# taz.de -- Nachruf auf US-Musiker David Berman: Lakonie und Willkür | |
> US-Singer-Songwriter und Poet David Berman ist tot. Mit seiner Band | |
> Silver Jews veröffentlichte er sechs Alben. Ein Nachruf auf einen | |
> genialen Texter. | |
Bild: RIP: David Berman, 1967–2019 | |
Als Jugendlicher entdeckte David Berman in den 1980ern Musik als | |
Möglichkeit, lästigen Unterhaltungen mit seiner inneren Stimme zu | |
entkommen. Lieder zu komponieren, bot stattdessen die Aussicht, mit anderen | |
Kontakt aufzunehmen, und sei es, indem Berman mit Gitarre aufgekratzte | |
Songs auf Anrufbeantwortern von Freunden spielte. | |
Nach dem Studium begann Berman unter dem Namen Silver Jews von den Dramen | |
zu erzählen, die hinter ihm lagen: die Bemühungen, Perfektion zu erreichen | |
und dafür in die Psychiatrie gesteckt zu werden, von denen er im | |
lakonischen Song „Random Rules“ berichtet. Er sang über Schönheit, die si… | |
zwar manchmal betrachten lässt, aber als zu eigenwillig herausstellt, um | |
die Einladung, mit in einer Wohnung zu wohnen, anzunehmen. Nicht zuletzt | |
beschrieb Berman ergreifend, dass ihm, nachdem er Substanzen konsumiert und | |
dann wegen des Konsums behandelt wurde, „die Hände zu sehr zittern, um sie | |
anderen zu schütteln“. | |
Während sich Berman in den 1990ern unzählige Scharmützel mit der Ästhetik | |
lieferte, kamen seinen Mitstreitern bei den Silver Jews, etwa Stephen | |
Malkmus (Pavement), mehr als nur musikalische Aufgaben zu. Sie sollten für | |
gute Stimmung sorgen, wenn sich die Produktion eines Albums für Berman | |
wieder als „große, schmerzhafte Erfahrung“ herausstellte. Was nicht | |
einfacher wurde, wenn Berman, ebenfalls in „Random Rules“, konstatierte, | |
dass das Leben erstens aus Zufällen, Willkür und Wahllosigkeit bestünde und | |
zweitens aus der Einsicht, dass er absolut nichts davon aushalte. | |
Ende der Neunziger ertrug er auch seine Musik nicht mehr. Stattdessen | |
veröffentlichte er „Actual Air“, einen Band mit Lyrik. In der Folgezeit | |
wurden die Gedichte immer kürzer, was weniger mit einem selbstkritischen | |
Lektorat als mit einer kurzen Aufmerksamkeitsspanne zu tun hatte. Statt zu | |
schreiben, versah Berman einzelne Zeilen mit putzigen Cartoons, während | |
seine Stimmungen häufig wechselten. Die Frage, wann er das letzte Mal | |
richtig glücklich war, beantwortete er auf dem im Mai veröffentlichten | |
Album „Purple Mountains“ mit „Vor 10.000 Nachmittagen“. Am Mittwoch ist | |
David Berman im Alter von 52 Jahren gestorben. | |
8 Aug 2019 | |
## AUTOREN | |
Kristof Schreuf | |
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Stephen Malkmus | |
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