Alles bleibt also beim Alten in Algerien. Und doch ist es nicht mehr, wie
es wahr. Von 23,5 Millionen registrierten Wählern haben gerade mal 4,6
Millionen einen gültigen Stimmzettel abgegeben. Der Wahlsieger FLN –
stärkste Kraft, aber mit weniger als einem Viertel der Parlamentssitze –
vereint wohl nicht viel mehr als eine Million Stimmen auf sich, bei 43
Millionen Einwohnern. Der Sieg der Altparteien ist eine Sinnestäuschung.
## Schmale Elite kapert Chancen auf Wohlstand
Diese Wahl zeigt, dass sich die Menschen immer stärker vom Staat und von
der Politik abwenden. In Algerien wie auch in den anderen Maghreb-Staaten
besetzt trotz aller Umwälzungen dieselbe Kaste einflussreicher Familien wie
eh und je die einträglichsten Ämter, eine schmale Elite kapert alle Chancen
auf Wohlstand und Macht und in der Gesellschaft dominiert ein rigoroser
Konservatismus, der den Umgang der Menschen miteinander bis hinein in die
Familie nur als Unterordnung begreift.
Der Ausweg durch Emigration ist versperrt, bewaffnete Revolte ist
selbstmörderisch, friedlicher Protest scheinbar wirkungslos. Die Leute sind
frustriert – und sie finden für ihren Frust kein politisches Ventil. Das
wird nicht ewig gut gehen. An der Südküste des Mittelmeers braut sich eine
Explosion zusammen.
17 Jun 2021
## LINKS
[1] /Wahl-in-Algerien/!5779460
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## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Algerien
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